Duisburg-Rheinhausen. Wie der Künstler Volkram Anton Scharf die Gemeinde Auf dem Wege künstlerisch mitgestaltete – und warum man heute davon wenig mitbekommt.

Eine rastlose Seele war der überregional bekannte Rheinhauser Künstler Volkram Anton Scharf – irgendwie war er ständig unterwegs, mental sowie physisch. So waren seine vielen Reisen prägend für sein Werk, die Erlebnisse auf Fahrten nach Vorderasien, China, Japan und Amerika verarbeitete er in Landschaftsszenen, meist in Aquarell. Abbildungen fremder Kulturen und Menschen entstanden in den 1930er-Jahren.

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1933 wurde er erstmalig von den Nazis verhaftet, 1936 mit einem Berufsverbot belegt. Als es ihn bei einer Schiffsreise 1938 in ein buddhistisches Kloster in der Mandschurei verschlug, befasste er sich unter dem Pseudonym Katsu mit der Verbindung zarter südchinesischer Tuschmalerei der Zen und der klassischen japanischen Malerei, die er später in farbenfrohen Drucken umsetzte. Dabei war er in den 1920er-Jahren an der Düsseldorfer Kunstakademie noch unter Lehrern wie Heinrich Campendonk noch in Maltechniken zum rheinischen Expressionismus und der Neuen Sachlichkeit ausgebildet worden.

Ein Künstler, der immer offen für neue Erfahrungen war

Radierungen, Zeichnungen, Bühnenbildnerei, Ölmalerei, Aquarelle, Skulpturen, Plastiken, Kunst am Bau, jedwede Gestaltungstechnik, die ihm in der Kunst begegnete, begeisterte ihn, und er bekannte sich zum lebenslangen Lernen und dem Neuen gegenüber aufgeschlossen. Scharf arbeitete auch als Kunstlehrer und hielt ab den 1950er Jahren in seinem Haus in Oestrum Vorträge bei den sogenannten „Cirkel“-Abenden, immer donnerstags.

Man weiß auch, dass er religiös war. „Jetzt war er nicht unbedingt ein bibelfester Christ, aber man merkte, dass er eine pragmatische Religiosität mit Bezug zur Gemeinde innehatte“, sagt Wolfgang Wallrich, ehemaliger Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde „Auf dem Wege“ über einen Mann, der sich sozusagen selbst „Auf dem Wege“ befand, zeitlebens.

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So kam es nicht von ungefähr, dass Volkram Anton Scharf 1960 ein Glasfenster mit zehn mal fünf Quadratmeter Größe zur Einweihung des neuen Bergheimer Gemeindehauses fertigte. Das Fenster ist aus Bleiverglasung und wurde mit Holzstreben und Silikon bis unter das Schrägdach eingelassen. In seiner Formgebung erinnert es an das Friedhofstor, das Scharf für den Wanheimerorter Waldfriedhof schmieden ließ. Gegenüber dem Eingang im Foyer diente es ursprünglich als Licht spendendes Außenfenster zur Wiese des Gemeindehauses hin.

Ein Kunstwerk, das irgendwann in Vergessenheit geriet, denn 1991 erfolgte ein Anbau, so dass noch mehr Räume nach hinten entstanden: das Fenster wurde quasi vom Gebäude aufgesogen. „Leider fungiert heute das Fenster nur noch wie eine Trennwand, und wirkt sehr dunkel bei normalem Tageslicht“, sagt Burkhard Biella, Kurator vom Museum St. Laurentius, der 2018 eine Ausstellung mit Werken von Scharf in der Friemersheimer Eisenbahnsiedlung organisierte.

Auf dem Wege zu Frieden und Gerechtigkeit

Das Glasgemälde heißt auch bezeichnenderweise „Auf dem Wege“, könnte dem auslaufenden Expressionismus hin zur Abstrakten Moderne zugeordnet werden, da auch figürliche Züge wie Nase oder Augen erkennbar sind - von der Außenseite her. Farben wie Blau-Grün- und Brauntöne überwiegen in dem Kunstwerk. Die Glasarbeiten dazu wurden von der Firma Derix aus Kaiserswerth ausgeführt.

Nur mit Licht sieht man die Farben. Blick von außen auf das Kirchenfenster des Künstlers Volkram Anton Scharf. Im Innern des Gebäudes ist die Wirkung wegen eines Anbaus dahin.
Nur mit Licht sieht man die Farben. Blick von außen auf das Kirchenfenster des Künstlers Volkram Anton Scharf. Im Innern des Gebäudes ist die Wirkung wegen eines Anbaus dahin. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Es gibt Notizen, die der Rheinhauser Künstler hinterließ, zu den drei Szenen, die im Fenster erkennbar sind. Links außen sieht man in „Getrennt – die Jungen und die Alten“, Figuren,wie sie in unterschiedliche Richtungen auseinanderdriften, eine jede auf ihrem Wege. In der Mitte des Werks befindet sich eine Figur mit zwei Köpfen. Scharf titelte „Christ am Sonntag – Mammon im Alltag“ über die Figur, die in beide Richtungen zu streben scheint.

