Süd. . Seit Aufhebung der Baumschutzsatzung wurden im Duisburger Süden hunderte Bäume gefällt,schätzt Heinz Kuhlen. Immer mehr Menschen beschweren sich.
Schon im November des vergangenen Jahres befürchteten Naturschützer ein „Kettensägen-Massaker“. Der Grund: Der Rat der Stadt hat zum 1. Januar 2016 die Baumschutzsatzung aufgehoben. Heute, mehr als drei Monate nach der Entscheidung, ist Heinz Kuhlen „entsetzt“, wenn er im Duisburger Süden unterwegs ist. Und beschreibt eben diese Aufhebung der Baumschutzsatzung als „Riesen-Desaster“. Der 75-Jährige schätzt, dass er innerhalb der vergangenen beiden Monate ein „paar hundert Bäume“ gesehen hat – gefällt, entastet, zerkleinert.
„Bäume haben eine Wohlfahrtswirkung im weitesten Sinne“, betont Kuhlen. Sie sind Lärmschutz, bieten an heißen Tagen Kühlung besonders im innerstädtischen Bereich, geben Sauerstoff, mindern Geräusche, filtern Stäube. „Es dauert mindestens 30 bis 40 Jahre, bis ein Baum annähernd so eine Wirkung entfalten kann“, weiß Kuhlen. Und nun werden sie einer nach dem anderen entfernt. Heinz Kuhlen, der als Gartenbautechniker bei HKM gearbeitet hat, forderte schon immer und dieser Tage erst recht: „Bäume brauchen viel mehr Wertschätzung“. Denn: „Bäume sind viel mehr als nur ein Stück Holz, was da irgendwo steht.“
Kettensägen an der Ungelsheimer Straße
So sieht es auch Klaus Koch. Bei seinen Spaziergängen durch seine Nachbarschaft fällt ihm die neue Regelung der Baumbeseitigung zum Nulltarif besonders auf. Nach der gekippten Baumschutzsatzung fallen für die privaten Baumbesitzer bei einer Fällung keine Gebühren oder Ersatzpflanzungen an. Er hat beobachtet: Die Befürchtung der Naturschützer von November, sie ist wahr geworden. „In den letzten Wochen hat man hier nur die Kettensägen gehört.“ Besonders an der Ungelsheimer Straße seien ihm die vielen mittlerweile baumlosen Gärten aufgefallen. „Ich finde das schlimm. Jeder Hausbesitzer hat doch auch eine gewisse Verantwortung für die Natur“, sagt Koch.
An genau diese Verantwortung der Bürger hatte die Politik auch appelliert, als sie die Satzung gekippt hatte. Baumschutz brauche keine Satzung, argumentierte die CDU. Die Abschaffung beende die Bevormundung von Bürgern und baue Bürokratie ab, so die weitere Begründung damals. Die Stadt kann bereits einen Anstieg der gefällten Bäume im Duisburger Süden feststellen, so Stadtsprecherin Susanne Stölting. „Aber es wird keine Statistik zu den gefällten Bäumen geführt“, so Stölting weiter. Und wie hoch ist das Aufkommen an Beschwerden von Süd-Bürgern über die Fällung von Bäumen? Dazu Susanne Stölting: „Es gibt Beschwerden, diese werden aber nicht statistisch erfasst.“
Gefällte Bäume als Gesprächsthema Nummer eins
Auch Annelie Goldberg hat ähnliche Beobachtungen wie Heinz Kuhlen und Klaus Koch gemacht. In Huckingen, da, wo sie lebt, seien schon viele Bäume gefällt worden. „Die Menschen müssen wach gerüttelt werden, sie müssen wissen, dass Bäume eine Funktion haben“, sagt sie. Und sie fügt hinzu: „Ich denke, dass die Menschen einen anderen Bezug zur Natur haben.“ Auch ihre Nachbarn seien empört, das große Fällen im Süden sei in letzter Zeit häufig das Gesprächsthema Nummer eins.
Würden Heinz Kuhlen und Annelie Goldberg an einem Tisch sitzen, er würde ihr sofort zustimmen: „Viele müssen nachdenken, was sie der Natur damit antun.“ Heinz Kuhlen sieht aber nicht nur die Privatmenschen in der Pflicht. Sondern auch die Stadt. Er ist überzeugt: „Die Stadt Duisburg verliert mehr an Image durch die Aufhebung der Baumschutzsatzung als durch irgendetwas sonst.“ Seine Botschaft ist klar: Alle sollten zum Wohle der Bäume und der Menschen, die hier leben, handeln.