Der 102-Jährige spielt gerne Lotto und hat ein ausgeklügeltes System entwickelt.

„Ich habe immer Glück gehabt im Leben”, ist Johann Wimmer überzeugt. Operationen musste er nie über sich ergehen lassen. Erfahrungen mit staatlichen Einrichtungen sämtlicher Art („ich stand nie vor Gericht, hab' nie einen Knast von innen gesehen und Schulden habe ich auch keine”) sind ihm erspart geblieben. Immerhin: Heute kommt der Bürgermeister zu Johann Wimmer ins Seniorenzentrum an der Jupiterstraße, um zum 102. Geburtstag zu gratulieren. „Mit dem werde ich auch noch fertig”, sagt er und lächelt verschmitzt.

Auf dem Tisch in seinem Zimmer liegt die Tageszeitung. Darüber sind Dutzende Karten verteilt. 49, um genau zu sein. Der gebürtige Meidericher ist leidenschaftlicher Lotto-Spieler. Jede Woche kreuzt er die Zahlen an. Die Zehn, seine Lieblingsziffer, soll ihm stets Glück bringen. Doch wer, wie er, gewinnen möchte, tippt nicht wahllos. Dahinter steckt ein ausgeklügeltes System!

Wimmer mischt die Karten, ein normales Blatt, und zählt durch. Dort, wo die Zehn zuerst auftaucht, wird getippt. In diesem Fall die 23. Die nächste ist an 25. Stelle. So geht das immerzu, bis der Schein voll ist. Früher, als der gelernte Sandformen-Bauer noch öfter vor die Tür kam, hat er Autokennzeichen notiert. Das hat ihm ebenfalls Glück gebracht. Doch diese Kartentricks sind nicht schlecht. Ein paar Mal hat er schon gewonnen. „Davon sind wir mit der Familie auf Reisen gegangen”, erinnert sich Tochter Heidemarie Müller. Sie weiß: Die Karten sind ihrem Vater heilig. Selbst für die vier Enkel und sieben Urenkel hält er ein Extra-Spiel bereit, damit niemand an dieses Blatt für Mau-Mau benutzt.

In den vergangenen 30 Jahren hat Johann Wimmer in Hiesfeld gewohnt. Bis zum 99. Geburtstag wohnte er mit seiner Frau in der eigenen Wohnung. Den Ruhestand, immerhin seit 42 Jahren, genießt er. Um sich fit zu halten, drehte er regelmäßig seine Runden durch den Stadtteil. Ausgedehnte Spaziergänge waren das. „Ich war immer arbeiten und habe für meine Familie gesorgt”, erzählt er stolz. Und geschützt hat ihn sein Beruf auch. Die Gießerei hat für die Rüstungsindustrie während des Zweiten Weltkriegs gearbeitet. Das hat Wimmer davor bewahrt, als Soldat einrücken zu müssen. „Sonst wäre ich bestimmt nicht so alt geworden.” Ein Geheimrezept dafür gebe es nicht. Aber er betont, nie geraucht zu haben und eine Stammkneipe gab's ebenfalls nicht. Außerdem hat er sich mit politischen Dingen zurückgehalten. War nie Mitglied einer Partei. Um ihn herum wohnten sowohl Kommunisten also auch Nazis. Die ließen ihn in Ruhe.

Heute wird im Familienkreis gefeiert. Es geht ihm gut. „Ich habe keine organischen Krankheiten und mit dem Kopf klappt es.” Zum Laufen braucht er zwar einen Rollator und mit den Ohren – nun ja. Doch die Familie ist daran gewöhnt, laut mit ihm zu sprechen. „Ich wünsche mir zum Geburtstag, dass es meiner Familie immer gut geht. Alle sollen gesund bleiben.”