Duisburg-Hüttenheim/Huckingen. Marianne Lürzel meint, laut Deichschutzverordnung hätten die Bäume nicht gefällt werden dürfen. Wie die Wirtschaftsbetriebe die Lage beurteilen.
Marianne Lürzel liebt den Weg am Angerbach. Im Schatten der Bäume geht die Huckingerin dort ihrem Walking-Training nach. Doch Schatten hat es entlang des Wassers nicht mehr, denn die Wirtschaftsbetriebe haben vor kurzem alle Bäume gefällt, aus Gründen des Hochwasserschutzes. Doch Lürzel ist sich sicher: „Es dürfen keine neuen Bäume gepflanzt werden, das stimmt – aber von Absägen steht da nichts.“
Als sie neulich wieder ihre Runde drehte, war sie erschrocken über das Bild, das sich ihr an dem Bach bot: „Eine Mondlandschaft“, sagt sie. Abgesägte Baumstümpfe, das Restholz auf mehreren Haufen zusammengetragen. „Das ist ein Naherholungsgebiet, nun steht da kein Baum, kein Strauch mehr“, echauffiert sie sich.
Deichschutzverordnung sagt nichts zu Fällung von Bäumen, nur zur Pflanzung
„Ich habe beim Umweltamt der Stadt angerufen. Dort hatte man zwar Verständnis für meine Beschwerde, sagte mir aber, die Bäume dürften dort aufgrund des Hochwasserschutzes nicht stehen“, sagt sie. Lürzel wandte sich an das Dezernat für Wasserwirtschaft und Umweltschutz des Innenministeriums in Düsseldorf. Die dortigen Beamten erklärten ihr, dass die Bäume nicht hätten abgeholzt werden dürfen – denn in der Deichschutzverordnung der Bezirksregierung ist nur von einem Pflanzverbot von Bäumen auf oder in der Nähe von Deichen die Rede, nicht aber von deren Fällung.
Volker Lange, Sprecher der Wirtschaftsbetriebe Duisburg, erklärt die Arbeiten dennoch für gerechtfertigt: „Die Bäume, die auf dem Deich stehen, verhindern den Abfluss der Anger im Hochwasserfall und können für die Standsicherheit des Deichs ein Gefahrenpotenzial darstellen. Insofern ist es rechtmäßig und auch notwendig, die Bäume zu entfernen.“ Dies sei gemäß der Deichschutzverordnung geschehen. Den Auftrag erhielten die Wirtschaftsbetriebe, die auch für die Pflege von Bäumen zuständig sind, auf Geheiß der Bezirksregierung Düsseldorf.
Nistende Vögel verhindern Abtransport von gefälltem Holz
Dass sich jahrelang niemand an den Bäumen am Ufer des Angerbachs gestört hat, hängt mit der damals vorherrschenden Deichbauweise zusammen: Man nahm fälschlicherweise an, Bäume und Sträucher würden eine ähnlich stabilisierende Wirkung aufweisen wie eine Böschung, jedoch können umstürzende Bäume mit ihren Wurzeln Löcher in den Deich reißen. Außerdem können sich ausbreitende Wurzeln die Abdichtung des Deichs gefährden.
Die Bäume am Angerbach wurden bereits im Februar gefällt, dann kam Sturm Sabine, und die Aufräumarbeiten mussten für mehrere Tage unterbrochen werden. „Mittlerweile hatten sich aber die ersten Vögel in den Ästen eingenistet. Im Sinne des Vogelschutzes bleiben die Äste noch bis Ende des Sommers liegen und werden dann abgetragen“, so Lange. Grundlage dafür sei die Vogelschutzsatzung, die zwischen März und September gültig ist. Da ab November die Hochwassersaison beginne, könnten die überstehenden Baumstümpfe erst nächstes Jahr abgetragen werden.