Duisburg-Ruhrort. Es gibt einen Neuzugang im Kreativquartier Ruhrort. Edel Vostry hat eine Galerie eröffnet. Beim Besuch berichtet sie von ersten Eindrücken.

In dem luftig hellen Ausstellungssaal mit den grün gestrichenen Eisensäulen an der Ecke Weinhagenstraße/Harmoniestraße ist eine Galerie auf Zeit entstanden. Die Hausbesitzerin Brigitte Ommeln hat die befreundete Künstlerin Vostry gebeten, ihr Gebäude und den Stadtteil mit neuen Blickpunkten anzureichern und aufzuwerten. Das Ladenlokal hat schon viele Nutzungen erlebt, war zuletzt Yogastudio und Standort für eine Tierheilpraxis. Nun ist es eine Pop-Up-Galerie und wird zunächst mal bis Ende August wechselnde Werke der gebürtigen Thüringerin zeigen.

Durch die großen Schaufenster vermitteln Vostrys Bilder beim Vorübergehen einen schnellen Eindruck von sommerlichem Grün und Gold. „Aber ich habe Pläne, hier im August alles in kräftiges Rot zu tauchen“, erzählt Vostry und strahlt unternehmungslustig.

Edel Vostry durfte in der ehemaligen DDR nicht studieren, also zog sie nach Dortmund.
Edel Vostry durfte in der ehemaligen DDR nicht studieren, also zog sie nach Dortmund. © FUNKE Foto Services | Foto: Jörg Schimmel

Ruhrort hat schon angefangen, sie zu inspirieren. „So viel Offenheit und positive Neugier habe ich noch nie erlebt“, stellt sie fest. Sie bekam zur Vernissage Blumen geschenkt, die Leute kommen auf einen Schwatz vorbei und bewundern ihre Werke.

Paraffin-Föten verstören - und wurden von Instagram gesperrt

Vostry hat vier Jahre nicht mehr ausgestellt. Sie hatte sich schon lange vor dem allgemeinen Lockdown in ihr großes Atelier in Wetter an der Ruhr zurückgezogen, um sich fern vom Ausstellungsstress auf neue künstlerische Ausdrucksformen konzentrieren zu können. Sie brauchte allein zwei Jahre, um ein Material zu finden, das die Serie an Skulpturen möglich machen könnte, die ihr vorschwebten. Aus dem Paraffingemisch, das sie schließlich fand, gießt sie in Hohlformen aus Ton zum Beispiel Embryonen.

Jeder Embryo ist ein Unikat. „Wenn ich in der Form die Farben anlege, weiß ich selber nie, ob er so aussieht, wie ich mir das vorgestellt habe“, sagt Vostry. Sie wählte einen Embryo in der 24. Schwangerschaftswoche als Model, „dann ist es für eine Abtreibung zu spät“ und weil „da schon das ganze Leben bis zum Ende drinsteckt“. Tausend Stück sollen es am Ende werden.

Schon ein Bild mit 100 gruppierten Paraffin-Föten wirkte scheinbar so verstörend, dass Instagram die Verbreitung des Bildes sperrte. Mit welcher Begründung diese Zensurmaßnahme einherging konnte Edel Vostry trotz Anfrage bisher nicht herausbekommen. Sie ist nicht ohne Erfahrung, was Einschränkungsversuche ihrer künstlerischen Entwicklung angeht. Sie durfte in der DDR nicht studieren, machte stattdessen erst eine Ausbildung zur Bildhauerin und wechselte dann zum Studium der freien Kunst und Objektdesign nach Dortmund.

Zwei lebensgroße Männerfiguren werden das nächste Projekt

Edel Vostry nutzt ein leer stehendes Ladenlokal als Galerie.
Edel Vostry nutzt ein leer stehendes Ladenlokal als Galerie. © FUNKE Foto Services | Foto: Jörg Schimmel

Sie hat nie vergessen, wie ihr der Gedanke eines künstlerischen Daseins das erste Mal kam. Sie ging noch zur Schule, als sie bei einer Führung durch den Erfurter Dom vom Anblick einer lebensgroßen Steinfigur überwältigt wurde. „Ich dachte, das muss doch der schönste Beruf der Welt sein, so etwas schaffen zu können“, erinnert sie sich noch heute. Deshalb hat sie nie etwas anderes gemacht. Obwohl es nicht leicht ist, als Künstlerin zu leben, übt sie den für sie schönsten Beruf der Welt inzwischen seit 40 Jahren aus.

Ihre Ungeborenen provozieren und verstören, das ist ihr schon bewusst. Vielleicht wird sie sie in Ruhrort zeigen. Im Ausstellungsraum hört man, was draußen vor den Fenstern gesprochen wird. Sie kann jeder Zeit rausgehen und sich in entstehende Diskussionen einmischen, wenn sie will.

Bei einem anderen Projekt hat sie gerade unverhofft lokale Unterstützung angeboten bekommen. Sie plant eine Pieta mit zwei lebensgroßen Männer-Figuren, von denen eine komplett tätowiert sein soll. Aber sie selber versteht von Tätowierungen nichts. Und prompt outete sich ein zufälliger Gesprächspartner als ortsansässiger Tattoo-Experte, der gern sein Wissen über permanente Körperbilder bei der Bemalung ihrer Figur zur Anwendung bringen möchte. „Ist schon richtig spannend im Kreativquartier“, findet Edel Vostry und serviert Kaffee und Kekse aus der winzigen Teeküche neben ihren Ausstellungsraum.

Wer weiß, was ihr noch alles in Ruhrort über den künstlerischen Weg laufen wird und ob sie ihren Aufenthalt nicht doch verlängern muss.

Die aktuellen Öffnungszeiten

Aktuelle Öffnungszeiten ihrer Ausstellung, die vom 1. Juni bis zum 31. August zu sehen ist, macht Vostry im Schaufenster bekannt. Auf ihrer Internetseite www.edelvostryart.shop kann man sich einen Eindruck ihrer Kunst verschaffen. Sie öffnet auch auf telefonische Absprache. Kontaktaufnahme unter der Rufnummer 0179/ 2 30 58 28