Duisburg-Meiderich/Beeck. Ein Experte meint: Statt den Haushalt abzulehnen, hätte die Meidericher Bezirksvertretung Mittel nach ihren Bedürfnissen verteilen können.
Es war ein symbolischer Akt, der ohne Folgen bleibt: Mit der Ablehnung des städtischen Haushalts haben Bezirksvertreter in Meiderich/Beeck ihre Enttäuschung gezeigt über die ihrer Meinung nach zu geringen Mittel, die in den Bezirk fließen. Dabei hätten sie mehr Gestaltungsspielraum als gedacht, meint der Münsteraner Juraprofessor Janbernd Oebbecke: „Die Bezirksvertreter sind damit weit unter ihren Möglichkeiten geblieben.“
Reges Interesse an den Mitteln für die Brauchtumspflege
Im Grunde sei ihre Entscheidung, die sogenannten bezirksbezogenen Ansätze abzulehnen, sogar rechtswidrig. Da der Rat der Stadt den Etat beschlossen hat, gelten folglich die von ihm beschlossenen Zahlen. Dabei hätten die Bezirksvertreter darauf erheblich Einfluss nehmen können. Das tun sie in Duisburg jedes Jahr meist nur bei einer Position: den Mitteln zur Brauchtumspflege. Sie umfassen 22.300 Euro pro Jahr. Die Bezirksvertreter entscheiden regelmäßig, welche Projekte oder welche Vereine aus diesem Topf welche Geldbeträge zur Verfügung gestellt bekommen.
Dieses Dispositionsrecht haben sie nach Ansicht des Professors aber bei allen Etat-Positionen, die ihnen vom Rat „zur Entscheidung“ freigegeben wurden. Die Summe dieser Mittel ist im Vergleich zur Brauchtumspflege mehr als zehnmal so hoch und beläuft sich in Meiderich/Beeck für 2020 auf rund 258.000 Euro. In Vorjahren lag sie noch wesentlich höher. Größter Einzelposten ist der Ausbau der Haus-Knipp-Straße von Hausnummer 21 bis Monschauer Straße mit 160.000 Euro.
Bezirkspolitiker könnten Etat-Ansätze umschichten
Zwar könnten die Bezirksvertreter, da der Rat den Etat verabschiedet hat und sie keine andere Verfügung getroffen haben, an der Höhe dieser Position für 2020 nichts mehr ändern. Aber Oebbecke wundert sich, dass sie in den Vorjahren bei vergleichbaren Positionen nicht erfahren wollten, wie viele Mittel aus solchen Etat-Ansätzen tatsächlich abgerufen wurden. Denn angenommen, im Spätherbst wäre der Ausbau der Haus-Knipp-Straße bei Kosten von 150.000 Euro abgeschlossen, so könnten sie darüber entscheiden, wie die restlichen 10.000 Euro verwendet werden sollen. Der Professor empfiehlt zu diesem Zweck, ähnlich ausgerichtete Haushaltsstellen im Rahmen des Zulässigen mit anderen Posten für gegenseitig deckungsfähig zu erklären. Denn dann stünden die eingesparten 10.000 Euro automatisch dieser jeweils anderen Haushaltsstelle noch zur Verfügung.
Auch hätten die Bezirksvertreter die Instandsetzungspauschale für Straßen, Wege und Plätze statt, wie vorgeschlagen, bei 33.000 Euro festzusetzen, sie beispielsweise um 5000 Euro auf 28.000 Euro reduzieren und dafür den Etat der Bezirksbürgermeisterin (1700 Euro) aufstocken können oder aber die Mittel zur Brauchtumspflege. Das Recht, darüber zu verfügen, kann ihnen der Rat der Stadt nicht abnehmen. Allerdings muss sichergestellt sein, dass stets genügend Mittel vorhanden sind, um eine Straße, einen Weg oder einen Platz verkehrssicher zu halten. Auch müssten diese Festsetzungen vor der Verabschiedung des Zahlenwerks durch den Rat erfolgen.
Kämmerei nur selten bei Meidericher Bezirksvertretung
Vor allem bei einem sogenannten Nachtragshaushalt bietet es sich laut Oebbecke im Verlauf des Jahres an, die Entwicklung bei den einzelnen Positionen zu beobachten und bei Bedarf die Mittel zu verschieben. Einen solchen Nachtragsetat muss der Kämmerer immer dann vorlegen, wenn es beim gesamten Zahlenwerk im Laufe des Jahres erhebliche Abweichungen gibt.
Bezirksbürgermeisterin Daniela Stürmann (SPD) führt das geringe Interesse der Bezirksvertreter am Haushalt auf die jahrelangen Haushaltssperren zurück. Dadurch sei ja jeder Handlungsspielraum verloren gegangen. „Damit anders zu verfahren, kann ich den Kolleginnen und Kollegen ja nicht einfach vorgeben“, sagt sie. Auch hält sie die Anwesenheit der Kämmerei oder anderer Fachämter bei der Etat-Beratung für durchaus möglich. „Wenn eine Fraktion zu einem Beratungspunkt den Wunsch signalisiert, gebe ich das weiter.“
„Wenn es sich so verhält, wird man künftig nicht daran vorbeikommen, sich auch mit den einzelnen Haushaltspositionen zu befassen“, sagt CDU-Sprecher Christof Eickhoff. Vor allem die jeweilige Schlussrechnung eines Jahres, aber auch die Verwendung im Verlauf eines Haushaltsjahres wäre dann von Interesse, um eventuell Restmittel noch zuteilen und sinnvoll im Bezirk verwenden zu können.
In jedem Fall setzt eine gründliche Beratung des Haushalts voraus, dass die Kämmerei den Bezirksvertretern dabei mit Rat und Tat zur Seite steht. Aber seit Jahren hat dieser Verwaltungsbereich an der Etat-Beratung in Meiderich/Beeck nicht mehr teilgenommen. „Wir sollten jemanden von der Kämmerei bitten, uns das näher zu erläutern“, sagt deshalb Melih Keser (Grüne). „Wir können es nicht einfach nur bei einem Nein belassen.“