Duisburg-Wedau. . Eine deutsche Erstklässlerin durfte in Duisburg nicht an Türkisch-Unterricht teilnehmen. Jetzt zeichnet sich aber eine unbürokratische Lösung ab. Schulamtsleiter berichtet von weiteren Beispielen deutscher Kinder in türkischem Muttersprachler-Unterricht. Das Interesse hätte sich selten lange gehalten.
Der Fall Chiara sorgt für Gesprächsstoff. Die türkische Zeitung Hürriyet will in ihrer Europaausgabe über die Sechsjährige berichten. Auch andere deutsche Medien greifen das Thema auf. Chiara hatte sich freiwillig für den Türkisch-Unterricht in ihrer Grundschule gemeldet und zunächst eine Absage bekommen. Begründung: Der Unterricht ist nur für Muttersprachler mit türkischer Herkunft. So steht’s in einem Erlass des NRW-Schulministeriums.
Eine Entscheidung ist zwar noch nicht gefallen. Aber jetzt zeichnet sich ab, dass es wohl auf dem kleinen Dienstweg eine Lösung gibt. Er habe mit der Schulleiterin der Grundschule Am See gesprochen, sagt Schulamtsleiter Wolfgang Streuff. „Es hat da wohl eine ganze Menge an Missverständnissen gegeben.“ Die Schulleiterin sei äußerst bemüht um Integration. Ob Chiara jetzt doch inoffiziell – quasi als Gast – am Türkisch-Unterricht teilnehmen darf, hänge aber auch davon ab, ob genügend Kapazitäten frei sind. Das werde gerade noch geklärt.
Immer mehr „Nullsprachler“
Auch Mutter Sabine Rick ist gespannt, wie die Sache ausgehen wird. „Wir warten noch auf eine Reaktion der Schule.“ Dienstagabend stand – unabhängig von der Diskussion – ein Elternabend in Chiaras Klasse an. Da wollte Sabine Rick auch mit anderen Eltern über die Sache sprechen.
Viele Leser hinterfragen unterdessen grundsätzlich den Sinn des so genannten Herkunftssprachlichen Ergänzungsunterrichtes. Der wurde ursprünglich eingerichtet, um Kinder von Gastarbeitern besser auf ihre Rückkehr in die Heimat vorzubereiten. „Mir erschließt sich der Sinn des Unterrichts nicht“, schreibt ein Nutzer auf der Internet-Seite der Süd-Redaktion. „Es wäre für viele türkische Kinder ein deutscher Ergänzungsunterricht sinnvoller.“
Dieser Annahme widerspricht Wolfgang Streuff vehement. „Die Kinder müssen ihre Heimatsprache erlernen, damit sie auch die deutsche Sprache richtig lernen können.“ Bei den Pädagogen ist von „Nullsprachlern“ die Rede. Das sind Kinder, die überhaupt keine Sprache richtig beherrschen. Für diese sei der Muttersprachliche Unterricht existenziell wichtig und kein Vergnügen. „Die haben es gang ganz schwer.“
Viele Deutsche Kinder brechen ab
Er habe mittlerweile von Kollegen gehört, dass es doch deutlich mehr Fälle gab, in denen deutsche Eltern ihre Kinder im Muttersprachlichen Unterricht anmelden wollten, sagt der Schulamtsleiter. Auch da habe es eigentlich immer eine Lösung gegeben, so dass die Schüler an den Stunden teilnehmen durften.
Erfolgreich seien die Versuche aber in den seltensten Fällen gewesen. Meist hätten die deutschen Kinder ganz schnell wieder aufgegeben. „Das ist kein Sprachkurs in modernen Fremdsprachen“, sagt Streuff. Die Voraussetzungen innerhalb der Gruppen seien jetzt schon extrem unterschiedlich.
Die Sprachdiskussion macht auch andere neugierig. Warum es denn nicht viel mehr Türkischunterricht für alle an deutschen Schulen gebe, will ein Leser wissen. „Denn erfahrungsgemäß trifft man in seinem Leben mehr Türken als Menschen, die nur Latein oder Französisch reden.“