Duisburg-Neumühl. Sie ist schnuckelig und denkmalgeschützt: die Siedlung Bergmannsplatz in Neumühl. Sie ist heute so attraktiv wie vor 100 Jahren, als sie entstand.

Die Bewohner rund um den Bergmannsplatz haben es schwarz auf weiß: Sie leben laut Denkmalbehörde der Stadt Duisburg in einer „dörflich anmutenden Siedlungsanlage mit Gartenstadtcharakter“. Genau das macht den Reiz aus, dort zu wohnen.

Die Fenster sind ungewöhnlich, echte Hingucker.
Die Fenster sind ungewöhnlich, echte Hingucker. © WAZ | Rainer Raffalski

Unter Denkmalschutz gestellt wurde die inzwischen 110 Jahre alte Siedlung am 20. November 1996. Es handelt sich um 479 Wohneinheiten an 16 Straßen. Sie waren nach den Plänen der Bauabteilung des Steinkohlenbergwerks Neumühl in den Jahren 1907 bis 1909 errichtet worden. Ein Teil der Gebäude gehört der Städtischen Wohnungsgesellschaft Gebag, ein Teil ist privatisiert. Weil zahlreiche Gebäude an die Bewohner verkauft worden sind, hat die Stadt Duisburg im Jahr 2008 eine Gestaltungsfibel herausgegeben. Sie ist der verbindliche Leitfaden für alle Hauseigentümer. In dem knapp 80 Seiten starken Werk ist detailliert festgehalten worden, wie die Häuser und das Umfeld zu erhalten sind. Schließlich geht es darum, den Charakter der Siedlung zu bewahren.

Jeder hat sein eigenes Häuschen

Stellten 2008 die Gestaltungsfibel vor: Die damalige Duisburger Denkmalschützerin Dr. Claudia Euskirchen und der Gutachter für historische Gebäude, Stephan Strauß.
Stellten 2008 die Gestaltungsfibel vor: Die damalige Duisburger Denkmalschützerin Dr. Claudia Euskirchen und der Gutachter für historische Gebäude, Stephan Strauß. © Rainer Raffalski

Da wird aufgeführt, wie die Fenster aussehen, wie Fassaden und Haustüren gestrichen werden müssen und so weiter. Das findet nicht jeder Eigentümer gut und richtig – Besucher der Siedlung aber schon. Denn dadurch wirkt alles sehr harmonisch. Übrigens auch die Nachbarschaft. Man kennt sich, plaudert mit dem Nachbarn. Bewohner sitzen wie in alten Tagen bei schönem Wetter auf der Haustreppe und lassen es sich gut gehen – mit einem Kaffeebecher in der Hand.

Wer zur Miete wohnt, hat ein echtes Schnäppchen gemacht: 230 Euro pro Monat für 51 Quadratmeter Wohnfläche, quasi im „eigenen Haus“ – das erfreut die Menschen. Allerdings kommen Heizkosten (Nachtspeicher) dazu, die nicht unerheblich sind, verrät eine Dame, die fleißig den Gehweg gegenüber des ebenfalls denkmalgeschützten Bunkers fegt.

Schmuckstück für 80.000 Euro gekauft

Eine andere Dame ist selbst Hauseigentümerin: Sie hat ihr Schmuckstück für 80.000 Euro „unrenoviert“ mit großem Grundstück erstanden und genießt „die absolute Stille“. Innen, sagt sie, dürfe man die Räume so gestalten, wie man möchte. Nur außen gelten die Regeln der Fibel. 700 Ulmen, 700 Platanen und 300 Akazien sind seinerzeit gepflanzt worden, um die Siedlung zu begrünen. Aus den einstmals kleinen Bäumen sind inzwischen mächtige Riesen geworden. Schön anzusehen, aber nicht jedermanns Sache. „Die müssten unbedingt mal richtig gekappt werden“, sagen mehrere Bewohner, als sie mitbekommen, dass die Presse vor Ort ist.

Auch interessant

Die Gebäude sind unterschiedlich groß. Manche haben zwei, andere vier und sechs Wohnungen. Jeder Bewohner hat einen eigenen Eingang. Und ein Stück Grün gehört auch dazu. In der ganzen Anlage gibt große Grünflächen, auch einen zentralen Spielplatz. Bedauerlich finden die Siedler, dass die denkmalgeschützte Trinkhalle nicht mehr betrieben wird. Dabei gehört „die Bude“ doch zu jeder typischen Bergmannssiedlung.

Auch interessant

Die Beamtenhäuser sind wesentlich größer

Wäsche im Vorgarten: In der Siedlung kein ungewöhnliches Bild.
Wäsche im Vorgarten: In der Siedlung kein ungewöhnliches Bild. © Udo Milbret

ben den Arbeiterhäusern gibt es auch einige „Beamten-Doppelhäuser“: Die sind deutlich größer, aber im Stil gleich. Die Denkmalschützer beschreiben den Bergmannsplatz als „ein für das Ruhrgebiet hervorragendes Beispiel der Siedlungsgestaltung nach der Gartenstadtbewegung“. Die Siedlung sei ein bedeutendes Dokument der Stadtgeschichte und der Geschichte des Hauses Haniel. Denn die Firma hatte ab 1853 nach Kohle gegraben und viele Menschen angelockt, die Wohnungen brauchten.

Die Siedlung sei zudem ein „sichtbares Zeichen für den Entwicklungsstand der sozialen Vorstellungen im Zuge der Industrialisierung des Ruhrgebietes um die Jahrhundertwende“.