Duisburg-Baerl. Politik und Bürgerinitiative wollen den Baerler Busch stärken, aber der Bruch zwischen beiden Seiten wird spürbarer. Ein Plakat sorgt für Kritik.
Geknirscht hat es zwischen der Politik und der Bürgerinitiative „Baerler-Busch-ist-bedroht“ schon häufiger. Aber das neue Plakat der Initiative markiert möglicherweise den endgültigen Bruch der BI mit der SPD und den Grünen. Anfangs ging es noch um die gemeinsame Sache, für die mit unterschiedlichen Mitteln gekämpft wurde. Die Politik nahm mit Gesprächen und Beschlüssen auf unterschiedlichen Ebenen auf den RVR Einfluss, die Initiativemobilisierte die Öffentlichkeit und sammelte über 3500 Unterschriften gegen den massiven Holzeinschlag. Aber was diese gemeinsame Sache nun ist, da fangen die Unterschiede bereits an. Die Ziele sind in den letzten gut 15 Monaten, in denen es um Baumfällungen im Baerler Busch geht, aber auch nicht stabil geblieben. Das gilt für beide Seiten, aber für die Initiative wohl noch mehr.
Seit Monaten verhandeln sie alle gemeinsam über klimagerechte und ökologische Weiterentwicklung des Waldes. Für die Gesprächsrunden, an denen auch Stadtförster Axel Freude und Johannes Meßer vom Landschaftsbeirat teilnahmen, wurden von der BV 15 Kriterien als Leitplanken beschlossen, die an drei Modellregionen durchgespielt werden sollten. Es waren schwierige Gespräche, bei denen sich der RVR bewegte. Aber den Kompromiss trug die Initiative dann nicht mit.
Das Plakat, das die Gemüter in der Politik nun erhitzt, „suggeriert geschickt Dinge, die nicht stimmen“, kritisiert Hans-Gerd Bosch, Fraktionschef der SPD in der Bezirksvertretung. Zu sehen sind Fotos von zwei gerodeten Flächen. Unter der Überschrift „Auf diesen Flächen plant der RVR die nächsten Abholzungen“ ist ein Kartenausschnitt des Baerler Buschs zu sehen, wo mehrere Areale voller schwarzer und roter Kreuzen abgebildet sind. Das erinnert an einen Friedhof. 11,5 der 300 Hektar Waldfläche seien bereits kahlgeschlagen, wird behauptet. Das wären mehr als elf Fußballfelder Wald, die bereits verschwunden sind.
„Panikmache und gezielte Irreführung“
Das Verhalten der Bürgerinitiative verärgert auch den Forstwissenschaftler Dirk Bieker vom RVR. Das Verhalten irritiert ihn vor allem, denn er habe mit Vertretern der Initiative auch gute, konstruktive Gespräche geführt. Eine einheitliche Linie sei für ihn aber nie erkennen gewesen. Jetzt spricht er von Panikmache und gezielter Irreführung. „Niemand muss die Sorge haben, dass wir hier Flächen roden oder Kahlschlag betreiben“, versichert er. „Natürlich kann man unterschiedlicher Meinung sein, aber man muss auch Argumente haben.“
Ein Werk des Borkenkäfers
Mit Dirk Bieker geht es auch an die Stelle im Wald, zu der auch einige Tage zuvor die Initiative gegangen ist. Das geschlagene Fichtenholz liegt hoch gestapelt am Wegesrand. Breite Fahrspuren führen zu der knapp einen Hektar großen Lichtung einige hundert Meter vom Hauptweg entfernt. Der Bestand war schon vor Jahren vom Borkenkäfer befallen worden und war längst abgestorben. Einige tote Bäume sind am Rand zum vitalen Bestand stehen geblieben. Dass die toten Bäume gefällt werden, sei in der Runde, auch bei den Vertretern der Initiative, unstrittig gewesen.
