Duisburg-Rheinhausen. „Duisburg stellt sich quer“ ruft zu einer Kundgebung gegen Rechts auf und bittet den Wirt, den „geistigen Brandstiftern“ keinen Raum zu geben.

„Zum Rathaus“ ist eine gute und seriös klingende Adresse. Hier will die AfD rein. Damit sind aber nicht nur die Räte gemeint, in die die rechtspopulistische Partei, die sich in den vergangenen sechs Jahren stark radikalisiert hat, bei der Kommunalwahl im September strebt. „Zum Rathaus“ nennt sich auch eine Gaststätte in der Mitte Rheinhausens an der Friedrich-Ebert-Straße 116 in direkter Rathausnähe. Es ist ein schmuckes Eckhaus, das um 1900 gebaut wurde.

Hier will der Duisburger AfD-Kreisverband am Samstag, 29. Februar, um 11 Uhr offenbar seine Mitgliederversammlung abhalten. Im Internet ist eine Einladung an alle Mitglieder und Freunde zu finden. „Der Kreisverband Duisburg wächst weiter, und so benötigen wir auch mehr Delegierte, die für den Kreisverband an Bezirks- und Landesparteitagen teilnehmen.“

Einladung im Netz entdeckt und Kundgebung bei der Polizei beantragt

Mitglieder des Aktionsbündnisses „Duisburg stellt sich quer“ sind jetzt zufällig auf diese Einladung gestoßen, haben flugs bei der Polizei eine Kundgebung, die um 10 Uhr beginnt, angemeldet und in den sozialen Netzwerken zur Teilnahme aufgerufen.

Gisem Kockaya redet bei einer Kundgebung am Samstag, 21 Februar, zu der Duisburg stellt sich quer aufgerufen hatte. Sie bringt ihre Trauer und Wut über die Morde in Hanau zum Ausdruck.
Gisem Kockaya redet bei einer Kundgebung am Samstag, 21 Februar, zu der Duisburg stellt sich quer aufgerufen hatte. Sie bringt ihre Trauer und Wut über die Morde in Hanau zum Ausdruck. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

„Kein Raum für die geistigen Brandstifter von Hanau! AfD gemeinsam bekämpfen“, heißt es in dem Aufruf, in dem auch der Betreiber der Gasstätte aufgefordert wird, die Veranstaltung der rechtsextremen AfD abzusagen.

Im Lokal weiß man von nichts

Doch in dem Lokal weiß man davon scheinbar gar nichts. Die aus Kroatien stammende Familie Dizdarevic führt seit vielen Jahren das Restaurant mit hohem Anspruch und genießt einen tadellosen Ruf. Sie scheinen unverdächtig, der rechten Ideologie ein Forum bieten zu wollen.

Ramo Dizdarevic ist beim Anruf der Redaktion aber nicht zu sprechen. Als die Begriffe AfD und Gegenkundgebung fallen, wird der Kellner hörbar nervös. „Wir haben am Samstag Vormittag keine Veranstaltung“, sagt er bestimmt. Das Restaurant verfügt nur über einen kleinen Raum, der 20 Personen fasst. „Es wäre schön, wenn sich das als Fake erweisen würde“, sagt Sylvia Brennemann, eine der Sprecherinnen von „Duisburg stellt sich quer“. Dass es der AfD insgesamt schwerer fällt, Versammlungsräume anzumieten, ist bekannt – schon alleine wegen des Imageschadens für die Vermieter. Vielleicht haben sie auch einen Strohmann vorgeschickt, der unter einem Vorwand Plätze reserviert habe, mutmaßt Brennemann.

„Die AfD ist ein Trojaner für alle Nazis, die in die Parlamente wollen“

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Mahmut Özdemir, der bei den letzten Demonstrationen des Aktionsbündnisses teilgenommen hat, findet, dass sich Gastronomen genau überlegen müssten, an wen sie ihre Zimmer vermieten. Die AfD sei zwar demokratisch gewählt, verstoße aber massiv, etwa durch rassistische Hetzparolen, gegen demokratische Grundsätze. „Die AfD ist das Sprachrohr aller Rechten, sie ist ein Trojaner für alle neuen Nazis, die in die Parlamente wollen“, stellt er fest, spricht von einer großen Pest und hofft, dass sich kein Gastronom hinter die Fichte führen lässt. „Die Kundgebung genießt meine Sympathie und wenn ich schaffe, nehme ich auch wieder an ihr teil“, kündigt der Sozialdemokrat an.

Respekt und Anerkennung für die Demonstranten von der CDU

„Respekt und Anerkennung“ zollt auch Ferdi Seidelt, Fraktionschef der CDU in der Rheinhauser Bezirksvertretung, den Initiatoren von „Duisburg stellt sich quer“. Teilnehmen möchte er selbst allerdings nicht, da dies aus seiner Sicht nur die AfD aufwerte. „Dass wir als CDU die AfD zutiefst verabscheuen und bekämpfen, ist selbstverständlich“, sagt er. Das zeige sich auch darin, dass die Mitglieder der extremen Rechten in der Bezirksvertretung weitestgehend ignoriert würden.

Alarmierende Zahlen

Auch wenn die Wahl in Hamburg „echt cool“ verlaufen sei, betrachtet Sylvia Brennemann die Entwicklung der Rechten mit großer Sorge. „Nach dem rassistischen Terroranschlag von Hanau dürfen wir es nicht mehr zulassen, dass die Rassisten und Neofaschisten unsere Gesellschaft mit Hass vergiften“, heißt es in dem Aufruf „Die AfD ist einer der geistigen Brandstifter des rechten Terrors in Deutschland.“ Gerade in Duisburg gebe es alarmierende Zahlen, die politische Konsequenzen erforderten. Sie weist noch einmal darauf hin, dass das Parteiprogramm der AfD alles andere als sozial sei, etwa Hartz IV abgeschafft werden soll, aber so paradox es auch sei, die Partei ausgerechnet vielfach von jenen gewählt werde, die von Armut betroffen seien.

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Zuletzt hatten am vergangenen Wochenende über 600 Teilnehmer gegen Hass und Gewalt in der Duisburger Innenstadt nach den Morden von Hanau demonstriert.