Duisburg. Max Bilitza bringt „High Field“ auf die Bühne. Die Premiere musste coronabedingt abgesagt werden. Es gibt aber schon einen neuen Termin.

„Duisburg-Hochfeld ist ein schimmernder, verwirrender Stadtteil, der im Kopf schneller Gestalt annimmt als vor dem bloßen Auge“. Das sagt Choreograph Max Bilitza über den Stadtteil – und damit auch über die von ihm geleitete Tanzperformance „High Field“, die nach einer coronabedingten Absage nun am 8. Mai im Stadttheater ihre Premiere feiert.

[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]

Wie Bilitza das meint, zeigt sich beim Probenbesuch in Neudorf. Auf der Tanzfläche tummeln sich mit Phaedra Pisimisi, Camila Scholtbach und Doralisa Reinoso de Tafel drei Tänzerinnen, die auch choreographisch tätig sind. Wichtigste Requisite für die drei Künstlerinnen sind aufblasbare Einhörner. Klingt abwegig, „aber die Einhörner stehen für die Atmosphäre in Hochfeld“, erklärt Bilitza. Genau so gegensätzlich, überraschend, träumerisch wie die Fabelwesen sei nämlich auch der Stadtteil.

Duisburg: Junge Hochfelder sprechen über ihren Stadtteil

Um den Stadtteil originalgetreu tänzerisch abzubilden, hat Max Bilitza mit 15 jungen Hochfeldern einen Schreibworkshop veranstaltet und über ihre Heimat geredet. Ihre Beobachtungen und Zitate sind auch während des Stücks zu hören – eingesprochen von den Jugendlichen selbst. Zunächst aber ziehen die Tänzerinnen ihre Einhörner durch die Tanz-Manege, hüpfen gelegentlich vergnügt und ertasten und erforschen die Fabelwesen von Kopf bis Fuß.

Multifunktionseinhorn: Für Phaedra Pisimisi und ihre Kolleginnen funktionieren die aufblasbaren Fabelwesen des Stücks „High Field“ über Duisburg-Hochfeld auch als Kleidungsstücke.
Multifunktionseinhorn: Für Phaedra Pisimisi und ihre Kolleginnen funktionieren die aufblasbaren Fabelwesen des Stücks „High Field“ über Duisburg-Hochfeld auch als Kleidungsstücke. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Aus dem Off erklinge die Zitate der jungen Duisburger, besonders eindrucksvoll und nachdenklich: „Wie selten habe ich die Stadt lächeln gesehen.“ Derweil werden die Einhörner weiter malträtiert, wie im Wind wiegen sich die Künstlerinnen mit den aufblasbaren Tieren, fast romantisch-partnerschaftlich, da gibt es auch mal ein Küsschen für’s Einhorn.

„Hochfeld fühlt sich an wie Urlaub“

Im nächsten Moment lassen die drei Damen die Luft raus, nicht aus der Performance, sondern aus den Einhörnern. Als Rock um die Hüfte geschlungen lassen die Fabelwesen die Tänzerinnen wie Derwische durch den Raum fegen, dann haben die Einhörner Feierabend, die Staubwedel sind dran. Die zweite wichtige Requisite ist dabei noch metaphorischer als die Einhörner, wahlweise dienen die bunten Puschel als Besen, als Rückenkratzer, als Hasenohren oder als Fühler sterbender Insekten.

Dass die drei Tänzerinnen bloß einmal während der Performance sprechen, macht diesen eine Ausnahme ganz besonders. Sie tragen Daten über Hochfeld vor, etwa, dass es bloß eine Wahlbeteiligung von fünf Prozent gibt oder dass jeder zweite einen Migrationshintergrund hat. Genauso aber auch Vorurteile und Vorzüge Hochfeld, etwa, dass sich das Leben hier draußen abspielt und sich ein Spaziergang durch den Stadtteil deswegen anfühlt wie Urlaub im Süden.

Klischees über Türken, Bulgaren und Almans

Seinen Höhepunkt und sein Finale erreicht „High Field“ in einem Schachspiel, wie die Tänzerinnen den letzten Akt der Performance nennen. Angelehnt an die Zitate der jungen Hochfelder, die auch mit Klischees über Türken, Bulgaren und „Almans“ spielen, „entscheiden“ die Künstlerinnen über Menschen. „Gleichzeitig“, sagt Pisimisi, „verkörpert das Spiel auch die Machtlosigkeit von uns Menschen, gerade in der aktuellen Situation“.

Klingt komisch, soll aber so: Der Duisburger Choreograph Max Bilitza hat „High Field“ mit Absicht metaphorisch konzipiert – als Projektionsfläche für die Zuschauer und ihre Meinung über den Stadtteil Hochfeld.
Klingt komisch, soll aber so: Der Duisburger Choreograph Max Bilitza hat „High Field“ mit Absicht metaphorisch konzipiert – als Projektionsfläche für die Zuschauer und ihre Meinung über den Stadtteil Hochfeld. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Dass die Beschreibung des Stücks kryptisch klingt ist durchaus intendiert. „Man sieht nur, was man kennt“, sagt Bilitza und erklärt, dass seine Performance viel mehr eine „choreographische Installation“ sei. Metaphorisch vor allem, sodass jeder Zuschauer das Fleisch seiner eigenen Erfahrungen auf das Skelett projizieren kann, dass die Tänzerinnen auf die Bühne bringen.

>> HIGH FIELD: NEUER TERMIN FÜR DEN TANZABEND

  • Die Premiere des Tanzabends am 29. März wurde kurzfristig von den städtischen Kulturbetrieben abgesagt, doch es gibt bereits einen neuen Termin.
  • Die Premiere soll am Sonntag, 8. Mai, im Theater Duisburg nachgeholt werden. Wie Choreograph Max Bilitza mitteilt, behalten die Karten ihre Gültigkeit oder können zurück gegeben werden. Fragen beantwortet die Theaterkasse am Opernplatz, 0203 283 62 100.