Duisburg. Als letzte Bruderschaft im Duisburger Süden haben nun auch die Sermer St. Sebastianer Frauen zugelassen. Warum das so lange gedauert hat.

Der Fortschritt lässt sich auch in Serm nicht aufhalten, auch wenn es manchmal lange dauert. Was bei anderen Schützenbruderschaften im Duisburger Süden schon seit vielen Jahren üblich ist, wurde nun auch bei den Sermer St. Sebastianus-Schützen Realität. Auf der Versammlung am 25. September wurde mit großer Mehrheit beschlossen, künftig auch Frauen als Mitglieder zuzulassen.

Die Letzten im Bistum ohne Frauen Die Sermer St. Sebastianus Schützenbruderschaft

Brudermeister Ludger Heesen, dessen Urgroßvater Ludwig dieses Amt bereits im Gründungsjahr 1927 bekleidete, gibt zu, dass man mit der Aufnahme von Schützen-Frauen sehr spät dran sei. Schützen-Urgestein Hans Eck wird noch konkreter: „Wir sind die Letzten im Bistum Essen, die Frauen zugelassen haben.“

Wie es zu dem eher traurigen Rekord gekommen ist, dafür hat Heesen keine richtige Erklärung. Als erzkonservativ möchte er die Sermer Bruderschaft auf keinen Fall bezeichnen, es habe sich einfach „nicht die Frage gestellt“, die Aufnahme von Frauen sei irgendwie „nie ein Thema gewesen“.

Auf dem Wappen der Jägerkompanie ist nun neben dem Hirsch auch eine Hirschkuh zu sehen.
Auf dem Wappen der Jägerkompanie ist nun neben dem Hirsch auch eine Hirschkuh zu sehen. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Ein Thema wurde das Ganze allerdings für alle deutschen Schützenvereine, als von den Finanzbehörden die Gemeinnützigkeit von Vereinen aufgrund der Ausschließung von Frauen infrage gestellt wurde. Dazu der Vorsitzende: „Klar, das hatten wir natürlich auch im Blick, das war schon so.“

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Bis zum Sinneswandel der Bruderschaft fühlten sich die am Schützenwesen interessierten Sermerinnen ignoriert. Dazu Nadine Ragnitz: „Darüber wurde nie ernsthaft gesprochen, offensichtlich waren Frauen in der Bruderschaft nicht erwünscht.“ Viele weibliche Interessenten seien im Laufe der Jahre den benachbarten Bruderschaften in Mündelheim und Huckingen beigetreten. Dort wurden sie mit offenen Armen aufgenommen, Frauen-Kompanien waren dort längst die Regel.

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In Mündelheim gab es 2011 und 2012 sogar schon weibliche Schützenkönige. Dass Frauen nun auch in Serm – nach 95 Jahren – nicht nur schmückendes Beiwerk bei den Schützenfesten sind, sondern vollwertige Schützinnen mit allen Rechten und Pflichten, ist in hohem Maße den Mitgliedern der Jägerkompanie zu verdanken. Die Gruppierung der Sermer St. Sebastianer war schon immer fortschrittlich orientiert und neuen Entwicklungen gegenüber aufgeschlossen.

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Hans Eck, selbst Mitglied der „Jäger“, hat ein Beispiel aus dem Jahr 1952 parat, das seinerzeit für große Diskussionen sorgte und die Strukturen der Bruderschaft veränderte. Entgegen den Vorstellungen des damaligen Brudermeisters Christian Issel, der „keinen Verein im Verein“ dulden wollte, konnte die Gründung einer eigenen Kompanie, der heutigen Jägerkompanie, durchgesetzt werden.

Schützenbruderschaft Serm besteht aus zehn Kompanien

Heute besteht die Bruderschaft aus mehr als zehn Kompanien, die alten Streitigkeiten gehören längst der Vergangenheit an. Die Mitglieder der Jägerkompanie, darunter Bernd Baumann (auch Präsident der Karnevalsgesellschaft Südstern), ermunterten die am Schützenwesen interessierten Sermerinnen, der Bruderschaft beizutreten.

Als Mütter hatten einige der nun aktiven Schützendamen anlässlich des jährlichen Schützenfestes ihren Nachwuchs beim Schülerschießen begleitet, sich auch schon mal selbst an der Waffe versucht. „Das hat uns richtig Spaß gemacht“, erinnert sich Carolin Strank, die gemeinsam mit weiteren interessierten Frauen gerne das Angebot annahm, Mitglieder der Bruderschaft zu werden.

Elf Frauen machen aus der Bruderschaft noch keine „Schwesternschaft“

21 Frauen waren beim ersten Informationstreffen dabei, einen Mitgliedsantrag unterschrieben elf von ihnen. Dadurch wird aus der Bruderschaft noch lange keine „Schwesternschaft“, aber der Anfang für mehr Frauenpower – die sich ja bereits im örtlichen Karneval sehr bewährt hat – ist damit gemacht.

Die brauchtumsbegeisterten Damen haben sich der Jägerkompanie angeschlossen und keine eigene Kompanie gegründet. Eine Entscheidung, die Carolin Strank so begründet: „In der bestehenden Jägerkompanie können wir uns besser an das Schützenwesen gewöhnen. Das passt schon.“ Und Berührungsängste gibt es eh nicht, man kennt sich schließlich durch gemeinsame Aktivitäten im Sermer Karneval.

Derzeit ist man noch mit dem zünftigen Outfit beschäftigt. Die weiblichen Mitglieder der Jägerkompanie werden im schicken Dirndl bei den offiziellen Anlässen auftreten, ein neues Emblem für die Kompanie haben die Schützendamen um Carolin Strank auch schon entworfen. Darauf ist nun nicht nur ein Hirsch zu sehen, sondern auch – als weibliche Komponente – eine Hirschkuh.

Hans Eck kann damit gut leben. Eine Grenze zieht er allerdings: „Einen Rock zieh ich auf keinen Fall an.“

>> Noch keine Schützenkönigin

  • Eine Schützenkönigin wird es im nächsten Jahr noch nicht geben. Um auf den Vogel um die Königswürde zu schießen, ist eine mindestens einjährige Mitgliedschaft erforderlich.
  • Aber die neuen Dirndl dürften beim festlichen Schützenzug im Mai des nächsten Jahres schon ein Hingucker werden.