Duisburg-Marxloh. Rund um die Weseler Straße in Duisburg gibt es Prinzessinnen-Kleider für Bräute – aber auch für Kinder. Was der Mädchen-Traum kostet.
Auf der Weseler Straße in Marxloh bekommt jeder so viel Glitzer und Glamour, wie er haben möchte. Immer öfter fahren auch Eltern mit einer Tochter im Kommunionsalter in den Duisburger Norden. „Etwa 30 Prozent unserer Kunden sind Deutsche, die ein Kommunionkleid suchen“, sagt Senol Sahinsoy. Er betreibt mit seiner Frau Fatma das Kindermodengeschäft „SR Kids“ auf der Kaiser-Wilhelm-Straße. Auch Abiturientinnen haben übrigens längst gecheckt: Auf der Brautmodenmeile finden sie das Bling-Bling, das sie suchen.
Genau davon träumen aber schon Mädchen, die für die Kommunion ausstaffiert werden: „Sie wollen aussehen wie kleine Bräute. Wenn sie dann noch ein Diadem bekommen, sind sie im siebten Himmel“, berichtet der 46-jährige Ladenbesitzer. „Klassische, eher schlichte Kleider sind nicht mehr gefragt. Das sind Ladenhüter. Davon haben wir noch einige im Keller hängen.“
Brautmodenmeile in Duisburg-Marxloh: Hier werden auch Kinder für große Feiern ausstaffiert
Kommunionkleider müssen also richtig was her machen. Perlen, Paletten, Rüschen, Spitze, Tüll und vielleicht sogar ein Schleier – je mehr Glamour, desto besser. Kostenfaktor für die Eltern: 80 bis 200 Euro. „Das 200 Euro-Kleid ist aus dem gleichen Stoff gefertigt wie ein echtes Hochzeitskleid“, erklärt Senol Sahinsoy. Auch für Abiturientinnen ist die Auswahl groß. „Die jungen Damen sind ja oft so schmal, dass sie mit den Größen zurechtkommen, die wir anbieten.“
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Wie bei den Brautmodeläden auch, kommen alle Kleider aus der Türkei. Senol Sahinsoy betont: „Unsere Kunden können sich darauf verlassen, dass sie Qualität bekommen. Meine Frau Fatma ist hier die Chefin und sehr pingelig. Und ich würde nichts verkaufen, was ich meinen beiden Kindern nicht selbst anziehen würde.“
Die Kleider und Anzüge für die Kids werden in der Türkei genäht
Doch wie kommt ein Mann eigentlich zu einem Geschäft für Kindermode? Der Marxloher lacht. „Ich bin eigentlich Schlosser von Beruf.“ 2016 schlug ihm seine Frau vor, ein Geschäft für festliche Kindermode zu eröffnen. „Sie hat damals im Brautmodenladen ihrer Schwestern gearbeitet und ist dabei auf die Idee gekommen.“ Das Paar wagte den Sprung in die Selbstständigkeit und gründete SK-Kids. „Ich kenne mich mittlerweile gut aus. Ich kann das hier blind machen.“
Senol Sahinsoy weiß, was in der Mode gerade Trend ist, welche Vorlieben Mädchen und junge Damen haben und wie die Kunden ticken. „Türken handeln fast immer, Deutsche eher nicht.“ Und in der Tat ist manchmal ein Rabatt drin oder es gibt ein Gratis-Diadem zum Kleid dazu. Bulgaren und Rumänen drehen bei Geburtstagsfeiern schon einmal gern das große Rad: „Da dürfen es gerne noch ein paar Steine mehr sein und die Schuhe müssen perfekt zum Outfit passen.“
Auch für das Hennafest der großen Schwester gibt’s ein hübsches Kleid
Die meisten Kunden kommen an Kaiser-Wilhelm-Straße, um ihre Töchter für türkische Hochzeiten oder das Hennafest der großen Schwester einzukleiden. Letzteres ist vergleichbar mit dem Junggesellinnenabschied, nur festlicher. Kleine Mädchen bis neun oder zehn Jahren bevorzugen dabei den Prinzessinnen-Look.
