Duisburg. .
Für ganz NRW gibt es nur eine Überdruckkammer. Vor zwei Wochen musste ein Brandverletzter nach Belgien gefolgen werden, weil die Kammer der Uniklinik Düsseldorf nicht einsatzbereit war. Dabei steht in Duisburg-Laar eine Kammer seit 2005 nutzlos rum.
Man könnte heulen: Anderswo könnte sie Leben retten und in der Rhein-Klinik in Laar steht sie seit 2005 nutzlos herum, keiner will sie haben: die Überdruckkammer. Sie gilt im Allgemeinen als Hilfsmittel bei Tauchunfällen. Aber das ist nur ein Bruchteil der Wahrheit. Denn vor allem bei Kohlendioxid-Unfällen können Menschen dauerhaft geheilt werden.Wer nach einer Kohlenmonoxidvergiftung nicht schnell in eine solche Kammer kommt, muss bis zum Ende des Lebens mit Schäden rechnen.
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Eine Schüttellähmung ist eine dieser Krankheiten, die nie mehr verschwinden und die bis zum Ende des Lebens mit Tabletten bekämpft werden muss. Die simple Alternative: fünf Tage jeweils eine Stunde in die Überdruckkammer. Aber auch die Wundheilung bei arteriellen Verschlusserkrankungen ist in der Kammer bestens möglich. Wer Diabetes hat, kann ebenfalls profitieren: Durch die Sauerstofftherapie ist die Gefahr, dass Zehen schwarz werden und amputiert werden müssen, erheblich gesunken („diabetischer Fuß“). Lediglich bei Tinnitus hilft Überdruck, anders als früher angenommen, nicht.
Rund 25 Notfälle allein in Duisburg
Kohlenmonoxidvergiftungen sind allerdings die wichtigste Einsatzmöglichkeit. „Wir brauchen die ganz dringend“, sagt Dr. Frank Marx von der Duisburger Feuerwehr. „Wir haben beinahe monatliche Notfälle, rund 25 im Jahr“, berichtet Marx. Als eine der wenigen Feuerwehren in NRW hat die Duisburger Feuerwehr ein Gerät an Bord, mit dem CO-Gas gemessen werden kann.
Erst vor ein paar Tagen war die Feuerwehr nach Rheinhausen gerufen worden, weil eine Frau bewusstlos in der Badewanne gelegen hatte. Schon eine Woche vorher war einem anderen Bewohner hier schwindelig geworden. Aber an die Kohlenmonoxidvergiftung, die die Ursache war, hatte bis zu dem Punkt keiner gedacht. Weil das Kohlenmonoxid sehr schnell die Sauerstoffaufnahme im Blut blockiert, ist ein schneller Tod vorprogrammiert. Die Überdruckkammer kann das verhindern.
Anbindung an Personal und Intensivbetten erforderlich
Aber er und alle anderen Notfallmediziner können mahnen, wie sie wollen - bisher ist die Resonanz zu ihrem Leidwesen nicht sehr groß. Bei der Zwangsvereinigung von St. Barbara-Krankenhaus und dem St. Johannes-Hospital und der gleichzeitigen Schließung der Rhein-Klinik in Laar war auch die letzte Stunde der Überdruckkammer in Laar gekommen.
Jetzt gibt es in ganz NRW nur noch eine Überdruckkammer, die ständig in Bereitschaft ist: an der Uni-Klinik in Düsseldorf. „Für einen Euro können Sie sie haben“, sagt Dr. Peter Perl, medizinischer Direktor des Katholischen Klinikums. „Wir wären froh, wenn wir sie los wären“, sagt Perl. Denn mit dem Ende der Rhein-Klinik als Krankenhaus kann die Überdruckkammer nicht mehr betrieben werden. Sie erfordert die Anbindung an Fachpersonal und an Intensivbetten. Kaputt ist sie jedenfalls nicht, die TÜV-Freigabe hat das riesige Teil noch bis 2014. Fest steht: Die Kammer spart auf lange Sicht Geld.
Krankenkassen wollten ambulante Therapie nicht bezahlen
Aber die Frage „Lohnt das oder nicht?“ wird unterschiedlich beantwortet. Es lohnt sich, jedenfalls für Kranke und die Volkswirtschaft. Nur: Krankenkassen, Ärztevertreter und vielleicht auch die Politik sehen das anders.
Krankenkassen hatten schon in der Vergangenheit eine fragwürdige Rolle eingenommen, beklagt Peter Perl. Denn Krankenkassen waren nicht bereit, die Überdruck-Therapie als ambulante Leistung zu bezahlen, die über die Kassenärztlichen Vereinigungen abgerechnet wird. Sie bestanden darauf, die Therapie als nur stationäre Leistung zu akzeptieren. Die konnten die Kassen direkt mit den Krankenhäusern abrechnen.