Duisburg. Eigentlich wollte Doc Caro nur ihr neues Buch in Duisburg vorstellen. Dann war sie plötzlich gleich zweimal als Notfallmedizinerin gefragt.

Gut, dass eine Ärztin vor Ort war. Eigentlich wollte Carola Holzner, die seit der Corona-Pandemie allgemein unter dem Namen Doc Caro bekannt ist, am Mittwochabend im Duisburger Steinhof nur aus ihrem neuesten Buch „Keine halben Sachen“ lesen. Die promovierte Notfallmedizinerin, die seit Mitte 2021 an der Hamborner Helios St. Johannes Klinik arbeitet, musste allerdings im Rahmen ihres Auftritts gleich zweimal das Mikrofon beiseitelegen, um kollabierte Besucher ihrer Lese-Show ärztlich zu versorgen.

Am Donnerstagvormittag konnte Dagmar Kessel vom Steinhof-Vorstand zum Glück Entwarnung geben: „Dank des schnellen Eingreifens von Carola Holzner ist alles gut ausgegangen, auch wenn es anfangs dramatisch aussah.“ Dabei hatte die Medizinerin zu Beginn gewarnt: „Manche Geschichten sind nicht einfach zu ertragen, sind nichts für schwache Nerven.“

Ihr Zusatz: „Aber Duisburg kann das ab“, galt aber wohl nicht für jeden der rund 400 Besucher, die mit großem Interesse die dramatischen, berührenden, aber auch von Situationskomik geprägten Schilderungen aus dem Berufsleben der Notfallmedizinerin verfolgten. Ein beträchtlicher Anteil der meist weiblichen Besucher kannte wohl die Gegebenheiten im Gesundheitswesen aus eigener Erfahrung, wie manche Reaktion auf Caros Aussagen vermuten ließ.

Warum Doc Caro in Duisburg ein echtes Heimspiel hatte

Die aus zahlreichen Talkshow-Auftritten und TV-Doku-Serien bekannte Ärztin griff bei ihren „Plaudereien aus dem Arztköfferchen“ die Zwischenbemerkungen aus dem Publikum gerne auf und ging darauf spontan ein. Den Auftritt im Huckinger Steinhof bezeichnete Carola Holzner als „Heimspiel“. Und das nicht nur, weil die in Mülheim wohnhafte Medizinerin ihren Arbeitsplatz in Hamborn hat, sondern auch, weil ihre Familie väterlicherseits aus dem Duisburger Norden stammt.

Dr. Carola Holzner an ihrem Arbeitsplatz in Duisburg-Hamborn.
Dr. Carola Holzner an ihrem Arbeitsplatz in Duisburg-Hamborn. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Dazu kommt noch, dass die heute 40-Jährige am Duisburger St.-Hildegardis-Gymnasium ihr Abitur gemacht hat. Zu Beginn des Leseabends benannte die mittlerweile zum Medienstar gewordene Notfall-Expertin ein Problem, das allen Rettungsteams zu schaffen macht: „Machen Sie sich bitte den Unterschied zwischen einem Rettungswagen und einem Krankentransport klar.“ Viel zu oft werde die „112“ angerufen, diese Nummer solle aber nur echten Notfällen vorbehalten bleiben. „Wir kommen mit einer fast kompletten Intensivstation raus, müssen dann aber oft feststellen, dass es sich eigentlich um Lappalien handelt.“

Doc Caro berichtet auch von skurrilen Situationen, die in der Notfallambulanz immer wieder vorkommen: „Manchmal denkt man, gleich kommt einer aus der Sendung „Verstehen Sie Spaß um die Ecke“. Ist aber oft Realität, wie in dem Beispiel, als ein Mann dem diensthabenden Ärzteteam einen Gefrierbeutel mit seinem letzten Stuhlgang auf den Tisch legt. Den verdutzten Medizinern erklärt er, dass er seit längerer Zeit Bauchschmerzen habe und dass man doch bitte sein bizarres Mitbringsel untersuchen möge.

Carola Holzner: Zuschauer loben sensible und menschliche Art

Petra Waldorf aus Wanheim empfand den Leseabend mit Doc Caro frisch und belebend: „Sie kommt gut rüber, spricht unsere Sprache, findet direkt den Zugang zum Publikum. Carola Holzner wirkt sensibel, menschlich und zeigt viel Mitgefühl.“ Das wurde bei ihrer Schilderung über den Einsatz bei einer Familie, die gerade ihr zwölf Wochen altes Töchterchen verloren hatte, besonders deutlich.

Holzner, selbst zweifache Mutter, stockt oft, wenn sie die Geschichte vorträgt: „Als wir ankamen, lag das kleine Mädchen tot in ihrem Bettchen. Vor dem Haus knieten Frauen mit Kopftüchern und wehklagten. Der Vater konnte die Situation nicht erfassen, schlug immer wieder mit der Faust gegen den Türrahmen, die Mutter wollte nicht akzeptieren, was geschehen war.“

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Immer wieder hielt Doc Caro beim Lesen inne, musste sich Tränen aus den Augenwinkeln wischen. „Diese Bilder werde ich nie vergessen, die haben sich bei mir festgesetzt“, erklärte sie immer noch tief bewegt. Sie erzählte die Geschichte der von tiefer Trauer befallenen Mutter weiter: „Bei ihr zeigten sich am gleichen Abend plötzlich Symptome eines Herzinfarktes.“ Die bestätigten sich zum Glück nicht, aber: „Solche psychischen Extrem-Belastungen können das durchaus auslösen.“ Sie erklärt: „Die Mutter hatte einfach ein gebrochenes Herz.“

>>Doc Caro ist mit Buch auf Lesetour

  • Derzeit ist Carola Holzner auf Lese-Tour. Rund 20 – zum großen Teil ausverkaufte – Termine stehen allein 2023 auf dem Programm.
  • Im Buchhandel ist ihr im Fischer-Verlag erschienenes Taschenbuch „Keine halben Sachen – Wie die Notaufnahme den Blick aufs Leben verändert“ unter der ISBN 978-3-596-70827-7 erhältlich.