Duisburg. Kurzarbeit, Jobverlust, aufgebrauchte Reserven. Spätestens im Herbst erwarten die Schuldnerberater der Awo Duisburg einen großen Ansturm.

Es kommt eine große Welle. Davon ist Dirk Franke überzeugt. Er arbeitet seit 20 Jahren in der Awo-Schuldnerberatung. Nun befürchtet Franke, dass die Corona-Pandemie den Mittelstand in die Schuldenkrise treibt: „Wenn Sie in der Kurzarbeit über Monate mit 66 Prozent auskommen müssen oder plötzlich ein Einkommen wegfällt, wird es knapp. Vor allem, wenn man keine großen Rücklagen hat.“

Aus langer Berufserfahrung weiß Franke: „Die Leute kommen erst, wenn es gar nicht mehr anders geht, wenn quasi am nächsten Tag der Strom abgestellt wird“. Dabei wäre es viel sinnvoller, sich rechtzeitig Hilfe zu holen, um vielleicht einiges abzuwenden. „Wir urteilen nicht. Wir versuchen, zu helfen“, versichert der Leiter der Beratungsstelle. Er weiß, dass die meisten ohne eigenes Verschulden in die Situation geraten sind. Doch die Hemmschwelle ist hoch. Über Geld spricht man nicht gerne – erst recht, wenn man keins mehr hat.

Auch Duisburger Familien, die bisher gut zurecht kamen, werden betroffen sein

„Das ist gerade die Ruhe vor dem Sturm“, prophezeit Franke. Zur Zeit kann die Miete ausgesetzt werden und Gerichtsvollzieher sind nur in dringenden Ausnahmefällen unterwegs. Doch die Schulden verschwinden dadurch nicht, die Miete muss nachgezahlt werden. Der Diplom-Sozialarbeiter rechnet damit, dass in Folge der Coronakrise spätestens im Herbst immer mehr Ratsuchende bei ihm anklopfen. werden. Darunter auch Familien, die bisher gut zurecht kamen, oder Selbstständige, die keinerlei Rücklagen haben.

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Schwierig wird’s, wenn alles auf Kante genäht ist. Solange nichts dazwischen kommt, halten sich Einnahmen und Ausgaben die Waage. Wenn ein Drittel der Einnahmen durch Kurzarbeit wegfällt, stehen ganz schnell zehn oder mehr Gläubiger auf der Matte. Denn die Kosten bleiben gleich hoch, auch wenn das Einkommen sinkt. Miete, Strom, Versicherungen, Handyvertrag, Fitnessclub, Abzahlung von Darlehen – das alles läuft weiter. Ignorieren, also die Post mit den vermuteten Mahnungen einfach nicht öffnen, ist keine Lösung. Franke rät deshalb dringend: „Man sollte nicht einfach die Zahlungen einstellen, sondern erst einmal Kontakt aufnehmen. Vielleicht kann man eine Stundung erreichen“.

„Es gibt wichtige und weniger wichtige Ausgaben“

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Franke versucht, den Klienten zu helfen, den Überblick zu wahren. „Es gibt wichtige und weniger wichtige Ausgaben.“ Miete und Strom zählen zur ersten Kategorie. In anderen Fällen kann man versuchen, möglichst schnell aus einem Vertrag herauszukommen oder einen Aufschub auszuhandeln.

Unabhängig vom Finanziellen können die Awo-Schuldnerberater wichtige Kontakte vermitteln, etwa zur Familienhilfe. Denn wenn in einer ohnehin angespannten Situation mit mehreren Menschen auf engem Raum auch noch finanzielle Sorgen kommen, ist es wichtig, dass Kinder Hilfe von außerhalb bekommen. Auch bei psychischen Problemen versucht die Awo zu helfen.

Einzelgespräche telefonisch vereinbaren

Wer eine Beratung sucht, sollte zunächst telefonisch Kontakt aufnehmen, 0203-595674. „Da können wir schon einiges abklären“, so Dirk Franke. Wird ein Einzelgespräch in der Beratungsstelle an der Kopernikusstraße 110 vereinbart, erfahren die Klienten dann auch gleich, welche Unterlagen sie mitbringen sollten.