Duisburg. In Duisburg-Rahm sind jede Woche Dudelsackklänge zu hören. Was hinter den Klängen steckt und wann man sie hören kann – bei Probe und Auftritt.
Als der Sarg von Queen Elizabeth am 19. September in die königliche Gruft der St. George’s Chapel hinabgelassen wurde, spielte Major Paul Burns vom Royal Regiment of Scotland vor den Augen der ganzen Welt das Lieblingslied der Queen auf dem Dudelsack: Sleep, dearie, sleep. Ein Lied, das auch die Band „The Rhine Area Pipes & Drums“ seit Jahren in ihrem Repertoire hat. Wer donnerstagabends in Duisburg-Rahm die Fenster öffnet, kann den Dudelsackklängen der zwölfköpfigen Band lauschen – fernab von der Insel.
Ein Dudelsack kann Lautstärken von durchschnittlich 130 Dezibel erreichen
Wobei Lauschen auch nur auf Entfernung stimmt. Eine durchschnittliche Lautstärke von rund 130 Dezibel erreichen die Pfeifen des Dudelsacks. Die schrillen Töne lassen die Wände förmlich beben. Hinzu kommen die markanten Trommelschläge auf den Drums und die Begleitung auf dem Keyboard. Gemeinsam formieren sie sich zu bekannten Melodien. Nur halt auf ihre ganz eigene Weise interpretiert.
„Hier drin kommt es einem noch lauter vor“, sind sich die Bandmitglieder einig, denn als Proberaum ist das geflieste und nur karg ausgestattete Schützenheim am Reiserpfad eigentlich nur bedingt geeignet. „Aber wir sind mehr als nur froh, hier regelmäßig proben zu können“, sagt Klaus Glocksin, eines der drei Gründungsmitglieder der Band. In den letzten Jahren musste die Dudelsackband sich nämlich mehrfach neue Probestätten suchen. „Wir waren schon auf Polizeigelände, bei der Bundeswehr und in verschiedenen Sporthallen.“
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Bei der Liebe zu dem ganz speziellen Musikinstrument hat jedes Bandmitglied seine eigene Geschichte. Bei Klaus Glocksin gab es erst Abneigung, bevor das Interesse wuchs. „Ich fand den Klang einfach furchtbar“, erinnert sich der heute 77-Jährige an Auftritte irischer Dudelsackspieler in Düsseldorf. „Irgendwann habe ich dann einen Dudelsack bei meinem Freund Chris Faust gesehen und mir gedacht, das muss doch besser gehen, und hab es einfach mal ausprobiert.“
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Dass sich Klaus Glocksin autodidaktisch das Spielen beigebracht hat, ist mittlerweile fast 50 Jahre her. Genau wie die Gründung der „The Rhine Area Pipes & Drums“. Damals übernahm Chris Faust den Part an den Trommeln und schnell war mit Peter Bongartz, der in Düsseldorf als dudelsackspielender Polizei-Kommissar bekannt war, die kleine Band vorerst komplett. „Dass mich dann bei einem Auftritt ein Dudelsackspieler der Rheinarmee zur Seite genommen hat und mir das Spiel von Grund auf neu beigebracht hat, erwähne ich hier jetzt besser nicht“, sagt der Senior der Band. Das jüngste Mitglied Cedric Rexforth ist übrigens gerade einmal 20 Jahre alt – allerdings kein Dudelsackspieler, sondern Drummer.
Über die Jahre hinweg wuchs die Band auf 15 Mitglieder. „Durch Corona haben wir allerdings ein paar Federn gelassen, heute sind wir noch zwölf“, sagt Pipe Major Markus Servos. Der 43-Jährige begann nach einem Ständchen zu seinem 30. Geburtstag mit dem Dudelsackspielen. „Ich war total fasziniert und wollte das unbedingt auch ausprobieren“, sagt Markus Servos, der seit 2018 Band-Leader ist. Erste Anläufe, das Dudelsackspielen mit einem Buch zu erlernen, waren jedoch „kläglich gescheitert“. „Also habe ich Unterricht bei den Bandmitgliedern Frank Kessel und Nils Bosshammer genommen. Das lief dann doch etwas besser.“ So gut, dass er sein Können weiter vertiefte und sich schnell zu einem der führenden Spieler in der Band entwickelte.
The Rhine Area Pipes & Drum ist aktuell eine reine Männerband
Aktuell sind es nur Männer, die bekannte Songs wie Sailing, Mer losse dr Dom in Kölle, Y.M.C.A. oder Salute to Willie, the Royal Fendersmith spielen. „Wir hatten auch mal eine Frau dabei, aber ihr wurde das mit den Auftritten zu zeitintensiv“, sagt Markus Servos, der dabei seinen Dudelsack zusammenschraubt, damit die Probe endlich beginnen kann. Bis die Band akustisch aufeinander eingestimmt ist, dauert es nämlich gute 20 Minuten. Die Pfeifen werden minimal zusammen oder auseinander gedreht, bis die Töne harmonieren. Dann bleiben den Dudelsackspielern eine bis eineinhalb Stunden für den Auftritt. „Danach klingen die Töne nicht mehr richtig, die Pfeifen, der Sack, alles ist nass.“
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650 Euro aufwärts kostet ein Dudelsack – der teuerste in der Band knapp 5000 Euro – , die Stücke kennen alle auswendig. Geprobt wird hauptsächlich im Schützenhaus in Rahm. Wenn es nicht gerade wie im vergangenen Sommer über 30 Grad heiß wird, bleiben die Fenster dort auch meistens bei den Proben geschlossen. „Es sei denn, wir üben unsere Märsche“, sagt Servos. Dann werden die Fenster geöffnet, damit der Sound des begleitenden Keyboards auch mit nach draußen klingt. Spätestens dann verbreiten sich in Rahm wieder die schottischen Dudelsackklänge der „The Rhine Area Pipes & Drums“.