Duisburg-Rheinhausen. Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst trafen sich am Donnerstag an der Green-Gesamtschule in Rheinhausen. Welche Probleme sie bemängeln.

Die Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst blasen zum Sturm. Am Donnerstag, 18. November, trafen sich über 200 Lehrerinnen und Lehrer aus der ganzen Region an der Green-Gesamtschule in Rheinhausen zum Streik. Ein großes Ärgernis: Die unterschiedliche Bezahlung zwischen Beamten und Angestellten für die gleiche Arbeit. Aber darüber hinaus gab es noch viele Argumente für den Unmut, der sich seit Jahren aufgestaut hat.

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Was Gaby Wegner aus dem Leitungsteam für Tarifbeschäftigte in Duisburg und NRW besonders wurmte: „Wir haben es hier mit einer absoluten Blockadepolitik der Arbeitgeber zu tun. Seid laut“, rief sie den Streikenden zu. „Wir lassen uns diese Unverschämtheiten nicht weiter gefallen.“ Lehrer und Schul- Sozialpädagogen aus Duisburg, Essen, Oberhausen und Wesel waren gekommen, um ihrem Ärger Luft zu machen.

Streik in Duisburg: Nicht nur die Bezahlung ist ein Problem

„Es geht nicht nur um die sehr unterschiedliche Bezahlung“, sagt Andreas Breyer, Lehrer an der Green-Schule. „Im Ministerium hat man das ganze, komplexe System Schule einfach nicht begriffen.“ Er und sein Kollege Alessandro Marra, der als Sozialarbeiter an einer Oberhausener Grundschule arbeitet, gehen ins Detail. Breyer ist studierter Ingenieur mit Examen. Als Seiteneinsteiger, weil es an den Schulen viel zu wenig Lehrer gibt, unterrichtet er seit Jahren Mathematik und Technik. Bevor er als Lehrer anfing, musste er selbst noch einmal auf die „Schulbank“, wurde in Pädagogik unterrichtet.

Der Lehrer Andreas Breyer von der Green-Gesamtschule in Duisburg-Rheinhausen.
Der Lehrer Andreas Breyer von der Green-Gesamtschule in Duisburg-Rheinhausen. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Für ihn ist es durch den Lebenslauf nicht möglich, Beamter zu werden, was ihn in der Bezahlung vom aktuellen Verdienst bis zur Rente ein großes Stück weit wegspült von dem, was Beamte verdienen. „Ich würde selbst im öffentlichen Dienst als Ingenieur zwei Gehaltsstufen besser bezahlt“, sagt er. Aber da gibt es so viele andere Faktoren, die nicht nur ihn immens ärgern. „Wir haben den Auftrag für Bildung und Erziehung“, sagt er. Im Vordergrund würde aber mittlerweile die Erziehung stehen, dann erst Bildung.

Lehrer aus Duisburg: Eltern rufen auch nach 21 Uhr noch an

Es gebe ja den Spruch, dass Lehrer vormittags Recht hätten und nachmittags frei. Die Realität sehe aber so aus: Man habe zwar relativ freie Arbeitsverteilung, aber es passiere nicht selten, dass abends um 21 Uhr noch Eltern bei ihm anriefen. So richtig raus aus dem Job, wenn man seine Arbeit getan hätte, sei man nie. Die Digitalisierung der Schule habe man verschlafen, und die marode Infrastruktur sei eine Katastrophe. Den Konferenzraum an seiner Green-Gesamtschule könne man nicht nutzen, weil sich dort das Parkett gehoben habe. Die Schultoiletten seien so unbeschreiblich scheußlich, dass man die Schüler nur bedauern könne und die Aula habe schon lange einen „Dachschaden“ und dürfe nicht mehr benutzt werden. „Ich habe mit einem österreichischen Kollegen gesprochen, der hat es nicht glauben können.“

Alessandro Marra, Sozialarbeiter an einer Oberhausener Grundschule, war auch beim Streik an der Green-Gesamtschule in Duisburg-Rheinhausen dabei.
Alessandro Marra, Sozialarbeiter an einer Oberhausener Grundschule, war auch beim Streik an der Green-Gesamtschule in Duisburg-Rheinhausen dabei. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Alessandro Marra kann ihm da nur beipflichten. „Jetzt in der Corona-Zeit wurden die Schüler ja online unterrichtet. Da konnten wir uns aussuchen, ob wir Laptops oder iPads nehmen“, erklärt er. „Aber, was soll das Ganze, wenn viele Schüler zu Hause kein Wlan haben?“ Außerdem dürften nur die vom Ministerium vorgegebenen Apps verwendet werden. „Wenn sie aber interessanten Unterricht machen wollen, zum Beispiel Musikvideos erstellen, dann muss man einen Antrag stellen, damit man eine bestimmte App benutzen darf. So kann niemand arbeiten.“

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Als er noch nicht in der Schule tätig war, hat er als Musiker und Produzent gearbeitet. Da hat er genau solche Projekte den Schulen angeboten und die Schüler waren begeistert. „Aber seit ich in der Schule bin, geht so etwas nicht mehr.“

Duisburger Lehrer: „Schulbetrieb ist strukturell unterfinanziert“

Ganz zu schweigen von den 17 Flüchtlingskindern, die er zu betreuen hatte. „Weil die gar nicht mehr weiterkamen, bin ich mit dem Laptop ins Flüchtlingsheim gefahren und habe dort den Kinder die Technik erklärt. Oder er habe sie in der Schulaula weit auseinandergesetzt und ihnen Deutsch beigebracht. Das sind alles Stunden, die überhaupt nicht bezahlt werden.“ Der ganze Schulbetrieb sei strukturell unterfinanziert. Man schwebe immer zwischen Resignation und Idealismus. Zum Thema sprachen noch Angelika Wagner, Vorsitzende des DGB-Niederrhein und Ute Lorenz vom DGB in Nordrhein-Westfalen.

>>> WAS DIE GEWERKSCHAFTEN IN DUISBURG FORDERN

  • Zwei Punkte fordern die Gewerkschaften unter anderem: Fünf Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 150 Euro. Und 100 Euro mehr für alle in Ausbildung. „Wenn man bedenkt, dass zurzeit die Inflationsrate 4,1 Prozent beträgt und wir zwei Prozent Wachstum haben, bleibt von den fünf Prozent natürlich viel weniger übrig“, erklärte Gaby Wegner, die für die GEW in der Bundestarifkommission sitzt.
  • Weil so viele Lehrer fehlten, werbe man um Seiteneinsteiger und behandle sie dann mies, ist die Kritik. Das passe nicht zusammen. Eine Großdemo von vielen Gewerkschaften – zum Beispiel Klinikpersonal und Polizei – ist für den 25. November vor dem Düsseldorfer Landtag geplant.