Duisburg-Rheinhausen. Jugend-Club des Kom’ma-Theaters entschied sich diesmal, einen Film zu drehen. Es geht um vernachlässigte Jugendliche in Duisburg-Rheinhausen.

Die Premiere des Theaterstücks „Das ist kein Märchen“ nach der Vorlage „Verschwunden“ von Charles Way hätte schon längst im Februar live auf der Bühne des Rheinhauser Kom’ma-Theaters aufgeführt werden sollen. Allerdings war dies wegen des anhaltenden Lockdowns unmöglich, so dass sich die Schauspielerinnen des „Jugend-Clubs“ unter der Regie von Anne Brass dazu entschieden, einen Film zu drehen – und diesen am Wochenende online zu stellen.

Es handelt sich um eine Abwandlung des Märchens „Hänsel und Gretel“ der Gebrüder Grimm. Die beiden Kinder werden ja bekanntlich von ihren Eltern im Wald ausgesetzt, da diese das Geschwisterpaar nicht ernähren können.

Gedreht wie mit einer wackelnden Handkamera

Doch wird die Handlung in die Jetztzeit übertragen, denn „ungeliebte Kinder werden heutzutage nicht mehr im Wald ausgesetzt – sie werden zuhause sich selbst überlassen“, heißt es als Motto zum Film – und man vermutet ein Drama, das die Dissoziation vieler Kinder in eingeengten und lieblosen Familienverhältnissen in Corona-Zeiten widerspiegelt.

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Geschickt haben die Macher des Films dabei auf das Programm „Zoom“ zurückgegriffen, und quasi so manchen Disput zwischen Hans, Grete, ihrem Vater und ihrer lieblosen Stiefmutter in Dialogform in Szene gesetzt. Dazu erinnert die Aufnahmetechnik oft an das „Blair Witch Project“, ein Horror-Streifen, der auch nur mit wackelnder Handkamera gefilmt wurde.

Sicherlich sehr gut ist der Einstieg in die Thematik. Mit zitternder Kamera streift Hans durch eine scheinbar verlassene Rheinhauser Siedlung mit den Worten: „Ich sehe Rollos, aber keine Menschen dahinter.“ Doch diesen Blick dahinter will die Theatertruppe schonungslos offenlegen.

Auch Kinder haben Rechte

Hans lebt mit seiner Schwester Grete in prekären Familienverhältnissen, sein Vater ist Alkoholiker, verlor seine Arbeit im Bergbau und als Fernfahrer. Nach dem Tod der Mutter und der erneuten Heirat des Vaters sind die Kids dem Liebesentzug ihrer Stiefmutter unterworfen. Grete lügt in der Schule, als sie von der Lehrerin nach ihrem Frühstück gefragt wird. Sie erzählt von Rührei mit Schinken, obwohl sie mit einem Eis abgespeist wird. Das Über-Ich schmettert in Zoom-Manier auf die Kinder ein, bis sie sich als Außenseiter sehen. Die Spirale der Dissoziation nimmt ihren Lauf für die Kids, die Akteure halten Schilder mit der Aufschrift „Aber Kinder haben auch Rechte“ in die Kamera.

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Hans sieht, wie seine Schwester Grete von einem fremden Mann mitgenommen wird. Der ködert sie mit Bonbons in lila Papier, das über die Bühne rieselt. Die Lügen und die Gewalt eskalieren in der Familie, der Vater säuft weiter – die Stiefmutter entpuppt sich als Anstifterin zum Menschenraub. Der Entführungsfall wird im lokalen Fernsehen gezeigt, die Nachbarn heucheln Anteilnahme. Hans versucht selbst, alles aufzuklären, die Spurensuche beginnt – bis hin zum Hexenhaus aus dem Märchen, in dem Grete gefangen gehalten wird.

Sehr professionell wirkt die Kameraführung im Filmprojekt, genauso wie die Musik von Franz Mestre gekonnt zwischen dramatischen und märchenhaften Momenten wechselt.