Duisburg-Süd.. Die Wera-Gemeinde soll eine Sekte sein. Zeugenaussagen, stundenlange Tonmitschnitte und Dokumente berichten von Druck, Überwachung und Kontrolle.

Gerüchte gibt es schon fast solange, wie es die Wera-Gemeinde gibt. Jetzt werden aus Gerüchten offenbar konkrete Beweise, jedenfalls sieht es so die evangelische Auferstehungsgemeinde Duisburg-Süd: Sie stuft die Großenbaumer Wera-Gemeinde nicht länger als Freikirche ein, sondern als Sekte. Und zieht daraus diese Konsequenz: Ihre Mitgliedschaft in der Evangelischen Allianz Duisburg, in der auch die Wera-Gemeinde Mitglied ist, lässt sie mit sofortiger Wirkung ruhen.

„Uns haben beunruhigende Nachrichten erreicht“

Immer wieder habe die Auferstehungsgemeinde in den vergangenen Jahren Aussagen von ehemaligen Wera-Gemeindemitgliedern gehört, die das Wera-Forum als Sekte erscheinen ließen, heißt es in einer Stellungnahme der Auferstehungsgemeinde. Und weiter: „In den letzten Wochen haben uns weitere beunruhigende Nachrichten aus der Wera-Gemeinde erreicht, die uns eine Gemeinschaft mit dieser Glaubensgemeinschaft unmöglich machen.“

Dabei handele es sich nicht nur um Aussagen, sondern auch um Dokumente ehemaliger Wera-Mitglieder, darunter auch insgesamt mehrstündige Tonmitschnitte. Die Inhalte dieser Dokumente „lassen für uns keinen anderen Schluss zu, als dass es sich bei der Wera-Gemeinde nicht um eine Freikirche im Sinne der Allianz handelt, sondern um eine christliche Sekte.“

Von 500 Wera-Mitgliedern sollen 80 ausgetreten sein

Rainer Kaspers, Pfarrer der Auferstehungsgemeinde, hat über einen Seelsorgefall Kontakt zu mehr als 20 Menschen, die aus der Wera-Gemeinde ausgetreten sind. Die Großenbaumer Gemeinde soll 500 aktive Mitglieder haben, von denen inzwischen allerdings 80 ausgetreten sein sollen. Übereinstimmend berichteten die ehemaligen Mitglieder von einem System aus Druck, Überwachung und Kontrolle.

Pfarrer Rainer Kaspers von der Auferstehungsgemeinde Duisburg-Süd
Pfarrer Rainer Kaspers von der Auferstehungsgemeinde Duisburg-Süd © Unbekannt | FUNKE Foto Services

„Neben den Gottesdiensten, Andachten, Bibelstunden und Hauskreisen sollen die Gemeindemitglieder auch ihre komplette Freizeit im Gemeindezentrum verbringen“, fasst Kaspers zusammen. Hinzu kommen ehrenamtliche Einsätze, die oft alles andere als freiwillig seien. Wer sich von solchen Einsätzen oder Gottesdiensten häufiger abmelde „oder im Gemeindeleben öfter unentschuldigt fehle, werde der Gemeindeleitung gemeldet“. Auch Menschen, die Kritik an der Gemeinde und ihrer Führung äußerten, würden gemeldet. Mit Druck werde versucht, die Kritik verstummen zu lassen. Gelinge das nicht, hätte das für die tiefgläubigen Menschen als letzte Konsequenz den Ausschluss aus der Gemeinde und die Exkommunizierung, den Verlust des Seelenheils, zur Folge.

Sektenbeauftragter: „Das sind Fundamentalisten“

Andrew Schäfer, Sektenbeauftragter des Landespfarramts für Weltanschauungsfragen der Evangelischen Kirche im Rheinland, lehnt das Wort Sekte ab. Dennoch wählt er deutliche Worte zur Wera-Gemeinde: „Das sind christliche Fundamentalisten. Meiner Meinung nach betreibt diese Gemeinde geistlichen Missbrauch.“

Die Auferstehungsgemeinde hat die Evangelische Allianz Duisburg gebeten, die Vorwürfe gegenüber der Wera-Gemeinde zu prüfen. Kaspers fürchtet, dass die Wera-Gemeinde in der Allianz nicht aus Gründen der Gemeinschaft Mitglied ist: „Die Wera-Gemeinde nimmt die Allianz als Feigenblatt, um sich zu legitimieren in der Stadtgemeinschaft – und es funktioniert.“

Kaspers hofft, dass das Ergebnis der Prüfung vor der Allianz-Gebetswoche mit zahlreichen Veranstaltungen in der dritten Januarwoche vorliegen wird. Ob geprüft wird, wie lange so etwas dauert: Zu solchen Fragen will sich Jürgen Muthmann noch nicht äußern: Der Vorsitzende der Evangelischen Allianz Duisburg will erst das Gespräch mit der Wera-Gemeinde suchen. Wie die Entscheidung auch ausfällt, ein Mitglied wird die Allianz verlieren: entweder die Wera-Gemeinde oder die Auferstehungsgemeinde.

<<< KEINE REAKTION VON WERA-GEMEINDE

Die Wera-Gemeinde war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.