Migrationshintergrund: An den Grundschulen im Süden will man die Aussagekraft der neuen Schulstatistik nicht überbewerten

Erstmals weist die Schulstatistik nicht nur Schulkinder mit ausländischem Pass aus, sondern auch diejenigen mit Migrationshintergrund, also mit Abstammung aus einer ausländischen Familie, selbst wenn die mittlerweile die deutsche Staatsangehörigkeit hat (wir berichteten). Was aber bedeutet ein hoher Anteil an Migranten für die Praxis an den Schulen? Darüber sprachen wirmit zwei Rektorinnen und mit Schulrätin Sylvia Schulte, die für die Grundschulen auch im Bezirk Süd zuständig ist.

An der Grundschule Großenbaumer Allee in Großenbaum lag der Ausländeranteil nur bei 6,1 %, der Migrantenanteil jedoch bei 37,6 %, also über dem Durchschnitt. „Er war immer in dieser Größenordnung, bei 25 bis 30 %,” sagt dazu Schulleiterin Ursula Wenk. Der Wert sei nicht wirklich relevant. „Seit Anfang des Jahrzehnts bekommen alle Kinder, die in Deutschland geboren sind, die deutsche Staatsangehörigkeit”, so Wenk. Deshalb sei die Ausländerquote nicht mehr aussagekräftig gewesen. Die Schulrätin ergänzt, man habe immer schon mit den Migrantenzahlen gearbeitet, nur seien sie nicht veröffentlicht worden. „Denn es galt ja, alle zu fördern, die Sprachschwierigkeiten haben.” Und das sei keine Frage der Staatsangehörigkeit.

„Wir liegen noch relativ niedrig”, gibt Ursula Wenk zu bedenken. „Die meisten Schüler sprechen recht gut Deutsch, können deshalb am Regelunterricht teilnehmen”, so die Großenbaumer Rektorin. Deshalb sei es nicht nötig, besondere Fördermaßnahmene zu ergreifen. „Vielleicht sind es vier Kinder an der ganzen Schule, die nur gebrochen deutsch sprechen. Wir fördern sie, wo wir nur können.” Wenk gibt ein Beispiel: Man habe im vierten Schuljahr sechs von 42 Kindern mit Migrationshintergrund.

Davon hätten drei eine Empfehlung für das Gymnasium erhalten, die anderen eine für Real- oder Gesamtschule. An der Grundschule Schulz-Knaudt-Straße in Hüttenheim lebt man seit vielen Jahren damit, dass die Mehrzahl der Kinder ausländischer Herkunft ist, konkret 57,7 %. „Ausländische Herkunft gleich Sprach- bzw. Lernschwierigkeiten, das kann sein, muss aber nicht”, gibt Rektorin Solveyg Przybyla zu bedenken. Ein Teil dieser Kinder brauche Sprachförderung, andere nicht. Das habe auch etwas mit der sozialen Herkunft der Kinder zu tun. Wichtig seien: „Wann ist ein Kind nach Deutschland gekommen?”

„Ist es im Kindergarten gewesen?”. „Sprechen die Eltern deutsch?” Die Schulrätin ergänzt: „Interessieren sich die Eltern für den schulischen Werdegang ihres Kindes?” „Haben sie unterschiedliche Erwartungen an die Schulbildung von Söhnen und Töchtern?” Selbst wenn ein Kind bereits im Kindergarten war, so könne das unregelmäßig gewesen sein. „Es gibt ja keine Kindergartenpflicht.” „Dass wir einen höheren Förderbedarf haben, ist klar”, sagt Rektorin Przybyla. Aber dem werde ja auch Rechnung getragen. Eine bis drei Förderstunden kämen auf jedes Kind mit entsprechendem Förderbedarf pro Woche zu - zusätzlich, nicht unter Verzicht auf andere Stunden. Der Förderbedarf aber hänge ganz vom jeweiligen Kind ab. Je nach erreichtem Fortschritt könne der normale Förderunterricht später diese Aufgabe übernehmen.

Darauf flexibel zu reagieren, ergänzt wiederum die Schulrätin, sei ja Sinn der neuen flexiblen Schuleingangsphase, die je nach Kind in einem bis drei Jahren zurückgelegt werden könne.