Hattingen/Schwelm. Vorwurf: Olaf Schade soll den Grünen die Kreisdirektorenstelle versprochen haben, wenn die Partei keinen eigenen Landratskandidaten aufstellt.

Gibt es im Vorfeld der Landratswahl für den Ennepe-Ruhr-Kreis einen Kuhhandel zwischen Landrat Olaf Schade, seiner SPD sowie den Grünen, oder sind die Pläne zur Nachbesetzung der Stelle der Kreisdirektorin Iris Pott völlig normale Vorgänge?

Im Raum steht, dass der Hattinger Schade und die Sozialdemokraten dem Vorsitzenden der Grünen im Kreistag, Paul Höller, versprochen haben sollen, dass er Kreisdirektor werde, wenn die Grünen im Gegenzug auf einen eigenen Landratskandidaten verzichten und stattdessen Olaf Schade erneut unterstützen. Höller wehrt sich gegen die Vorwürfe des Linken-Fraktionsvorsitzenden Helmut Kanand, Schade erklärt die Vorgänge um die Stellennachbesetzung als völlig normal.

Die Kandidatenkür

Bereits Ende September einigten sich SPD und Grüne darauf, mit Amtsinhaber Olaf Schade auch in den Wahlkampf 2020 um den Landratsposten gehen zu wollen. Bereits da wunderten sich Beobachter, dass die Grünen trotz ihrer hervorragenden Ergebnisse bei der Europawahl den Sozialdemokraten unterstützen, dessen Partei sich bei der Wählergunst im Sturzflug befindet.

Paul Höller, Fraktionsvorsitzender der Grünen, macht im Gespräch mit dieser Zeitung deutlich: „Olaf Schade ist von zwei Parteien aufgestellt. Wir schicken ihn als grünen Kandidaten ins Rennen, weil wir keinerlei Zweifel haben, dass er weiter grüne Inhalte umsetzen wird.“

Die hohen Beamtenposten

Zwei verantwortungsvolle Posten mit viel Entscheidungsgewalt werden in absehbarer Zeit im Kreishaus frei. Zunächst wird Klaus Tödtmann, Fachbereichsleiter Bau, Umwelt, Vermessung und Kataster, zum März 2020 in den Ruhestand gehen. Auch Kreisdirektorin Iris Pott wird nicht für eine weitere Wahlperiode zur Verfügung stehen. Ihre Amtszeit endet am 31. Dezember 2020.

Im Kreistag machte Olaf Schade klar, dass er die Stelle von Iris Pott erst nach der Kommunalwahl im Herbst durch den dann neuen Kreistag nachbesetzen lassen will und dass die Nachfolge von Baudezernent Klaus Tödtmann erst neu besetzt wird, wenn die Pott-Nachfolge geregelt ist.

Die Vorwürfe

Die Linke um Fraktionschef Helmut Kanand hatte beantragt, die Tödtmann-Stelle sofort nach dessen Ausscheiden nachzubesetzen und das Personalkarussell damit öffentlich gemacht. Mit dem Verweis darauf, dass allein der Landrat über diese Personalfragen befinden könne, stimmten alle andere Fraktionen dafür, den Linken-Antrag von der Tagesordnung zu werfen.

Doch Kanand legte in seiner Haushaltsrede nach und skizzierte einen möglichen politischen Kuhhandel: „Wenn die Grünen auf einen eigenen Landratskandidaten verzichten, was bekommen sie dafür? Wer weiß, dass der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Paul Höller, der nächste Kreisdirektor werden will, kann eins und eins zusammenzählen.“ Dies habe Schade Höller im Falle seiner Wiederwahl für die Unterstützung der Grünen im Gegenzug zugesichert.

Weil es wahrscheinlich sei, dass SPD und Grüne ihre absolute Mehrheit nicht werden halten können, werde die Dezernentenstelle für einen dritten Koalitionspartner frei gehalten. „Sie ist sozusagen der Lockvogel für die Wahl des Kreisdirektors“, sagt der Linken-Fraktions-Chef. Im Gespräch mit dieser Zeitung betont Kanand: „Ich habe aus der SPD die Bestätigung, dass es diese Absprachen gibt.“

Die Reaktionen

Paul Höller verweist diese Vorwürfe ins Reich der Fabeln: „Wenn wir eine solche Absprache hätten, dann würden wir doch unsere Schäfchen vor der Wahl mit unserer absoluten Mehrheit ins Trockene bringen.“ Und weiter: „Wenn die Stelle ausgeschrieben wird, werden wir uns Gedanken machen, ob sich bei den Grünen eine geeignete Person findet, die sich bewirbt.“ Ob er selbst Ambitionen habe, wisse er derzeit nicht. „Ich bin mit meinem Job, zwei Kindern und einem Hausumbau gut ausgelastet.“

Kreisverbandssprecher Nils Kriegeskorte weist darauf hin, dass der Entscheidungsprozess zur Landratskandidatur nicht in der Kreistagsfraktion geführt worden sei, sondern in der Partei. „Persönliche Interessen – von wem auch immer - haben dabei keine Rolle gespielt.“

Landrat Schade sagt dazu: „Es ist normal, die Wahlen abzuwarten, damit der neue Kreistag diese Personalentscheidung treffen kann.“