Duisburg. Die BI „Kein Giftstofflager in Rheinhausen“ hat nach einer Woche schon rund 400 Mitglieder. Sie verteilen ab Samstag Mustertexte für Einwendungen an die Genehmigungsbehörde an die Bürger in Rheinhausen. Die Formulare müssen bis zum 29. September an die Bezirksregierung Düsseldorf geschickt werden.
Der Widerstand formiert sich, die Gegner des geplanten und beantragten Gefahrstofflagers an der Europaallee im Rheinhauser Logistikzentrum Logport 1 haben wie berichtet eine Bürgerinitiative gegründet: „Kein Giftstofflager in Rheinhausen.“ „Inzwischen haben wir rund 400 Mitglieder aus allen Bevölkerungsschichten“, berichtet Mitbegründer Karsten Vüllings, „und täglich werden es mehr.“
Schon etwa eine Woche nach der Gründung haben die Rheinhauser Bürger die beiden dicken Aktenordner mit den Antragsunterlagen für das umstrittene Projekt durchgearbeitet, die momentan noch zur Einsicht der Bevölkerung im Bezirksrathaus am Körnerplatz ausliegen. Auf Basis der darin enthaltenen Informationen hat die Bürgerinitiative am Wochenende einen 22-seitigen Mustertext für Einwendungen bei der Genehmigungsbehörde, der Bezirksregierung Düsseldorf, formuliert.
Argumente der BI
Ab Sonnabend sollen die Mustertexte an mehreren Stellen im Rheinhausen verteilt und ausgegeben werden. „Wir wollen möglichst viele Mitbürger erreichen“, betonen Karsten Vüllings und Mitbegründerin Melanie Marten. Die Stellen, an denen sich Bürger die Mustertexte für die Einwendung gegen das Gefahrstofflager der Hürther Firma Alfred Talke GmbH & Co. KG abholen können, will die Bürgerinitiative in den nächsten Tagen bekannt geben. Die Zeit drängt: Die Einwendungen müssen der Bezirksregierung Düsseldorf fristgerecht bis zum 29. September zugeschickt werden.
BI-Mitglied Ulrich Scharfenort, studierter Diplom-Chemiker, hat in den Antragsunterlagen der Firma Talke an die Bezirksregierung mehrere Ansatzpunkte gefunden, das bereits ab 2011 geplante Projekt abzulehnen. Eine Auswahl aus zahlreichen Argumenten der BI:
Betroffenheit: Bei einem Genehmigungsverfahren für ein Bauprojekt wie das Gefahrstofflager muss der Einwender in seiner Begründung deutlich machen, wer von dem Betrieb betroffen ist. Dazu heißt es in der Einwendung: „Eine Betroffenheit ist als Spaziergänger, Anwohner, Einkäufer in ganz Rheinhausen in Bezug auf die körperliche Unversehrtheit gegeben. Es ist wie nachfolgend dargelegt nicht nur das unmittelbare Umfeld betroffen, sondern zumindest ganz Rheinhausen. Teilweise sogar auch der Duisburger Süden. Dies ist nicht nur während eines Brandes oder einer ähnlichen Katastrophe der Fall, sondern durch die Gefahrguttransporte durchgehend.“
Auswirkungen eines Unfalls
Gefahrengut / Logistik: „Wenn täglich 80 Lkw den Betrieb anfahren, sind etwa 50.000 Fahrten durch das Stadtgebiet absehbar. Die Zahl der Gefahrguttransporte dürfte nur unwesentlich unter dieser Zahl liegen, da die Chemiefirma Talke auf eine gute Auslastung der Lkw achten wird. Es sind keine Personen vorgesehen, welche den einwandfreien technischen Zustand eines Fahrzeugs prüfen können. Die regelmäßigen Kontrollen von Lkw durch die Polizei offenbaren allerdings regelmäßig zahlreiche Mängel.an den Fahrzeugen. Es sind aufgrund mangelhafter Wartung auch schon Unfälle passiert(...).“
Zur An- und Abfahrt: „Es besteht somit kein Weg zu dem Gelände, welcher nicht unmittelbar an Wohnbebauung vorbeiführt, was (...) zu einer unnötig hohen Gefährdung der Bevölkerung führt, da die Auswirkungen eines Unfalls mit Gefahrgut besonders drastisch sind. Allein aus diesem Grund ist eine Genehmigung zu versagen.“
Stoffspezifische Ermittlung
Abstand: „Bei einer Lagerung der aufgeführten Stoffe in den aufgeführten Mengen ist gemäß Paragraf 12 der 12. Bundesimmissionschutzverordnung die Einhaltung eines angemessenen Abstandes zu Wohngebieten, öffentlich genutzten Gebäuden und Gebieten und wichtigen Verkehrswegen nicht gegeben. Das nächstliegende Wohngebiet weist einen Abstand von ca. 170 Metern auf, demzufolge dürften nicht einmal Stoffe der Abstandsklasse 1 gemäß der Empfehlungen für Abstände zwischen Betriebsbereichen nach der Störfall-Verordnung und schutzbedürftigen Gebieten (...) gelagert werden.“
Im Folgenden bitten die Projekt-Gegner die Genehmigungsbehörde: „Aufgrund der bestehenden Konfliktsituation wird um eine Einzelfallbetrachtung der zu lagernden Gefahrstoffe mit einer stoffspezifischen Ermittlung des angemessenen Abstandes und einer exakten Zuordnung gebeten.“
Keine ausreichende Sondierung
Altlasten: „Bei der Geländeuntersuchung wurden Rammkernbohrungen nur bis zwei Meter unter Geländeoberkante (GOK) getrieben, obwohl dieses Gelände nach der Hüttenwerksschließung nachweislich aufgefüllt wurde. Somit fand keine ausreichende Sondierung statt Es wurde lediglich nachträgliches Füllmaterial untersucht, aber nicht das ursprüngliche Bodenniveau. Während des Betriebs der Krupp-Hütte können hier durchaus Altlasten im gewachsenen Boden entstanden sein.“
Melanie Marten, Mitbegründerin der Bürgerinitiative: „Das Gelände muss auch auf Munitionsfunde aus dem Zweiten Weltkrieg untersucht werden.“ Zu Zeiten der Krupp-Hütte stand auf dem Areal das Walzwerk.