Duisburg-Mitte. . Baum-Experte und -Fotograf Heinz Kuhlen präsentiert seine neue Ausstellung „Entwurzelung“. Dabei geht es nicht nur um Pflanzen.

Heinz Kuhlen hat sich für ein rotkariertes Holzfällerhemd entschieden. Ein ungewöhnlicher Anblick bei jemanden, der sich zum einen ganz aktiv für den Schutz der Bäume einsetzt und zum anderen stets darum bemüht ist, bei seinen Waldwanderungen von der Wurzel bis zur Krone alles ins perfekte Kamera-Licht zu bringen.

Der gelernte Gartenbautechniker Kuhlen verbindet seine Baum-Expertise und seinen künstlerischen Drang mit dem philosophisch-wissenschaftlichen Ansatz der Dendrologie, der Lehre des Baumes. Im Keller der St. Joseph-Kirche am Dellplatz ist jetzt seine vierte Ausstellung zu betrachten. Als absolut passend bezeichnet der VHS-Dozent die Räume des kirchlichen Untergeschosses: „Zwei bis drei Meter unter der Erde schlagen auch die Bäume ihre Wurzeln“.

Hochauflösende Fotos von Buchen und Birken

„Der Baum ist das Ur-Symbol des Lebens“, sagt der 76-Jährige. Und als Teil des Lebens versteht Kuhlen auch die „Entwurzelung“, der Titel seiner Präsentation. Für Mannesmann und Krupp betreute der Wanheimerorter die Grünflächenanlagen in den 1960er- und 70er Jahren. Seit dem Ruhestand macht er hochauflösende Fotos von Buchen, Birken und Kastanien, die ihm ins Auge springen. „Meine Frau meint jedes Mal, dass meine Synapsen wohl falsch gepolt sind, wenn wir wieder spazieren gehen und ich einen besonderen Baum entdecke.“

Bei seinen Wanderungen auf Rügen, durch hessische Haine oder auch im Duisburger Stadtwald hat der Künstler in den vergangenen Jahren verschiedene Entwurzelungen festgehalten. „Mit dem Wegfall der Baumschutzsatzung zum 1. Januar 2016 hat die Stadt zugelassen, dass tausende Bäume gefällt und entwurzelt werden“, ärgert sich Kuhlen. Er habe versucht, Bäume im Kantpark zu schützen, „doch wir hatten eher mäßig Erfolg“, gibt er zu.

Heinz Kuhlen findet zu jedem Motiv Metaphern

Ein Foto seiner Ausstellung zeigt eine Buche am Küstenhang Rügens. Einzelne Wurzeln schlagen bereits ins Nichts, unter ihnen ist nichts als Abgrund und Leere. Ein paar der pflanzlichen Lebensadern halten sich mühsam an der Klippe fest. „Sinnbildlich kann es für Menschen stehen, die am Rand der Gesellschaft leben und sich bewegen. Radikal-politische Äußerungen, psychisch angeschlagene Menschen.“ Irgendwann fehle ihnen der Untergrund, die Basis, um einen festen Halt zu haben.

Kuhlen ist darauf bedacht, bei jeder der zahlreichen Fotografien Metaphern zu finden, Sinnbilder für menschliche Schicksale. Er zeigt Wurzeln, die andere Wurzeln regelrecht abwürgen, um an die kostbaren Wasserreserven zu kommen. „Und viele kennen das Gefühl, wenn einem die Arbeit die letzte Kraft raubt oder dominante Egos ihren eigenen Willen aufschwatzen wollen.“

Kuhlen indes schwatzt nicht: Er erklärt und erzählt sachlich über die Bäume, deren Besonderheiten, deren Geschichte und wo sie zu finden sind. Er spricht über sie, als Lebewesen, die mehr über die Gesellschaft verraten als viele es sich vorstellen können.

>> ÖFFNUNGSZEITEN DER AUSSTELLUNG

Die Ausstellung von Heinz Kuhlen kann immer donnerstags von 16 bis 19 Uhr im Keller der St. Joseph-Kirche besucht werden.

„Mindestens zwei Monate lang gibt’s ‚Entwurzelung‘ zu sehen“, sagt Luisa Hoyer vom Verein Kultur-Sprung. Spätestens zum Platzhirsch Anfang September komme eine neue Ausstellung in die Räumlichkeiten.