Duisburg-Friemersheim. Im Friemersheimer Reparatur-Café schenken Ehrenamtler kaputten Dingen ein zweites Leben. Ein Besuch bei den Tüftlern im Hinterzimmer.

Peinlich! So fühlt sich also ein Vorführeffekt in größerer Runde an: Die kaputte Tischlampe, die ich als Anschauungsobjekt mit zum Reportage-Termin im Friemersheimer Reparatur-Café geschleppt habe, ist eine Verräterin. Sie tut so, als wäre nie was gewesen. Zuhause hat sie uns im Dunkeln sitzen lassen und hier, auf der Bühne vor Fachpublikum, spielt sie plötzlich die Erleuchtete. Mindestens vier kritische Augenpaare richten sich auf die Blenderin. „Also – die funktioniert einwandfrei“, diagnostiziert Hansgerd Lamberti, nachdem er die Lampe mit verschiedenen Gerätschaften auf Herz und Nieren geprüft hat. Er muss es wissen, der Mann ist Elektriker!

Zum Glück fragt niemand, ob bei uns daheim auch wirklich der Stecker in der Dose war. „Ach, das kennt man ja. Da sitzt man beim Zahnarzt und schon sind die Schmerzen weg“, tröstet Brigitte Baltruschat, die am Nachbartisch ihre Nähmaschine aufgebaut hat. Seit fünf Jahren gehört sie zu den Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtlern, die für den Friemersheimer Nachbarschaftsverein an jedem zweiten Mittwoch im Monat das Reparatur-Café stemmen. Die Pandemie hatte den Service zwischenzeitlich in die Knie gezwungen, aber jetzt geht es wieder los. Und wie!

Da ist sie, die vermeintlich kaputte Lampe. Elektriker Hansgerd Lamberti hat sie auf den Kopf gestellt und nichts gefunden. Das Ding funktioniert einwandfrei.
Da ist sie, die vermeintlich kaputte Lampe. Elektriker Hansgerd Lamberti hat sie auf den Kopf gestellt und nichts gefunden. Das Ding funktioniert einwandfrei. © Funke Foto-Services | BECHHAUSRüdiger Bechhaus

Eine imposante Schlange hat sich um 14.30 Uhr vor dem Eingang zu den Räumen im DRK-Haus an der Kaiserstraße gebildet. „So viel war ja schon lange nicht mehr los“, freut sich Wolfgang Grimm, der das Reparatur-Café koordiniert. Und was die Leute alles anschleppen: Kaffeemaschine, Bügeleisen, Rasenmäher, eine Stereoanlage, kaputte Pullover, gleich mehrere Staubsauger, einen Weltempfänger, ein Keramik-Huhn, dem der Kopf zu Füßen liegt, und noch so einiges mehr. Da ist meine Lampe schnell vergessen. Während die vielen defekten Sachen am Eingang abgegeben und auf Meldezetteln registriert werden, krempelt das Team im Hinterstübchen die Ärmel hoch und legt los.

Heinz-Bernd Weerts hat sich ein Bügeleisen vorgenommen, das ein neues Kabel braucht. Der Austausch ist kein Problem für ihn, der ebenfalls Elektriker ist. Der Kundenwunsch klebt auf dem Bügeleisen: „Drei Meter Kabel“ steht auf dem Zettel. „Haben wir sowas?“, ruft Weerts in die Runde. Wolfgang Grimm ist heute „Mädchen für alles“ und kümmert sich. Er wühlt die Kisten mit Werkzeug und Ersatzteilen durch. Mit Erfolg! Zufällig ist eine neue Schnur exakt in der gewünschten Länge da. „Die kostet acht Euro“, sagt er. Die Reparatur ist stets gratis, Ersatzteile müssen gezahlt werden.

Die Stereoanlage aus den 70ern funktioniert wieder

Eine Investition, die sich lohnt. „So gute Bügeleisen können Sie heute gar nicht mehr kaufen“, sagt Heinz-Bernd Weerts und tippt anerkennend mit dem Finger auf das alte Schätzchen. Während er dem Gerät die neue Schnur verpasst und sein Gegenüber Michael Drecker einen Akku-Staubsauger auseinander nimmt, schmeißt Cornelia Hermes am Nähtisch hinter ihm die Maschine an. Sie ergänzt eine Naht an dem violetten Pullover, den Brigitte Baltruschat vorher mit der Hand gestopft hat.