Kahl soll die Fläche nicht bleiben. Bieker hofft, dass bis Mitte Februar hier neue Bäume gepflanzt werden. Stil- und Traubeneichen sind hier vorgesehen sowie Sträucher als Waldrand. Ansätze einer natürlichen Verjüngung sind auch erkennbar. Hinter den wuchernden Brombeersträuchern sind Ebereschen, Birken und Bergahorn zu sehen. Sie bleiben ebenso stehen wie die Stümpfe im Boden. Mit einem Rechen sollen die aggressiven Brombeersträucher entfernt werden, damit die jungen Bäume gedeihen können. Beckmann und Bosch sehen darin die geforderte ökologische Aufwertung. „Wir sind auch verpflichtet, Wald zu pflanzen“, erklärt Bieker.
Stumme Zeugen
Für die romantisch klingende Forderung der Initiative, gefällte Stämme mit dem Pferd heraus zu ziehen, hat er prinzipiell Verständnis. Aber der RVR habe keine Pferde und in NRW gebe es vielleicht drei oder vier. Gefällt wurden die Bäume mit einem Harvester. Die Fällmaschine wiegt um die zehn Tonnen und könne eine solche Fläche an einem Tag räumen. Dass das schwere Fahrzeug dem Boden schade, bestreitet Bieker nicht. Deshalb versuche man, die Auswirkungen zu begrenzen, indem das Fahrzeug immer nur eine Rückegasse benutze.
Bieker zeigt beim Gang durch den Wald immer wieder auf die Baumstümpfe. Dort, wo die Buchen gut stehen, ist der Boden übersät von Stümpfen. Sie sind für ihn die Zeugen der Vergangenheit, die zeigen, dass ein gesunder, gemischter Wald, der wie der Baerler Busch zudem noch vergleichsweise jung ist, nur durch die Eingriffe zu dem geworden ist, was er heute ist. Wenn die Buchen noch jung sind, stehen sie dicht nebeneinander. Werden sie größer, brauchen sie zunehmend mehr Platz. Damit sie wachsen können, wählt der Förster die Exemplare aus, die eine Zukunft haben sollen und fällt jene, die diesen Zukunftsbaum bedrängen, ihm Licht, Nährstoffe und Platz nehmen. „Dafür muss der Förster immer seinen Blick nach oben in die Krone richten.“
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Die Bäume, denen es derzeit am besten geht, sind die die Roteichen. Sie sind hier nicht heimisch und deshalb den Ökologen der reinen Lehre ein Dorn im Auge. „Ich tue mich schwer damit, sie zu fällen“, sagt Bieker. Deren sukzessive Reduzierung fordert etwa Meßer vom Landschaftsbeirat und übte deshalb Kritik am ersten Kompromiss.
Neben dem Borkenkäfer macht die Traubenkirsche nach wie vor Probleme. Inzwischen hat Meßer die Diskussionsgrundlage für die zweite, rund 15 Hektar große Fläche geliefert. Es ist eine kleinteilige Inventarisierung und Qualifizierung. Den ökologischen Wert signalisieren die Farben. Knapp die Hälfte der Flächen sind grün hinterlegt, die meisten gelb, zwei Felder sind rot. Vier Teilflächen sind so gut, dass er keine Maßnahmen vorschlägt. Bei vielen Arealen schlägt der BUND-Mann vor: bei Durchforstung Robinien, Roteiche, Kiefern und Lärchen bevorzugt herausnehmen; immer wieder auch Traubenkirsche bekämpfen und Förderung der Strauchschicht durch Lichtlöcher. In einem zweiten Schritt geht die Liste dann an den RVR zur Beurteilung.
Nur wenige Vögel brüten hier
Auch eine Erhebung über die Vogelarten im Gebiet A des Baerler Buschs liegt inzwischen vor. 39 Vogelarten, darunter auch zahlreiche, die auf der roten Liste der bedrohten Arten stehen, wurden nachgewiesen. 22 Arten brüten hier. Das klingt zunächst viel. Die Bewertung durch Johannes Meßer ist dann ernüchternd. „Das gesamte Kartiergebiet kann als eher artenarm bezeichnet werden.“ Auch der Waldkauz ist vertreten. Drei Reviere seien aber für einen Wald dieser Größe wenig. Da ist noch Luft nach oben.