Duisburg. Denkmalschutz erschwert die Modernisierung der Häuser in Wedau und Bissingheim. Überarbeitung der Denkmalfibel lehnt die Stadt ab. Was aber geht.

Sie geben nicht auf: Die Bürger aus Wedau und Bissingheim versuchen weiter, ihre Häuser mit Photovoltaikanlagen, Dämmungen und weiteren Maßnahmen zu modernisieren. Doch den Klimaschutz in ihren Stadtteilen wird ihnen durch den Denkmalschutz erschwert – oder genauer: Durch die Auslegung des Denkmalschutzgesetzes durch die Stadt Duisburg. Denn so eindeutig, wie deren Ablehnungen es scheinen lassen, ist die Angelegenheit nicht.

943 Gebäude in Duisburg-Wedau und Bissingheim stehen unter Denkmalschutz

597 denkmalgeschützte Gebäude stehen nach Angaben der Stadt in Wedau, 347 in Bissingheim. Viele der Besitzer und Bewohner möchten sie sanieren, gern klimagerecht: mit Stromerzeugung durch Photovoltaik auf dem eigenen Dach und einer Dämmung, die nicht einen Großteil der Heizungswärme nach draußen entweichen lässt. Wie viele genau, dazu kann die Stadt nach eigenen Angaben nichts sagen: Die Anzahl von Anträgen auf klimabezogene Sanierungen werde „statistisch nicht erfasst“, ebenso wenig deren Ablehnung. In einer Facebook-Gruppe, die sich für „zeitgemäßen Denkmalschutz“ in den beiden Stadtteilen einsetzt, kritisiert ein Mitglied: „Solar und Dämmung wird hier immer noch abgelehnt, es ist unglaublich.“

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Die Stadt beruft sich bei ihren negativen Bescheiden auf den Denkmalschutz. Zwar gibt Duisburgs Wirtschaftsdezernent Michael Rüscher in einem Schreiben, das der Redaktion vorliegt zu, „dass das Denkmalschutzgesetz die Erzeugung erneuerbarer Energien am Denkmal nicht grundsätzlich ausschließt.“

Stadt Duisburg: Photovoltaikanlagen dürfen bei Denkmalschutz nicht einsehbar sein

Aber: Nur „auf Nebengebäuden, Terrassenüberdachungen oder nicht einsehbaren Flächen sind Photovoltaikanlagen denkbar.“ Photovoltaikanlagen „dürfen vom öffentlichen Raum nicht einsehbar sein“, schreibt er weiter und beruft sich dabei auf eine Entscheidungsrichtlinie des Bau- und Heimatministeriums NRW, die von diesem Ende vergangenen Jahres unter anderem an die Unteren Denkmalbehörden sowie die Oberbürgermeister geschickt wurde.

Nur: Ein Passus, der vom öffentlichen Raum aus einsehbare Photovoltaikanlagen in denkmalgeschützten Siedlungen verbietet, findet sich dort nicht. Vielmehr heißt es: „Grundsätzlich besteht nach § 9 Absatz 1 DSchG (Denkmalschutzgesetz, Anmerkung der Redaktion) ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Erlaubnis. Diese liegt nicht im Ermessen der Erlaubnisbehörde. Das bedeutet, dass Solaranlagen grundsätzlich zu erlauben sind, wenn sie keine erhebliche Beeinträchtigung des Denkmals darstellen.“

Bauministerium NRW: Photovoltaik „in der Regel zu erlauben“ – trotz Denkmalschutz

Anlagen, die nicht vom öffentlichen Raum aus einsehbar sind, seien „in der Regel zu erlauben“. Für einsehbare Anlagen gilt demnach: „Diese sind regelmäßig dann zu erlauben, wenn sie reversibel sind, nur minimal in die Substanz eingreifen und mit dem Erscheinungsbild des Denkmals denkmalfachlich vereinbar sind und damit nur geringfügig in das Erscheinungsbild eingreifen.“

Inzwischen gibt es auch Solarziegel, die sich optisch wenig von ihrer Umgebung unterscheiden, hier von der Firma Autarq. Besonders im Denkmalschutz ist das wichtig.
Inzwischen gibt es auch Solarziegel, die sich optisch wenig von ihrer Umgebung unterscheiden, hier von der Firma Autarq. Besonders im Denkmalschutz ist das wichtig. © Autarq | Matthias Hofner

Das ist laut Entscheidungsrichtlinie des Ministeriums „insbesondere der Fall, wenn das Dach des Denkmals durch die Solaranlage nicht fremdartigüberformt wird und das Dach in seiner Kontur noch ablesbar bleibt“ oder „nach Möglichkeit farblich angepasste Solarziegel, Solarfolien, in die Dachfläche integrierte Anlagen etc. verwendet werden“.

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Entsprechend sieht das die Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Sie schreibt auf ihrer Homepage: „Denkmalschutz und Klimaschutz sind keine Gegensätze (ganz im Gegenteil) und dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.“ An ihrem symbolträchtigen Hauptsitz hat die Stiftung selber eine Photovoltaikanlage angebracht – im Einklang mit dem Denkmalschutz.

Und in Duisburg? Anfang des Jahres beschloss die Bezirksvertretung Süd einstimmig, die Verwaltung solle die Denkmalfibeln für Wedau und Bissingheim überarbeiten. Das wird nicht erfolgen. Stattdessen kündigt Sprecher Sebastian Hiedels an: „Wir möchten eine allgemeingültige Handreichung für alle Denkmalsiedlungen in der Stadt entwickeln, anstatt die Denkmalschutzfibeln für Bissingheim, Wedau und allen anderen Denkmalschutzsiedlungen individuell zu überarbeiten.“ Bis Jahresende soll sie veröffentlicht werden.

>> STIFTUNG DENKMALSCHUTZ: NICHT NUR AUF DENKMALEN DAS KLIMA SCHÜTZEN

  • Nach Zahlen der Deutschen Stiftung Denkmalschutz stehen in Deutschland drei bis vier Prozent der Gebäude unter Denkmalschutz, in NRW 1,5 Prozent. Auf ihrer Homepage schreibt sie: „Will man durch die Installation von Photovoltaik-Anlagen einen spürbaren Beitrag zur Energiewende leisten, so stellen die 96 Prozent der nicht-denkmalgeschützten Gebäude ein weitaus effektiveres Potenzial dar.“
  • Die Stiftung fordert, statt vieler Kleinanlagen geeigneten Großanlagen zu errichten, beispielsweise auf Lager- und Produktionshallen, Wohnsiedlungen, Parkhäusern oder öffentlichen Bauten. Das sei sinnvoller, effektiver und nachhaltiger.