Duisburg-Rheinhausen. Der 53-jährige SPD Fraktionschef in der Bezirksvertretung Rheinhausen war im Herzen immer Sozialdemokrat und engagierte sich gewerkschaftlich.
Mit dem Herzen war Mehmet Aslan schon immer Sozialdemokrat. Als kleiner Junge saß der heute 53-Jährige einmal auf Willy Brandts Schoß und wedelte mit einem Parteifähnchen, als dieser zu einer Stippvisite nach Rheinhausen kam. Aber Mitglied werden, das wollte er eigentlich nie. Sein Engagement galt den Gewerkschaften, er träumte als Jugendlicher schon früh davon, Sozialarbeiter, Lehrer oder Rechtsanwalt zu werden. Ein Gewerkschafter ist von allem ein bisschen. Basisarbeit leisten, dort helfen, wo der Schuh drückt.
Erst seit zwei Jahren Mitglied der SPD
Inzwischen ist Aslan Konzernbetriebsratsvorsitzender der Stadtwerke Krefeld und Mitglied des Aufsichtsrates. Vor zwei Jahren überzeugte ihn die Krefelder Landtagsabgeordnete Ina Spanier-Oppermann, doch endlich einen SPD-Aufnahmeantrag auszufüllen.
Aber ihre Hoffnung, dass er sich in Krefeld für die Partei engagieren würde, erfüllte sich nicht. In Rheinhausen, wo die Genossen ihn nicht ziehen lassen wollten, startete er politisch durch, bekam bei der Kommunalwahl hinter Elisabeth Liß den Spitzenplatz auf der SPD-Liste und wurde zum Fraktionsvorsitzenden in der Bezirksvertretung gewählt. Aber das ist auch so etwas wie eine Rückkehr zu den Wurzeln.
Vom Klassensprecher zum Betriebsratschef
Aufgewachsen und verwurzelt ist er in der Margarethensiedlung. Und weil es im entscheidenden Moment im Hause Aslan etwas turbulent zuging, verabschiedete er sich auch von seinen Traumjobs, für die er ein Abitur gebraucht hätte. An den Leistungen hat es wohl nicht gelegen. „Den Anspruch haben meine Eltern damals nicht gehabt“, erinnert er sich.
Er ist dann zu Krupp gegangen, wo auch sein Vater arbeitete und hat eine Lehre als Stahlbauschlosser absolviert. 1984 hat er dort angefangen und da fing auch schon direkt das Ringen um den Stahlstandort an. „An der Schule war ich zuerst Klassensprecher, dann Schulsprecher. Bei Krupp bin ich dann Jugendvertreter geworden. 480 Auszubildende gab es damals“, erinnert er sich. Ausgrenzung hat er weder im Betrieb noch in der Nachbarschaft erlebt. „Ich war immer nur der Mehmet und wurde akzeptiert.“
Im Osten der Türkei geboren
Geboren wurde er in der Millionenstadt Adana im Osten der Türkei nahe der syrischen Grenze. Als er vier Jahr alt war, ging der Vater nach Rheinhausen, um auch da zu bleiben, und holte später die Familie nach. Der Vater war gesellig und sozial engagiert. „Wenn du hier leben willst, musst du die Sprache und die Kultur lernen“, hat er seinem Sohn geraten. Da Mehmet schnell lernte, durfte er schon früh für seine Eltern, später auch für andere bei Ämtergängen dolmetschen und beim Ausfüllen von Anträgen helfen.
Feldbett im Betriebsratsbüro
„Ich habe viel meinen deutschen Aufziehtanten und Aufziehomas zu verdanken, bei denen ich viel Zeit verbracht habe“, erzählt er. Der soziale Zusammenhalt, den es damals in unserem Viertel auch zwischen unterschiedlichen Nationen, gegeben hat, war riesig. Eine tolle Zeit, die ich vermisse, erzählt er. Das gilt auch für Krupp. Die Belegschaft war für ihn so etwas wie eine große Familie. „Das war der letzte Aufstand in Deutschland, der von großer Solidarität getragen war“, sagt er. Obwohl er nur zehn Minuten zu Fuß von zu Hause entfernt wohnte, übernachtete er längere Zeit auf einem Feldbett im Betriebsratsbüro. Eines Nachts hieß es dann, dass die Rheinbrücke, die dann die Brücke der Solidarität heißen sollte, besetzt werden sollte. Das Auf-Ruhr-Festival 1988 , bei dem Herbert Grönemeyer, die Toten Hosen und viele andere vor 40.000 Zuschauern im Walzwerk auftraten, hatte die Jugendvertretung organisiert. Aslan hatte das Vergnügen, backstage die Stars zu betreuen.
Theo Stegmann , der zweite Mann im Betriebsrat, war sein Förderer, die beiden sind sich noch heute freundschaftlich verbunden. Manfred Bruckschen erkannte das Talent des jungen Mitstreiters und wollte ihn mit in den Landtag nehmen. „Aber ich wurde nicht sein Kofferträger“, stellt er klar und ist darüber nicht unglücklich.
„Ich bereue nichts“
Aslan zeigt ein Foto, auf dem er mit zwei anderen Jugendvertretern eine Puppe des damaligen Krupp-Chefs Gerhard Cromme ansteckte. „Das ist schon eine harte Nummer. Das ist aus dem Affekt heraus entstanden. Ich bereue nichts und würde heute alles so wieder machen wie damals“, sagt er . Es war eine rebellische Zeit und das nicht ohne Grund. Durch die Entscheidung sei damals viel kaputt gegangen. „In einer Nacht-und-Nebel-Aktion sind wir damals rumgefahren und haben auf die Ortsschilder „Tot“ gesprayt. Das hat sich leider bewahrheitet.“
Hier gibt es mehr Artikel aus dem Duisburger Westen Der enge Zusammenhalt der Kruppianer ist später zerbrochen. 1990 ist Aslan vorzeitig gegangen. Zwei Jahre hat er dann für die Diakonie mit Jugendlichen, die Probleme hatten, gearbeitet und ihnen eine berufliche Perspektive geboten. Da war er dann Sozialarbeiter, ohne dass er das gelernt hätte.
Die Büste Kemal Atatürks
Doch zuhause ist es nicht Brandt, der als Büste über dem Esstisch thront, sondern Kemal Atatürk. So viel Verbundenheit mit der Türkei muss dann doch sein. „Ich sehe das nicht fanatisch. Aber Atatürk hat die moderne Türkei gegründet, hatte eine westliche Einstellung, hat die Vielfalt unter einen Hut gebracht, trennte Staat und Kirche und brachte den Frauen weitreichende Rechte“, sagte er und erzählt noch rasch eine Anekdote aus seiner Jugend. „In den frühen 80ern war ein Bundeswehrparka mein ganzer Stolz. Der hatte am Arm eine kleine Deutschlandflagge aufgenäht. So nehmen wir dich nicht mit“, erzählt er, habe man ihm gesagt, als er auf den Bus zur Moschee wartete. Aber eine Schere an das gute Stück anzulegen, das kam nicht in Frage. Da der Vater das genauso sah, war das Thema Moschee schnell erledigt.