Duisburg - Buchholz. Fünf Jahre nach dem Erdbeben: 16 Zentren für elternlose Kinder hat die Kindernothilfe aufgebaut und Schulen eröffnet. Nun folgt die Bildungsarbeit.

Eine positive Bilanz ihres Einsatzes beim Wiederaufbau in Haiti nach dem Erdbeben vor fünf Jahren zieht jetzt die Kindernothilfe. Das evangelische Kinderhilfswerk vom Sittardsberg rechnet damit, dass bald die letzten beiden Schulen, die eingestürzt waren, wiedereröffnet werden. Das waren neun von zehn Schulen überhaupt.

15 Millionen Euro an Spenden, die es nach dem Erdbeben gab, wurden dann investiert. Kurz nach dem Beben hatte aber die Notfallhilfe im Mittelpunkt gestanden, die Versorgung mit Trinkwasser und Nahrungsmitteln. Dann wurden im Katastrophengebiet 16 Kinderzentren für traumatisierte oder elternlose Kinder aufgebaut. Schließlich wurde un­ter Zeltplanen oder Mangobäumen wieder mit dem Unterricht begonnen, parallel zum Wiederaufbau.

Gewalt gegen Frauen und Kinder

Als eigentliche Aufgabe sieht die Kindernothilfe seit 40 Jahren in Haiti aber, Bildung für Kinder und Frauen als Schlüssel zur Behebung des Elends zu fördern. Dafür stehen jährlich 1,2 Millionen Euro zur Verfügung.

Michaela Gerritzen ist die zuständige Referentin. Sie beschreibt ein Land mit archaischen Strukturen: Familien in bitterster Armut, in denen zehn und mehr Kinder nicht selten sind, die Männer zwar keiner Arbeit nachgehen, aber mit Gewalt ihren Willen durchsetzen, auch sexuell, vor allem, wenn sie betrunken sind. Und Frauen, die diese Gewalt an ihre Kinder weitergeben. „Kinder sind dazu da, das tägliche Überleben zu sichern“, sagt Gerritzen. „Schulbesuch hält sie aus Sicht vieler Eltern nur davon ab.“ Viele Kinder würden auch an Verwandte oder fremde Familien abgegeben, wo sie ein Sklavendasein erwarte.

Nur jedes vierte Kind kann zur Schule gehen

Nur jedes vierte Kind kann in Haiti die Schule besuchen. Hier setzt die Kindernothilfe an. Sie unterstützt Partner wie die Heilsarmee dabei, elf Grundschulen zu betreiben. Um ihr bescheidenes Niveau zu heben, versucht sie auch, Einfluss auf die Ausbildung der Lehrer zu nehmen.

Weitere drei Schulprojekte gibt es für die von ihren Familien abgegebenen Kinder. „Ihre ,Gastfamilien’ lassen sie unter der Bedingung dort hin, dass eines ihrer Kinder ebenfalls mitkommt“, so Gerritzen.

Und dann ist da noch die Arbeit mit Frauen in 228 Selbsthilfegruppen. Ihre Männer wiederum geben sie dafür frei, weil die Frauen dabei auch lernen, mit ihrem knappen Geld besser auszukommen. Im Mittelpunkt aber stehen Themen wie Schulbildung, Verbesserungen im Dorf, Umgang mit Gewalt und die Zukunft der Kinder.

Das funktioniert“, sagt Gerritzen. „Die Frauen werden selbstbewusster, greifen Probleme im Dorf auf und stellen sich gewalttätigen Männern entgegen.“ Diese sichtbaren Fortschritte machten die Arbeit erst lohnend.