Rheinhausen. Betreten verboten: Ein Gänsemanagement auf den Artenschutzinseln in Rheinhausen sorgt für eine Ausdünnung der Population.

Es ist schon so ein bisschen wie im „Jurassic Park“, meint der Biologe Dr. Randolph Kricke. Dann nämlich, wenn er im Frühjahr mit einem Boot auf die zwei großen nördlich gelegenen Vogelschutzinseln des Toeppersees übersetzt und die verwachsenen Ufer der Eilande erblickt. Ein längst verrostetes Schild „Betreten verboten! Vogelschutzgebiet“ sticht am Ufer ins Auge. Dichter Bewuchs und große Brombeerhecken versperren den Zutritt. Doch irgendwie muss er sich einen Weg bahnen. Denn: „Die beiden Inseln werden vorzugsweise von der Kanada- und der Graugans als Brutstätte für ihre Nachkommen genutzt. Wir müssen schauen, dass die Population der Vögel nicht explodiert“, sagt der Mann von der Unteren Naturschutzbehörde.

Gänse können ungestört brüten und später auch mausern

Warum die Orte als Brutstätte so beliebt sind, ist augenscheinlich: Natürliche Feinde wie den Fuchs gibt es dort auf dem 400 bzw. 150 Quadratmeter großen Terrain nicht. Zumindest schwimmt der Räuber ungern vom 200 Meter weit entfernten Ufer, um sich dann eine Gans zu holen. Definitiv fehlen den Vögeln natürliche Feinde am See: „Die Gänse können dort nahezu ungestört brüten und später auch mausern, sind sie doch durch den dichten Bewuchs der Inseln auch vor Beutegreifern wie dem Bussard oder Habicht gut geschützt.“ Zwischen Ahornen, Birken und Holunderbüschen gibt es genug Rückzugsmöglichkeiten. Teilweise haben sie ihre Gelege in einem vertrackten Labyrinth in den Brombeerhecken versteckt. „Wir müssen uns dann regelrecht den Weg mit großen Astscheren freischneiden, um an die Eier zu gelangen.“

Die Vogelschutzinseln im Toeppersee dürfen nicht betreten werden.
Die Vogelschutzinseln im Toeppersee dürfen nicht betreten werden. © Randolph Kricke

Wenn Randolph Kricke das erste Mal im März anrückt, geht es den Gänsen mal so richtig an die Eier. Das ist nötig, denn gerade der Kot der Vögel verunreinigt im großen Ausmaße die Wiesen des Naherholungsgebiets Toeppersee, auf dem die Tiere in Scharen äsen. Ein Gelege besteht aus zehn bis zwölf Eiern. „Wenn die Gössel, also alle Küken durchkommen, hätten wir hier am Niederrhein eine Gänseplage. Also entfernen wir etwa zehn Eier aus dem Nest der Gänse“, sagt Kricke. Zwei Eier lassen sie der Mutter Gans übrig, die sie dann bebrüten kann. „Wir gehen davon aus, dass sie dann nicht nachlegt. Das ist so wie Chinas Ein-Kind-Politik“, sagt Randolph Kricke mit einem Lächeln.

Eier werden stibitzt

Erfolge sind insofern zu verzeichnen, dass die Anzahl der Gänse stabil bleibe. Allerdings gäbe es auch keinen Rückgang mit einem bedeutend kleineren R-Wert als Eins zu melden. „Aber die Spaziergänger, Wassersportler und Segler sehen, dass wir etwas für sie tun“, sagt der 48-Jährige. Insgesamt drei Mal wird er mit einem Boot des Segelvereins zu den Inseln übergesetzt. Um den 10. März entnimmt Kricke den Gelegen der Graugans die ersten zehn Eier, Ende März schaut er nach, ob dort neue Eier „nachgelegt“ worden sind.

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Gleichzeitig hat die Kanadagans ihr erstes Nest gefüllt, dort stibitzt er die überzähligen Eier bis auf zwei. Ein letzter Termin ist um den 10. April, dann kontrolliert er, ob die Kanadagans nachgelegt hat. Seit 2010 schaut Randolph Kricke den Nestflüchtern in die Nester, denn seitdem besteht das in der Fachwelt viel beachtete „Gänsemanagement“, das in Zusammenarbeit mit der Biologischen Station westliches Ruhrgebiet entstand.

Bei Hochwasser steht sie landunter

„Einige Städte haben die Idee dieser Populationskontrolle auch für sich in Erwägung gezogen“, weiß der Naturwissenschaftler, der über die Entwicklung der Flechten im Ruhrgebiet in seiner Doktorarbeit in den 90er-Jahren promovierte. Über die zwei nördlich gelegenen Inseln weiß Kricke, dass sie natürlich gewachsen sind beim Auskiesen des Toeppersees. „Die weiter südlich Richtung Surferhütte gelegene Insel ist durch Verfüllung mit Bergematerial entstanden“, erzählt Kricke, „bei Hochwasser steht sie „landunter“.“ Deswegen wachsen vorzugsweise Erlen darauf, da diese das Hochwasser gut vertragen können.

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Die Auskiesungsarbeiten begannen 1898, 1900 kaufte Emil Toepper das Gelände und führte die Auskiesung ab 1905 mit großen Schwimmbaggern durch. Diese dauerte bis Ende der 1960er-Jahre, dann stellte die Firma Toepper, die sein Sohn Richard als letztes führte, den Betrieb ein. Die Wassersportgemeinschaft Rumeln-Kaldenhausen siedelte sich als erste an dem See an, der 1956 noch einem Krater glich. Zehn Jahre später wurde ein Naherholungsgebiet, mit Wegesystem, Wiesen, Bootsverleih und DLRG von der Stadt Rheinhausen, später Duisburg, dort angelegt.

Haubentaucher und Eisvögel

Die Vogelschutzinseln erhielten ihren Titel Anfang der 70er-Jahre. „Das ist im damals aufkommenden Bewusstsein für die Umwelt entstanden. Allerdings: Richtig seltene Arten findet man auf den Inseln nicht bis auf den Eisvogel, der auf der kleineren der nördlichen Inseln brütet“, sagt Kricke. Zwar tauchen Haubentaucher dort ab und zu auf, nicht aber andere Wasservögel wie die Krick- oder Schnatterente.