Essen. . Es war ein Familienfest XXL mit bewegenden Erinnerungen und Steigerlied: Zum Abschied des Bergbaus hieß es jetzt auf Zollverein „Danke, Kumpel!“

Es war ein sehr emotionaler Abschied vom Bergbau: Mehr als 2500 Menschen kamen auf Einladung des Bergbaukonzerns RAG am Samstag nach Zollverein und sagten „Danke Kumpel!“

Das Steigerlied bleibt die Hymne des Ruhrgebiets

„Was wären wir ohne die Kohle? Wahrscheinlich Provinz. Deswegen ist es uns ein Bedürfnis, Tschüss zu sagen.“ Der Essener Andreas Nobis bringt auf den Punkt, was die meisten Besucher bewegt. Unter ihnen natürlich viele Steiger und Bergleute – deutlich erkennbar an ihrer Arbeitskluft – aber auch Familien, junge und ältere Paare: Auf Zollverein kamen sie alle noch einmal zusammen, um ein letztes Mal zu huldigen, was die Region groß gemacht hat. Und sie feiern natürlich auch die viel beschworene Solidarität, die nicht nur bei den Kumpeln unter Tage herrschte.

„Kameradschaft gab es auch bei uns in der Verwaltung. Wir haben jede Mahnwache mitgemacht und fühlten uns mit den Bergleuten stark verbunden“, sagt Elvira Rohde, die seit 1980 bei der RAG arbeitet und nun mit drei Kolleginnen unter dem Doppelbock steht. Derweil erklingt nicht zum ersten Mal an diesem Tag die heimliche Ruhrgebietshymne: DJ Mütze singt eine Hip-Hop-Version des Steigerliedes und beweist, dass das marschähnlich-getragene Lied auch modern klingen kann.

Großvater, Vater und Sohn arbeiteten als Bergleute

Ergreifende Höhepunkte gab es viele auf diesem Abschiedsfest: den ersten, als auf den beiden großen Leinwänden rechts und links der Bühne eine Kurzversion der Filmdokumentation „Der lange Abschied von der Kohle“ gezeigt wurde. Bewegende Erzählungen von Kumpeln, die zeigen, wie sehr sie sich mit ihrer – schweren – Arbeit unter Tage identifizierten. Maloche, Verlässlichkeit, Gemeinschaftsgeist und Gleichheit lauten die immer wiederkehrenden Schlagworte. Davon kann auch Alexander Küpper ein Lied singen. „Mein Großvater und mein Vater waren stolze Bergleute. Da war es klar, dass ich auch einfuhr“, sagt er. Obwohl er sich schon 1996 vom Bergbau verabschiedete, hat der 47-jährige Elektriker für diesen Tag noch einmal seinen Berghabit herausgekramt. „Natürlich schaut man heute auch etwas nostalgisch auf diese Zeit. Aber in Sachen Solidarität wird nichts glorifiziert. Die gab es tatsächlich. Sonst würden hier nicht so viele Menschen stehen“, ist er überzeugt. Und er hofft, heute noch den ein oder anderen Kollegen von damals zu treffen.

Mit vielen Erinnerungen und Steigerlied: Ein würdiger Abschied vom Bergbau wurde am Wochenende auf der Zeche Zollverein gefeiert.
Mit vielen Erinnerungen und Steigerlied: Ein würdiger Abschied vom Bergbau wurde am Wochenende auf der Zeche Zollverein gefeiert. © Vladimir Wegener

Das tut auch Siegfried Baier, der auf 1983 auf Zollverein als Bergmann anfing und zuletzt auf Auguste-Victoria in Marl eingefahren ist. 2015 war dann auch dort endgültig Schluss, „die ersten sechs Monate bin ich immer noch um drei Uhr nachts aufgewacht und wollte zur Arbeit los“, sagt der 51-jährige Essener. Mittlerweile hat er sich an den Vorruhestand gewöhnt und fährt nun mit dem Fahrrad auf den alten Trassen von Halde zu Halde. Dort schaut er sich an, wie sehr der Bergbau auch die Landschaft im Ruhrgebiet geprägt hat und sagt: „Wenn überhaupt etwas bleibt, dann das.“

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Am 21. Dezember schließt als letztes auch das Bergwerk Prosper-Haniel in Bottrop.
„Danke Kumpel!“, das Fest zum Abschied vom Steinkohlenbergbau, fand gleichzeitig an fünf RAG-Standorten statt. Bei Einbruch der Dunkelheit wurde an allen Orten gleichzeitig jeweils eine Skulptur enthüllt, auf derzahlreiche Danksagungen von Revierbürgern zu lesen sind.