Duisburg. .
Zürich, Leipzig, Markdorf: Ein Blick hinter das Firmengeflecht der Investoren des Vorzeigeprojekts Rote Riese in Duisburg-Hochheide zeigt: Die Frage, wem der Rote Riese denn nun gehört, ist alles andere als leicht zu beantworten.
Wem gehört eigentlich das Hochhaus Roter Riese in Duisburg-Hochheide? Demjenigen, der am 19. Dezember 2007 überraschend ins Amtsgericht spazierte und das Hochhaus für 267 000 Euro ersteigerte, gehörte er jedenfalls nur kurze Zeit. Der damals große Unbekannte war Till Mundorf, ein junger Projektentwickler aus Köln. Seine Firma hatte er erst wenige Wochen zuvor gegründet, er hatte weder ein Büro noch Referenzen. Aber fünf Tage vor Weihnachten war er plötzlich Eigentümer eines zwangsgeräumten, zwanzigstöckigen und von Tauben vollgeschissenen Hochhauses mit 160 Wohnungen. Und bis zum Ende der Kernsanierung war es Mundorf, der dem Vorzeigeprojekt des Millionen teuren Wiederaufbaus der Hochheider Wohnruine ein Gesicht gegeben hatte.
Die Entwicklung ist abgeschlossen, Mundorf ist verschwunden. Anfragen beantworten inzwischen Mitarbeiter aus seinem Büro in Köln.
Bekannte Gesichter sind verschwunden
Das zweite Gesicht, das man in Duisburg aus dem Kreis der Investoren zu sehen bekam, hat heute ebenfalls nichts mehr mit dem Roten Riesen zu tun. Es gehörte zu der stattlichen Erscheinung von Uwe Schreiber. Der damalige Verwaltungsratspräsident der Kapitalpartner AG in Zürich flog am 25. Juni 2008 aus der Schweiz ein, stellte mittags die Pläne im Rathaus vor, sagte dabei den unglücklich formulierten Satz, dass er „Mieter saugen“ wolle, und flog noch am Nachmittag wieder zurück, um am Abend beim EM-Halbfinale zwischen der Türkei und Deutschland in Basel im Stadion zu sitzen.
Business as usual, so der bleibende Eindruck. Bereits fünf Monate später, laut Handelsregister am 27. November 2008, war das Kapitel Kapitalpartner für Uwe Schreiber, der das Unternehmen erst im Februar 2008 gegründet hatte, aber auch schon wieder beendet. Er habe neue Herausforderungen gesucht, heißt es.
Die Kapitalpartner AG aus Zürich ist nach wie vor am Roten Riesen beteiligt. Eigentümer ist genau genommen jedoch ein geschlossener Immobilienfonds, der „Distressed Real Estate II“, der als GmbH & Co KG eine juristische Person darstellt. Den Fonds wiederum hat die Kapitalpartner Konzept GmbH aus Leipzig aufgelegt, die eine Tochter der Züricher Muttergesellschaft ist.
Verwobene Strukturen
Dass die Struktur so verwoben ist, habe rein „gesellschaftsrechtliche Gründe“, sagt Jürgen Ramos, Sprecher der Kapitalpartner-Gruppe. Das sei weder ungewöhnlich, noch möchte sein Unternehmen etwas geheim halten, sagt er im Gespräch mit der Redaktion. „Wir haben investiert, halten das Projekt für gut, sind mit der aktuellen Situation zufrieden und wollen einen Beitrag leisten, damit es hier wieder aufwärts geht.“ Die Investition basiere auf Nachhaltigkeit. „Mittel- bis langfristig“ sei das Engagement in Hochheide angelegt. „Das Haus ist zu 60 Prozent vermietet. Wir haben Geduld“, sagt Ramos. Natürlich, man sei keine Non-Profit-Organisation, aber keinesfalls eine Heuschrecke. „Wir versprechen keine zweistelligen Renditen, auf diesen Zug springen wir nicht auf. Wir haben realistische Erwartungen.“
Dass es in Hochheide immer noch Vorbehalte und Misstrauen gegen den vor Ort unbekannten und selten greifbaren Investor gibt, ist verständlich. Zu lange dienten einzelne Hochhäuser windigen Spekulanten als Geschäft, das schnellen Gewinn versprach. Wer nach dem letzten Eigentümer der leergezogenen Ruine an der Ottostraße sucht, kann ein Lied davon singen. Außer einem exotischen Firmennamen, zu dem es nicht mal mehr einen Briefkasten gibt, hat der Besitzer nichts hinterlassen.