Vielleicht auch die biblische Emmaus-Geschichte?

In der dritten Szene ganz rechts scheinen zwei Figuren einer anderen Person, die voranschreitet, auf einem Weg zu folgen. Scharf notierte dazu: „Aufmerksamkeit – Evangelium ist Frieden, Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung.“

Die Pfarrerin der Gemeinde, Inga Bödeker, hat ihre eigene Erklärung für diesen Ausschnitt: „Es könnte auch die österliche Emmaus-Geschichte darin zu sehen sein; die zwei Jünger, die dem Herrn begegnen nach der Auferstehung.“ Doch die Deutungshoheit liegt beim Betrachter - so wird es der freigeistige Künstler auch gewollt haben.

Elf Wandfresken für die Gemeinde in Duisburg-Bergheim

Außen an den etwa fünf Meter hohen Fenstern des Gemeindesaals zur Nordwestseite hin hat der Künstler nochmals seine Handschrift hinterlassen. Er schenkte der Gemeinde 1960 elf bemalte Wandfresken, quasi als Oberlichter, auf denen Freizeitaktivitäten wie Tanzen, Wandern, Segeln, Schachspielen, aber auch Diskussionen, zu sehen sind.

Tipps vom Pastor gegen die Pandemie-Müdigkeit

Dirk Schuklat, Pfarrer der Martin-Luther-Gemeinde an der Ardeystraße, hat einige Tipps auf Lager, um halbwegs gut durch die Pandemie zu kommen. Er plädiert für eine klare Tagesstruktur, auch am Wochenende. Bei ihm klingelt der Wecker stets um kurz vor halb acht. Außerdem wichtig: „Rausgehen – und wenn es immer derselbe Weg durch den Wald ist.“ Er läuft gerne von der Egge zum Stadtpark, über den Hohenstein und ins Borbachtal.

Dritter Punkt auf der Liste: etwas Neues ausprobieren. Schuklat selbst hört wieder aktiv Musik und lernt gerade in seiner Blues-Band, wie man über Entfernungen die eigene Stimme einsingt. Oder Sie kommen einfach am Ostersonntag um 10.30 Uhr in die geöffnete Martin-Luther-Kirche. Schuklat wird auch vor Ort sein – natürlich nur auf Abstand. Infos über Online-Angebote auf www.mlkg.de

Dem insgesamt 25 Meter langen Kunstwerk gab er den Arbeitstitel „Rhythmus der Bewegung“ und man merkt als Betrachter die Schwingung, die es durchziehen. 50.000 DM wert sei die Arbeit ursprünglich gewesen. Leider legte sich Rost auf die Moniereisen, auf denen die Fresken befestigt waren, und der Künstler wandelte die Kunstwerke zusammen mit seiner Tochter Iduna Schnepf-Scharf und seinem Schwiegersohn Otto Schnepf 1975 in wetterbeständige Reliefs aus hochwertigem Polyester um.

„Alles, was ein gutes Gemeindeleben ausmacht, das hat Anton Scharf hier versinnbildlicht“, sagt Wolfgang Wallrich, der von 1981 bis 2003 der Pfarrer der evangelischen Gemeinde „Auf dem Wege“ war. Ein weiterer Auftrag der Gemeinde lag vor: Im Jahr 1983 überlegte man, auch die Fensterseite zum Bonnacker mit Reliefs von Volkram Anton Scharf gestalten zu lassen. Die Entwürfe lieferte der versierte Künstler, leider wurden sie aber nicht verwirklicht. Einige Fragmente kann man heute noch im Gemeindehaus betrachten.

>>>> Zur Person: Volkram Anton Scharf <<<<

Volkram Anton Scharf wurde am 9. September 1906 in Duisburg geboren und starb am 10. April 1987. 1923 gründete er mit anderen freien Künstlern den Bund Duisburger Künstler, der bis heute existiert. Seine Stilrichtungen reichen vom rheinischen Expressionismus über die Neue Sachlichkeit bis zur Abstrakten Moderne

1928 besuchte er die Düsseldorfer Kunstakademie. Er gilt als universeller Künstler, da er sich von Skizzen und Aquarellen bis hin zu Skulpturen und der Kunst am Bau beschäftigte.

Neben dem benannten Fenster sind das Daphne-Mosaik im heutigen Willy-Brandt-Berufskolleg und das Geländer um die Empore im Duisburger Binnenschifffahrtsmuseum sowie die Schmiedearbeiten zum Treppengeländer mit den „Bremer Stadtmusikanten“ in der Friemersheimer Dahlingschule weitere wichtige Kunstwerke am Bau in unmittelbarer Umgebung.