Duisburg-Wedau. Für die Renaturierung des Dickelsbachs fällen die Wirtschaftsbetriebe etliche Bäume. Anwohner protestieren: Tiere würden verletzt und vertrieben.
Seit vergangener Woche fällen die Wirtschaftsbetriebe Duisburg (WBD) am Ufer des Dickelsbach dutzende Bäume. Der Bach soll dadurch „naturnäher“ gestaltet werden. Doch dagegen regt sich Protest: Die Anwohner klagen nicht nur über den deutlich lauteren Straßenlärm auf ihren Grundstücken, sondern auch über verletzte und vertriebene Tiere. Sie stellen die Sinnhaftigkeit einer Renaturierung durch das Abholzen von Bäumen infrage.
Derzeit fressen sich Bagger und Motorsägen durch einen Abschnitt von rund hundert Metern in dem Waldstück nördlich der Kreuzung Großenbaumer Allee/Neidenburger Straße. Zahlreiche mächtige Stämme anscheinend gesunder Bäume stapeln sich entlang der großen Verkehrsachse. Bis Januar 2021, so kündigen die WBD an, soll auch das Stück bis zur Wedauer Straße und bis zum Pregelweg am Gelände der Sana-Kliniken gerodet werden. Betroffen ist ausschließlich das linksseitige Ufer des seit Jahren trocken liegenden Dickelsbachs.
Anwohner: Wirtschaftsbetriebe haben Baumfällung nicht angekündigt
Gemäß der EU-Wasserrahmenrichtlinie, die eine Verbesserung des Zustands von Gewässern vorschreibt, soll der geradlinig verlaufende Bach einige Kurven bekommen. Die Wirtschaftsbetriebe wollen geeignete Uferböschung pflanzen, soll das ökologische System des Ufers gestärkt werden.
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Die Anwohner des Ortelsburger Rings wurden von den Plänen überrascht: Denn in der Mitteilung der Wirtschaftsbetriebe war das Wort „Abholzen“ nicht enthalten. Zwischen Donnerstag und Freitag seien aber binnen kürzester Zeit über hundert Bäume gefällt worden, sagen die Anwohner. „Wir wurden nicht gefragt und hatten auch keine Zeit zu reagieren“, klagt Leyla Jouvana Hohmann, die gegenüber wohnt. „Die angebliche Renaturierung des Dickelsbachs bringt mehr Schaden für Mensch und Tier als der ökologische Nutzen jemals hervorbringen kann“, meint sie.
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Ihre Nachbarn wollen verletzte und blutende Igel gesehen haben, zahlreiche Vögel und Eichhörnchen seien in ihren Garten geflüchtet, die Fledermaus-Population, die in den Bäumen lebte, sei ganz vertrieben worden.
Anwohner fürchten Wertminderung ihrer Grundstücke durch Lkw-Lärm
Dort, wo früher das Grün dominierte, liegt nun eine Schneise, die den Blick auf die Großenbaumer Allee freigibt. „Wir sind hier hingezogen, weil wir Ruhe haben wollten. Jetzt aber können wir den Lkw-Lärm von der Straße deutlich hören, selbst bei geschlossenen Fenstern“, schildert Hohmann, die wie ihre Nachbarn eine Wertminderung ihres Grundstücks fürchtet. „Es nutzt uns auch nichts, wenn neue Bäume gepflanzt werden. Bis die so groß sind wie die alten, vergehen viele Jahre.“
Zusammen haben die Anwohner am Sonntag eine Protestaktion gestartet und ein Banner zwischen die noch stehenden Bäume gehängt. „Stoppt sinnloses Abholzen für einen trockenen Bach“ steht darauf in roter Schrift und in Großbuchstaben geschrieben. Zusätzlich läuft eine Petition gegen die Abholzung, die bis zum Mittag rund 130 Unterstützer hat. In den Kommentaren fordern sie den Erhalt des Waldes in seiner bisherigen Form. Auch an dem Waldstück versammeln sich am Montagvormittag immer wieder Menschen.
>> DIE EU SCHREIBT VOR: GEWÄSSER MÜSSEN VERBESSERT WERDEN
- Die EU-Wasserrahmenrichtlinie, auf die sich die Wirtschaftsbetriebe berufen, wurde im Dezember 2000 erlassen. Sie schreibt vor, dass sich Gewässer jeder Art nicht verschlechtern dürfen und Maßnahmen getroffen werden müssen, die ihre Qualität verbessern.
- Dazu gehört insbesondere der Schutz aller Arten v on Gewässern, die Wiederherstellung der Ökosysteme rund um oder in diesen, die Reduzierung der Wasserverschmutzung, und dass Privatpersonen wie Unternehmen nachhaltig mit dieser Ressource umgehen.