Die Kapitalpartner-Gruppe, die erst nach dem Ankauf des Hochhauses gegründet wurde und deren Töchterfirmen reine Verwaltungsgesellschaften sind, die nicht mehr als eine Handvoll Mitarbeiter haben, müssen sich das Vertrauen in Hochheide daher erst verdienen. So ist es geradezu ein Geniestreich, dass sich die Investoren mit der Caritas einen namhaften und vor Ort bekannten Sozialpartner ins Boot geholt haben, der eben dieses Vertrauen schafft. Die Caritas selbst sieht in dem undurchsichtigen Investoren-Konglomerat kein Problem, versichert Vorstand Thomas Güttner. Die Ansprechpartner seien bekannt, die Zusammenarbeit laufe reibungslos.
Wer investiert, das ist ein gut gehütetes Geheimnis
Immerhin setzt die Kapitalpartner-Gruppe ihr Fonds-finanziertes Konzept mit der Aufmöbelung von notleidenden Immobilien auch in anderen Städten um, zum Beispiel in der Nähe von Köln, Stuttgart oder Freiburg. Wer in diese Fonds investiert, ist in der Branche in der Regel ein gut gehütetes Geheimnis. Bei den Hochheider Hochhäusern jedoch gibt sich der maßgebliche Geldgeber zu erkennen. So ist in der aktuellen Ausgabe des Immobilienbriefes Ruhr in einem Bericht Jürgen Koterzyna als „Hauptinvestor“ des Roten Riesen benannt.
Koterzyna ist Vorstand der „Südwest Finanz Vermittlung Aktiengesellschaften“ mit Sitz in Markdorf am Bodensee. Ein Unternehmen, bei dem Anleger zu Mitinhabern werden, indem sie ihr Vermögen als „stille Beteiligung“ einbringen. Auf seiner Internetseite listet das Unternehmen auch auf, dass es 40 Wohnungen im Weißen Riesen an der Ottostraße 58-64 hält. Auch dieses Invest läuft über einen Kapitalpartner-Fonds, den „Distressed Real Estate IV“, der Eigentümer von insgesamt 98 Wohnungen in dem Hochhaus ist.
Was sich die Südwest Finanz dort neben einer Mietrendite von 6,6 Prozent verspricht, veröffentlich sie ebenfalls im Internet: Die Immobilien sollen „nach einem äußerst günstigen Einkauf einer umfangreichen Sanierung unterzogen und anschließend gewinnbringend weiterveräußert werden“. Das mag nur für die Ottostraße 58-64 gelten, aber was passiert, wenn der Hauptinvestor auch im Roten Riesen einen Schnitt und Kasse macht? Es gebe Verträge und „keinen Grund“ für einen Ausstieg des Hauptinvestors, äußert sich Kapitalpartner dazu. Ein solches „Worst-Case-Szenario“ sei „absolut nicht zu erwarten“.
Initialzündung im Quartier auslösen
Beide Partner betonen, dass sie „eine Initialzündung“ in dem Quartier auslösen wollen, um „den Abwärtstrend umzukehren“. Interesse an einem weiteren Hochhaus haben sie nicht. Von dem Entwurf des „Blauen Riesen“, sprich die Ruine an der Ottostraße 24-30, in einen Wohnklotz mit 500 Single-Appartements zu verwandeln, grenzt sich Kapitalpartner deutlich ab. Sprecher Ramos: „Das war allein die Idee der D.Ing-Gruppe.“