Duisburg-Obermeiderich. Gemeinsam mit Ex-Fußballprofis von Borussia Mönchengladbach trainieren Duisburger Schüler den Umgang mit dem Ball. Das steckt hinter dem Projekt.

Das erleben Grundschüler nicht alle Tage. Ex-Fußball-Profis im Sportunterricht. Die Aufregung auf dem Schulhof ist schon im Vorfeld groß. Und dann endlich, es geht los. In drei Gruppen dürfen die insgesamt 90 Kinder aus den dritten und vierten Klassen der Hans-Christian-Andersen-Grundschule in die Turnhalle.

Drinnen warten die früheren Fußballprofis Marcel Witeczek und Michael Klinkert von Borussia Mönchengladbach. Sie haben sich einiges vorgenommen. Die Torschuss-Messanlage ist aufgebaut. Wie schnell fliegt ein Fußball? Sportlehrer Peter Efremidis legt vor und schießt den Ball mit Volldampf gegen eine kleine Wand. Sein Schuss bringt es auf 69 Stundenkilometer. Jetzt sind die Kinder dran. Wer härter tritt, braucht einen Tag keine Hausaufgaben zu machen.

Mit Karacho nach vorn: Die früheren Fußballprofis Michael Klinkert (links) und Marcel Witeczek lassen die Schüler gegen ihren Sportlehrer antreten.
Mit Karacho nach vorn: Die früheren Fußballprofis Michael Klinkert (links) und Marcel Witeczek lassen die Schüler gegen ihren Sportlehrer antreten. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Hans-Christian-Andersen-Grundschule in Duisburg: Kids trainieren mit Ex-Fußballprofis

Die Spannung steigt. Die Kids auf der Bank feuern sich gegenseitig lauthals an – und gewinnen schließlich knapp. Der zehnjährige Yunus und der zwölfjährige Mohammed katapultieren das Rund nach vorne und schaffen jeder 70 Stundenkilometer.

Die Arme gehen hoch. Und dann das Beste: Nicht nur die beiden, sondern alle Schülerinnen und Schüler in der Turnhalle sind in der kommenden Woche für einen Tag von den Hausaufgaben befreit, verspricht der Lehrer. Das Gegröle ist riesig.

Mittendrin sind die beiden früheren Fußballprofis Witeczek und Klinkert. Sie freuen sich mit. Lautstarkes Anfeuern und Fangesänge kennen sie zu Genüge. Die beiden Ex-Kicker von Borussia Mönchengladbach haben schon einige Titel geholt. Witeczek wurde mit Bayern München zweimal Deutscher Meister und gewann den UEFA-Cup. Klinkert wurde mit der Borussia DFB-Pokalsieger. In der Turnhalle an der Wiesbadener Straße lassen sie heute die laute Freude der Kinder über sich ergehen.

Ein Schüler der Hans-Christian-Andersen-Grundschule beim Torschuss.
Ein Schüler der Hans-Christian-Andersen-Grundschule beim Torschuss. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Die beiden Fußballer haben schon mehr als 100.000 Kinder trainiert

Einen schöneren Lohn gibt es für die beiden Ex-Fußballstars kaum. Nach der Jahrtausendwende hingen sie ihre Profischuhe an den Nagel und heuerten bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Rheinland/Hamburg an. Seitdem touren die früheren Spitzensportler im AOK-Trikot durch 100 Schulen pro Jahr und vermitteln Kindern die Freude an Sport und Bewegung.

Sie sind durch ihre gemeinsame Karriere und das anschließende Engagement für die Sportförderung längst zu Freunden geworden. Die Initiative geht ursprünglich auf Wilfried Jacobs zurück, ehemals Präsident von Borussia Mönchengladbach und in Personalunion Chef der AOK Rheinland/Hamburg. Bisher haben die beiden Ex-Profis mehr als 100.000 Kinder trainiert. Dann kam Corona.

Wegen Corona gibt es bei den Kindern noch viele sportliche Defizite

Sportunterricht konnte nur im Freien stattfinden. „Viele Kurse fielen aus. Der Sportunterricht fand nur sporadisch statt. Die Schwimmbäder waren zu“, sagt Sportlehrer Efremedis. Nun leisten die Ex-Kicker wieder Aufbauarbeit – und die Kids sind voll dabei. „Die allermeisten haben einen Riesenspaß und sind einfach zu motivieren“, sagt Klinkert.

Mohammed (links) und Yunus haben ihren Sportlehrer geschlagen. Ihre Bälle waren ein wenig schneller. Der Lohn: ein Tag ohne Hausaufgaben.
Mohammed (links) und Yunus haben ihren Sportlehrer geschlagen. Ihre Bälle waren ein wenig schneller. Der Lohn: ein Tag ohne Hausaufgaben. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Die Obermeidericher Hans-Christian-Andersen-Grundschule wollte ursprünglich an einem Turnier der AOK teilnehmen, das aber wegen Corona nicht stattfinden konnte. Deswegen sind jetzt die Profis als Trainer hier. „Wir wollen Spaß am Sport vermitteln“, sagt Claudia Glockner, Beraterin für Prävention bei der AOK.

Klinkert ist vor allem wichtig, dass die Kinder früh an Sport herangeführt werden und in Vereine eintreten. „Dort lernen sie in einer Mannschaft soziales Verhalten und trainieren den Körper. Wenn man alt ist und sich nicht mehr gut bewegen kann, wird alles viel schwerer“, sagt der 55-jährige frühere Abwehrspieler, der als besonders zweikampfstark galt.

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Der 55-jährige Witeczek lässt die 30 Kinder der ersten Sporteinheit einen Kreis bilden. Er steht in der Mitte und wirft reihum den Ball zu. Mal ruft er „Kopf“, mal „Hand“. Die Schüler müssen genau das Gegenteil tun: Den Ball fangen, wenn er Kopf ruft, und den Ball köpfen, wenn er Hand ruft. Wer einen Fehler macht, muss eine Runde um den Kreis rennen.

„Oje, jetzt strengt euch mal an“, ruft der frühere Mittelstürmer, der es in seiner Karriere auf 474 Spiele und 59 Tore brachte. Im Kreis stehen insgesamt drei Kids mit Messi-Trikots. Einer umrundet den Kreis gleich dreimal, nämlich der zehnjährige Yunus. „Fußball ist mir sehr wichtig“, sagt der Schüler, der dreimal in der Woche trainiert und jetzt den Ball mit 70 Stundenkilometern nach vorne katapultiert. Das ist ganz schön schnell. Der Rekord an Schulen im Rahmen der AOK-Aktion liegt bei 83 km/h. Die beiden Profis brachten es in ihrer aktiven Zeit auf 130 km/h – aber das ist außer Konkurrenz.