Ab elf sind eher Abendkleider angesagt. Gerne das gleiche oder zumindest ein ähnliches, wie es die Mama trägt. Deshalb unterscheiden sich die Kleider, die meterweise bei SK-Kids an den Kleiderstangen hängen, nicht wesentlich von denen in den Läden für die Großen.
Schon vierjährige Mädchen wissen genau, was sie wollen. „Die zeigen direkt auf ein Kleid und da gehen sie später auch mit raus“, so die Erfahrung von Verkäuferin Arzu Türkgeldi. Da kann die Mama noch so viel gut zureden oder ihre Favoriten in die Umkleidekabine reichen.
Schon kleine Mädchen wissen genau, was sie wollen – und setzen sich meist durch
„Die Kinder haben ihren eigenen Kopf. Manchmal werfen sie sich trotzig auf den Boden oder es gibt die große Heulerei.“ Muss man da nicht starke Nerven haben? Arzu Türkgeldi und Senol Sahinsoy zucken nur kurz mit den Achseln. Sie haben sich dran gewöhnt, es gehört zu ihrem Job dazu. Nicht der Rede wert.
Gülcan (9) ist bei der Anprobe eher schüchtern unterwegs. „Sie hat eine helle Haut. Deshalb stehen ihr dunkle Farben gut“, berät Arzu Türkgeldi. Mama Remziye strahlt, als ihre Kleine im ersten Kleid aufs Podest steigt. Logisch, dass sie gleich das Handy zückt und Fotos macht.
Jungs werden für das Beschneidungsfest und Hochzeiten herausgeputzt
Die Szenerie ähnelt der in einem Geschäft für Erwachsene: Es werden die passenden Schuhe gebracht und etwas Hübsches fürs Haar gibt es natürlich auch. Gülcan dreht sich vor dem Spiegel und lächelt. Der Anblick ist ungewohnt, aber er gefällt ihr.
Natürlich gehen auch Jungs rausgeputzt zu einer türkischen Hochzeit. Sie tragen nicht nur einen Anzug, sondern bekommen das volle Programm wie der Papa: Hemd, Schuhe, Krawatte oder Fliege. Alles zusammen kostet 80 bis 150 Euro. „De Anzüge sind im Einkauf tatsächlich so teuer wie die für Erwachsene“, erklärt Senol Sahinsoy. Letztlich ist es gleich aufwendig, einen kleinen Anzug zu nähen. Man braucht lediglich etwas weniger Stoff.
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Ähnlich groß wie eine türkische Hochzeit wird das Beschneidungsfest gefeiert. „Die Jungs sind dann bis 12 Jahre alt und mächtig stolz. Es ist ihr ganz großes Fest“, sagt Senol Sahinsoy. Und dafür gibt es natürlich auch das entsprechende Outfit. Das kann ganz traditionell mit Schärpe und Säbel ausfallen. Oft erinnern die Jungs an einen Sultan. Oder aber der Star des Tages kommt in einem Michael Jackson-Outfit daher. Wer es schlichter mag, trägt einen klassischen Anzug.
Wie viele Kaufleute haben auch Fatma und Senol Sahinsoy mit Preissteigerungen zu kämpfen. „Die Preise für die Kleider haben sich im Einkauf verdoppelt. Für die Lieferung zahlen wir das dreifache. Das geben wir aber nicht eins zu eins an unsere Kunden weiter“, so der 46-Jährige.
Er ist schon froh, die Folgen von Corona überwunden zu haben. „Es wurden natürlich viele Hochzeiten abgesagt, die jetzt nachgeholt werden.“ Da war der eine oder andere Anzug plötzlich zu klein. „Wir haben ihn dann einfach gegen einen in einer Nummer größer getauscht. Ist doch Ehrensache.“