Duisburg-Buchholz. . Die Buchholzer Grundschule ist jetzt eine Kooperationsschule des Vereins „Heimatsucher“. Dieser wahrt die Geschichten von Holocaust-Überlebenden.

Was bis vor 73 Jahren in nationalsozialistischen Konzentrationslagern vor sich ging, ist nur schwer vorstellbar. Und die Zahl derer, die diese Entmenschlichung überlebt haben, wird immer kleiner. Doch das Erlebte wird von einigen Aktiven kultiviert und weitergegeben. Diese Aufgabe hat sich auch der Verein „Heimatsucher“ auferlegt. „Zweitzeugen“ nennt sich dieses Projekt.

An der Gemeinschaftsgrundschule Böhmer Straße macht man sich seine Arbeit zunutze. Und nicht nur das – die Schule ist seit dieser Woche eine offizielle Kooperationsschule mit den Heimatsuchern. „Der Verein besucht schon seit Jahren regelmäßig unsere vierten Klassen, um sie über den Holocaust aufzuklären“, sagt Lehrerin Beate Schlömer. Als sie auf die Möglichkeit einer offiziellen Partnerschaft aufmerksam wurde, wandte sie sich erneut an den Verein. Die GGS Böhmer Straße ist jetzt erst die zweite Grundschule bundesweit, die sich ein entsprechendes Schild an die Eingangstür hängen darf.

Die Lebenswelt von Gleichaltrigen

Lange sei diskutiert worden, ob die Schrecken des Holocaust nicht zu grausam für Neun- bis Zehnjährige seien. Doch genau dort setzt der Verein an. „Wir gehen auf die Lebenswelt der Schüler ein und ziehen Geschichten von Menschen heran, die genauso alt waren wie sie jetzt“, erklärt Vanessa Eisenhardt, die bei Heimatsucher als Leiterin der Bildungsarbeit tätig ist. „Es geht gar nicht so sehr um die Gaskammern und die Leichenberge. Auf die gehen wir natürlich ein, wenn wir danach gefragt werden. Aber viel mehr erzählen wir vom Alltag der Verfolgten im Nationalsozialismus“, sagt Engelhardt. „Kinder haben in dem Alter großes Mitgefühl und einen hohen Anspruch an Gerechtigkeit. Sie finden es ungerecht, wenn jemand in ihrem Alter nicht mehr in die Schule gehen darf, nur weil er Jude ist.“

31 Zeitzeugen haben ihre Geschichten erzählt

Die 31 Zeitzeugen, deren Geschichten in den Unterricht einfließen, haben die Mitarbeiter und Ehrenamtlichen des Vereins persönlich getroffen. Sie schreiben die Erlebnisse von ihnen auf und geben sie an die nächste Generation weiter. Natürlich, sagt die Historikerin Eisenhardt, sei den Mitarbeitern bewusst, dass Erinnerungen sich verändern können. „Wir betten die Aussagen auch in den Kontext ein. Wer plötzlich nachts an einen unbekannten Ort deportiert wird, nimmt seine Umgebung ganz anders war“, sagt Eisenhardt. „Zeitzeugen sind ja auch etwas anderes als historische Quellen. Aber darüber sprechen wir mit den Kindern auch.“

Am Ende des Besuchs können die Schüler den Überlebenden einen Brief schreiben. „Für viele, die im Konzentrationslager die furchtbarsten Dinge erlebt haben, ist das eine ganz tolle Erfahrung“, fügt Eisenhardt hinzu.