Mitte. Die Cartwheelers spielten in der Notkirche. Ein beschwingt-fröhlicher Abend, der bewies: Dixie ist ein Evergreen. Und er macht jede Menge Spaß.
Dixieland - das hat nichts mit den blauen Baustellenklos zu tun, sondern vielmehr mit dem alten, dem „traditionellen“ Jazz aus den amerikanischen Südstaaten, besonders aus New Orleans, Louisiana. In Duisburg veranstaltet Posaunist und Sänger Claus Küpper schon seit Jahren Dixieland-Abende in der Notkirche in Duissern. So auch am Freitag; die begeisterte Fangemeinde lauschte bei Schnittchen, Minipizzen und Rotwein den „Cartwheelers“, der Band von Veranstalter Küpper.
Der Musiker hielt sich nicht mit langen Reden auf, begrüßte kurz das Publikum und ließ dann die Instrumente sprechen. Auf der Bühne stand die klassische Dixie-Besetzung: Blech- und Holzbläser an der Front, dahinter Banjo, Drums und, je nach Arrangement, Sousaphon oder Bass. Die gestandenen Musiker auf der Bühne waren hörbar eingespielt, die spielerische Leichtigkeit, die die Band an den Tag legte, war Zeugnis für die vielen tausend Stunden Dixieland, die die Cartwheelers schon in den Knochen haben.
Ein bisschen Wehmut gehört dazu
Nun können der alten Kunst des Dixielands viele, berechtigte, Vorwürfe gemacht werden: Innovationslosigkeit, dekadenlange Stagnation und harmonisch wie melodische Eintönigkeit etwa. Auf keinen Fall absprechen kann man der Musik aber den nahezu greifbaren Spaß und eine fröhliche Ausgelassenheit, die auch die Besucher am Freitag vom ersten Ton an packte.
Nicht ein Zuhörer saß still auf seinem Stuhl, nicht ein „Experte“ analysierte mit wissender Miene den „cleveren Einsatz eines #11-Akkords“ und sogar die omnipräsente Jazzpolizei war nicht in die Notkirche nach Duissern gekommen. Das kontrollierte und geübte musikalische Durcheinander auf der Bühne zauberte nicht nur den Musikern, sondern auch dem Publikum ein breites Dauergrinsen ins Gesicht. Zusätzlich zum gekonnten Ensemblespiel bestach die Musik der Cartwheelers nämlich auch mit vielen Solopassagen, die die Musiker ganz im Stile der alten Dixie-Meister absolvierten.
Zum Repertoire der sechsköpfigen Band gehörten nicht nur „reine“ Dixie- und New-Orleans-Stücke, die Musiker brachten auch Nummern auf die Bühne, die zum Standard-Vokabular aller Jazz-Stilrichtungen gehören. Das optimistisch-swingende „All of me“ und das wehmütig-sanfte „Georgia on my mind“ gab es deswegen auch zu hören. Und wo der balladeske Charakter von „Georgia“ die ausgelassene Stimmung im Saal vielleicht ein wenig zu sehr heruntergezogen hätte, drehten die Künstler eben ein bisschen an der Tempo-Stellschraube, zerstückelten die melancholische Melodie und verteilten sie auf das wilde Durcheinander der drei Bläser.
Die Cartwheelers lieferten in Duissern, wieder einmal, einen Jazzabend ohne Ecken und Kanten - genau das, was Fans des „traditionellen“ Jazz hören wollen. Die Begeisterung, die der Band aus dem Publikum entgegenschlug, zeigte auch dem letzten Zweifler, was Frank Zappa schon immer wusste: (Traditioneller) Jazz ist nicht tot, er riecht nur komisch - in diesem Fall nach Minipizzen und Rotwein.