Konjunkturpaket II: Der Rat reduziert nicht nur drastisch die Mittel für die Bezirke. Kosten einzelner Projekte explodieren
Sie wurden unter höchstem Zeitdruck und, nach dem Willen der dominierenden Süd- CDU, ohne ausführliche Diskussion gefasst: die Beschlüsse zum Konjunkturpaket II und wie seine Mittel imBezirk Süd zu verwenden sind. Auf Wunsch der SPD wurde seinerzeit noch einmal kräftig draufgesattelt, auch um die zu kurz gekommenen Sportvereine zu befriedigen (wir berichteten). Mittlerweile zeigt sich, dass wohl aus jedem zweiten vorgesehenen Projekt nichts wird. Denn die Kosten der beschlossenen Maßnahmen explodieren teilweise. Und von den stadtweit 66,8 Mio Euro hat der Rat der Stadt bereits im März 25,7 Mio Euro für überbezirkliche Zwecke reserviert.
Unter dem Strich bleiben von den ursprünglich für den Bezirk Süd vorgesehenen 9,5 Mio. Euro noch ganze 6 Mio Euro. Die bislang von der Verwaltung konkret kalkulierten Projekte summieren sich aber im Süden schon auf 13,1 Mio Euro. Und dabei ist der Stadtverwaltung völlig anheim gestellt, welche Projekte noch umgesetzt werden und welche nicht. Die Etatrechte der Bezirksvertreter sind praktisch außer Kraft gesetzt. Denn Duisburg verfügt über keinen genehmigten Etat. Daran aber sind ihre Rechte geknüpft.
Schon vor der Kommunalwahl fiel auf, dass OB Adolf Sauerland bei der Bürgerversammlung zum Dorfplatz Bissingheim wissen ließ, man habe auch die zugehörige Hermann- Grothe-Straße in die Umgestaltung mit einbezogen und deshalb müssten nicht nur 300 000 Euro, wie ursprünglich vorgesehen, dafür aufgewendet werden, sondern 500 000 Euro. Nach der jüngsten Übersicht der Stadt sind es sogar knapp 600 000 Euro. Bei der Bürgerversammlung zum Bahnhofsvorplatz Großenbaum kündigte der OB ebenfalls an, die vorgesehenen 500 000 Euro würden wohl nicht reichen. Mittlerweile geht man von knapp einer Mio Euro dafür aus.
Aber nicht nur diese Projekte laufen kostenmäßig ausdem Ruder, noch ehe damit begonnen wurde. Auch die vorgesehene Lärmsanierung der Düsseldorfer Landstraße in Huckingen wird nach jüngsten Schätzungen nicht, wie vorgesehen, für 300 000 Euro zu machen sein, sondern rund 770 000 Euro verschlingen. Ähnlich die Angermunder Straße: 887 000 Euro statt 300 000 Euro.
Da ist es ein schwacher Trost, dass die größte Einzelmaßnahme, verschiedene Arbeiten am Mannesmann- Gymnasium, sich neuerdings nicht mehr auf 4,2 Mio Euro belaufen, sondern nur noch auf 3,8 Mio. Denn auch die beiden Lieblingsprojekte von CDU und SPD, die Kunstrasenplätze für Viktoria Buchholz an der Sternstraße und den SV Wanheim 1900 am Honnenpfad, verschlingen deutlich mehr Geld als ursprünglich für dieGroßenbaumer Sport-Gemeinschaft vorgesehen war: Der Honnenpfad wird mit 600 000 Euro kalkuliert, die Sternstraße gar mit 700 000 Euro. Für Großenbaum aber waren nur 350 000 Euro geplant.Die hat übrigens der Rat der Stadt noch nicht aus seiner Liste gestrichen, ebensowenig wie die Lärmsanierung der Ehinger Straße für 250 000 Euro. Darauf hatten die Bezirksvertreter verzichten wollen, weil die Straße bereits im Haushaltsplan steht.
Ein "Notprogramm"
Stadt rechtfertigt ihr pragmatisches Vorgehen
„Die Stadt vertritt die Auffassung, dass das Verbot, bereits im Etat geführte Projekte aus dem Konjunkturpaket zu finanzieren, für Duisburg nicht gilt, weil unser Etat ja nicht genehmigt ist”, sagt Peter Orzol von der Konjunkturpaket- Projektgruppe im Rathaus. Die Beschlüsse der Bezirksvertreter seien, so betont er, ja auch nur (unverbindliche) Vorschläge.
Ihnen ist die Stadtverwaltung freilich teilweise gefolgt, wurden doch die genauen Kosten von zusätzlich gewünschten Projekten wie den Lärmsanierungen an Goslarer, Harzburger und Nordhäuser Straße in Ungelsheim, zusammen rund 650 000 Euro, ermittelt. Durch Bundesgesetzgebung, erklärt Orzol, sei sogar geregelt, dass die Kommunen für das Konjunkturpaket nicht mal einen Nachtragshaushalt aufstellen müssten.
Das kommt für Duisburg freilich eh nicht in Betracht, weil schon der ursprüngliche Etat nie in Kraft trat. Es handele sich doch um ein „Notprogramm” zur Sicherung von Arbeitsplätzen, betont Josip Sosic, der Sprecher des OB. „So muss man das doch sehen.” Es sollte alles schnellstmöglich unter Dach und Fach gebracht werden. Bundesweit sei Duisburg vorbildlich, was den Abruf der Mittel angehe. Dass der Rat über 20 Mio Euro mehr verplant habe, als zur Verfügung standen, liege auch an den Erfahrungen mit dem 120-Mio- Euro-Paket für die Schulsanierungen.
„Nach den Ausschreibungen damals”, so Sosic, „waren viele Projekte deutlich kostengünstiger.” Außerdem hoffe man auf einen Nachschlag durch die Bundesregierung durch anderswo nicht abgerufene Gelder. „Es wurden keine Maßnahmen umgesetzt, die die Bezirksvertreter nicht beschlossen haben”, betont Peter Orzol.
Entdemokratisierung
Dinge im Zusammenhang
Man muss die Dinge im Zusammenhang sehen: Erst werden gesetzliche Kompetenzen der Bezirksvertretungen auf neue Eigenbetriebe wie „DuisburgSport” übertragen. Dann ersetzen unverbindliche „Haushaltstage” die Etat-Beratung in den Bezirksvertretungen. Und schließlich räumt ein Notprogramm wie das Konjunkturpaket II noch die letzten Beteiligungsmöglichkeiten bei Seite. Wenn das nicht ein klarer Entdemokratisierungskurs ist. Und das unter einem sozialdemokratischen Stadtkämmerer! Der könnte sich auch das Gegenteil zum Ziel setzen: Selbst mit dafür Sorge zu tragen, dass Kommunalpolitiker endlich ein Gefühl für den Umgang mit Geld bekommen. Dazu benötigen sie natürlich Kompetenzen. Die „Haushaltspolitik von oben”, für die auch er steht, ist bislang erfolglos.