Es wird laut im Raum. Hansgerd Lamberti sorgt eher unfreiwillig für Stimmung. Er hat die Regler einer Stereoanlage aus den 70er Jahren gereinigt und geschmiert. Plötzlich tut es das Ding wieder. Musik dröhnt aus dem Radio. Brigitte Baltruschat wippt mit dem Fuß. „Lass das mal an, das Lied ist gut!“ Experte Lamberti setzt die Stereoanlage wieder zusammen. Was wie eine Operation am offenen Technik-Herzen aussah, ist geglückt.

Brigitte Baltruschat bringt ihre eigene Nähmaschine mit ins Reparatur-Café des Friemersheimer Nachbarschaftsvereins. Manches muss sie aber auch mit der Hand ausbessern.
Brigitte Baltruschat bringt ihre eigene Nähmaschine mit ins Reparatur-Café des Friemersheimer Nachbarschaftsvereins. Manches muss sie aber auch mit der Hand ausbessern. © Funke Foto-Services | BECHHAUSRüdiger Bechhaus

„Ich habe eine Erfolgsquote von 60 Prozent“, schätzt Heinz-Bernd Weerts. Nicht immer läuft es so glatt wie mit dem Bügeleisen. Manches ist auch einfach zu alt oder die Kosten für Ersatzteile wären zu hoch. Oft sind die Dinge aber auch gar nicht defekt, sondern einfach nur schlecht gewartet oder falsch bedient. Wolfgang Grimm denkt da zum Beispiel an einen Bartschneider, der nach dem Öffnen einen Berg an Haarstoppeln ausspuckte. „So etwas muss man auch schon mal reinigen“, sagt er und zieht die Augenbrauen hoch. Kaffeemaschinen, die entkalkt werden mussten, gab es auch schon zuhauf. Und Kuriositäten wie diese: Ein Staubsauger, in dem eine Damenstrumpfhose den Motor lahmgelegt hatte. „Das war eine Aktion! Die mussten wir ganz langsam da herausziehen“, erinnert sich Elektriker Weerts.

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An diesem Mittwoch bleibt nicht viel Zeit, in Erinnerungen zu schwelgen. Es gibt viel zu tun bis 16.30 Uhr. Dann holen die Besitzer ihre hoffentlich reparierten Schätze ab. Es wird wieder laut. Diesmal keine Musik. „Was machst du denn da für einen Lärm, Heinz?“, ruft Brigitte. Es ist ein Rasenmäher, der angeblich kaputt sein soll. Kein Fehler zu finden. Das Ding funktioniert einwandfrei. Das muss der Bruder meiner Lampe sein! „Wer schleppt uns denn sowas hier an?“, fragt einer. Wenn das mal nicht genau der richtige Zeitpunkt ist, um mich mit meiner Hypochonder-Lampe aus dem Staub zu machen.

>>> INFORMATIONEN UND KONTAKT ZUM REPARATUR-CAFÉ FRIEMERSHEIM:

Jeden zweiten Mittwoch im Monat öffnet das Reparatur-Café der Friemersheimer Nachbarschaft. Das Motto lautet eigentlich „Hilfe zur Selbsthilfe“, aber wegen der Pandemie darf noch nicht wieder beim Reparieren zugeschaut werden. Aktuell kann man defekte Sachen von 14.30 Uhr bis 15.30 Uhr am Eingang der DRK-Hauses an der Kaiserstraße 51a abgeben und um 16.30 Uhr wieder abholen.

Das Café im Nachbarraum hat wieder geöffnet. Wer mag, kann sich hier die Zeit bei Kaffee und Kuchen vertreiben. Die Reparaturen sind kostenlos, Ersatzteile müssen bezahlt werden, über Spenden freut sich das Team. Zur Verstärkung werden weitere Ehrenamtler gesucht. Vor allem die Bereiche Elektrik und Mechanik sind gefragt. Aktuell gibt es zum Beispiel keinen, der sich mit mechanischen Schreibmaschinen auskennt. Kontakt: : 0151-54401528, per E-Mail an wolfgang.grimm@nachbarschaft-friemersheim.de.