Duisburg-Wanheim. . Boule ist ein Sport für Jedermann. Die Leistungssport-Variante Pétanque hingegen ist harte Arbeit: Pro Turnier laufen die Sportler 25 Kilometer.

Brigitte Saborni ist Leichtathletin, die 70-Jährige hält sich mit Hochsprung fit, auch mit Diskus- und Hammerwerfen sowie mit Kugelstoßen. Sie erholt sich aber von einer Hüftoperation und kann derzeit keine Leichtathletik mehr betreiben, will jedoch trotzdem weiter Sport machen. An diesem Tag probiert sie etwas Neues: Boule.

Saborni ist als Anfängerin zum Schnupperboule des SV Wanheim 1900 gekommen. Mehr als ein dutzend Vereinsmitglieder sind ebenfalls dabei, um der handvoll Neulingen auf ihrer Anlage am Honnenpfad den Sport näherzubringen. Abteilungsleiter Helmut Zeitz freut sich über die Gäste, erklärt die Regeln und leiht ihnen je drei Eisenkugeln. „Jeder Satz ist weltweit einmalig“, sagt er und zeigt die eingestanzten Muster und Nummern. So gebe es bei einer Partie niemals Streit, wem welcher Satz gehört.

Boule heißt der Freizeit-Sport, Pétanque der Leistungssport

Brigitte Saborni (vorne) hält sich sonst mit Leichtathletik fit, probiert sich aber mal im Boule.
Brigitte Saborni (vorne) hält sich sonst mit Leichtathletik fit, probiert sich aber mal im Boule. © Ute Gabriel

Nachdem die zehn Zweiermannschaften gefunden sind, beginnen die ersten Partien. Die Anfänger schlagen sich wacker. Als Brigitte Saborni etwa eine gegnerische Kugel trifft, sie damit wegschießt und zugleich ihre eigene an der Zielkugel, der sogenannten Sau oder französisch Cochonnet, platziert, applaudiert ihr Mitspieler. Er ist Ligaspieler, wie sein Vereins-Shirt verrät.

„Boule ist ein Freizeitspiel“, sagt Helmut Zeitz, „wenn man ein, zwei Stunden spielt, ist man richtig entspannt, und alle Anspannung der Arbeit fällt von einem ab.“ Dagegen bezeichnet Pétanque die Leistungssportvariante mit Ligabetrieb. Die sieht zwar genauso gemütlich aus wie die Freizeitvariante, doch es sei höchste Konzentration gefragt, „und auf einem Turnier laufen Spieler insgesamt eine Strecke von 25 Kilometern und machen 300 Kniebeugen.“

Zwei 14-jährige Fußballer probieren’s mit der Eisenkugel

So verbissen wird an diesem Morgen natürlich nicht gespielt. Zwar sind auch die Anfänger ehrgeizig, aber gegen langjährige Pétanque-Spieler haben sie keine Chance. Bei ihrem ersten Spiel verlieren die 14-jährigen Justin Herzog und Zabiüllah Hakimi gleich mit 0:6, bis ihre Gegner insgesamt 13 Punkte bis zum Partiegewinn sammeln, wird es nicht mehr lange dauern. „Wir lassen uns davon nicht die Laune verderben. Wir haben Spaß“, sagt Justin. Damit haben sie eine besondere Boule-Lektion gelernt, weiß Vereinsmitglied Günther Biermann. „Wenn man verliert, dann mit einem Lächeln. Das macht die Gegner nervös.“

Maßarbeit: Der Abstand zur Zielkugel, der
Maßarbeit: Der Abstand zur Zielkugel, der © Ute Gabriel

Die beiden Jugendlichen geben nicht auf. Bei neuen Spielen gelingen ihnen gut platzierte Würfe, und sie heimsen das Lob der erfahrenen Spieler ein. Dennoch werden die Jungs lieber dem Fußball treu bleiben. Auch Tischtennis-Trainer Jörg Mischler wird seinen Sport nicht nach seiner ersten Boulepartie aufgeben, „aber es war eine schöne Abwechslung“, sagt er, „und vielleicht packt’s mich ja noch irgendwann, und ich spiele dann regelmäßig.“

In der Hochburg Frankreich spielen viele Jugendliche Boule

Nachwuchs zu bekommen, ist laut Helmut Zeitz tatsächlich schwierig. „Die Jugend hat einfach zu viele Angebote“, als dass sie Pétanque ausprobieren wolle. Zumal dem Sport das Image eines Rentner-Hobbys anhängt. „Zu unrecht“, sagt der Abteilungsleiter; gerade in der Hochburg Frankreich seien viele Jugendliche dabei. So habe jetzt bei den World Games eine 18-jährige Französin in der Disziplin Zielschießen gewonnen. Doch auch in großen Landesverbänden wie Baden-Württemberg gibt es einige Jugendmannschaften.

Anfängerin Brigitte Saborni wird natürlich keiner Jugendmannschaft mehr beitreten, doch sie könnte Vereinsnachwuchs werden. Mit ihrer Boulepremiere ist sie zufrieden. Bisher kannte sie nur die Strandvariante Boccia aus dem Urlaub. „Boule macht mir wirklich Spaß, ich würde das gerne wiederholen“, verabschiedet sie sich vom SV Wanheim 1900. Sie hofft aber, dass es ihr gesundheitlich bald wieder so gut geht, dass sie mit der Leichtathletik fortfahren kann. Dann schlenzt sie Eisenkugeln nicht länger gefühlvoll wie beim Boule, sondern wuchtet sie beim Kugelstoßen so weit weg wie möglich.

<<< AN JEDEM SONNTAG KÖNNEN GÄSTE INS BOULE REINSCHNUPPERN

Die Boule-Abteilung des SV Wanheim 1900 besteht seit 1995 und hat derzeit 25 aktive Mitglieder. Vertreten ist der Verein in der Bezirks- und der Kreisliga. Damit zählen seine Spieler zu den 14 000 Lizenzspielern in Deutschland. Frankreich hat gut 400 000 Lizenzspieler.

Trainingszeiten der Boule-Abteilung sind dienstags und donnerstags von 17 bis 20 Uhr. Sonntags gibt es um 10 Uhr immer ein Spaßtraining: das Schnupper-Boule, zu dem Gäste willkommen sind.

Weitere Informationen gibt’s auf svw1900.de