Marxloh. Die Aleviten in Marxloh wollen ein Zeichen gegen Perspektivlosigkeit und Radikalisierung setzen. Sie planen den Bau eines neuen Gemeindezentrums.
. Seit Jahren arbeitet der Alevitische Kulturverein darauf hin. Jetzt ist er der Verwirklichung seines Ziels ein großes Stück näher gekommen: Der Rat der Stadt hat die Aufstellung des Bebauungsplans Nummer 1258 Weseler Straße beschlossen. Er dient einzig dem Zweck, der Alevitischen Gemeinde den Neubau eines Gemeindezentrums zu ermöglichen. Finanziert werden soll das Gebetshaus mit Platz für 600 Personen durch den Bau einer zusätzlichen Mehrzweckhalle für 1200 Personen, die frei vermietet werden soll.
Auf der Grenze zu Fahrn gelegen
Entstehen sollen beide Gebäude am Ortsteilausgang von Marxloh in Richtung Fahrn, unweit der Einmündung des Willy-Brandt-Rings – allerdings auf der östlichen Straßenseite mit den geraden Hausnummern. Ersetzen soll dieser Neubau das bisherige Gemeindezentrum an der Wiesenstraße. „Wir haben 800 Mitglieder. Die Tendenz ist steigend“, erklärte Deniz Güner, der Vorsitzende des Kulturvereins, schon im vergangenen Jahr der Redaktion.
Aber damals stand die Realisierung des Projektes noch in den Sternen. Denn die Stadt lehnte es ab, im großen Bebauungsplan für das ehemalige Zechengelände, um das es mit geht, entsprechende Ausweisungen zu treffen. Begründet wird das heute damit, man habe die Planung für die Umgehungsstraße und das neue Gewerbegebiet zügig vorantreiben wollen.
Haupthindernis war die Störfallproblematik: Die große Mehrzweckhalle liegt im Gefahrenbereich des Hochofens Schwelgern, in dem giftiges Kohlenmonoxid auftritt. Die Halle kann nur genehmigt werden, wenn die Gemeinde per Gutachten nachweisen kann, dass sie in der Lage ist, im Fall des Falles alle Besucher nach einem Alarm geordnet in sichere Entfernung zu bringen. Das wird im Zuge des Planverfahrens, das jetzt anläuft, zu klären sein. Außerdem müsste der Flächennutzungsplan geändert werden. Das Gebetshaus wenige Meter weiter südlich dagegen liegt schon innerhalb der geschlossenen Ortschaft.
Gegen Jugendarbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit
„Wir hätten auch nach Walsum oder nach Meiderich umziehen können“, betonte Deniz Güner im vergangenen Jahr. Aber man sehe hier in Marxloh eine Aufgabe. Es gehe darum, etwas für die vielen Jugendlichen in Marxloh zu tun, gegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit und die Perspektivlosigkeit. „Jeder zweite Jugendliche in Marxloh ist arbeitslos“, erklärte Güner damals. Und er fügte hinzu: „Ich bin hier aufgewachsen. Vor zehn Jahren gab es hier noch keine organisierte Kriminalität.“
Aufstieg durch Bildung ist oft kein Lebensziel mehr
Dagegen gelte es auch mit anderen als polizeilichen Mitteln anzukämpfen. „Sozialer Aufstieg durch Bildung gehört bei vielen Menschen in Marxloh nicht mehr zum Lebensziel.“ Das müsse sich wieder ändern. Religion und gesellschaftliches Ziel sollten dabei aber getrennt werden, daher auch die Trennung zwischen Gebetshaus und Kulturzentrum. „Wir wollen zwei Fehlentwicklungen verhindern: das weitere Abdriften in die Kriminalität und religiösen Fanatismus.“
Das alles hätte Güner auch den Bezirksvertretern erklärt, denn er war in deren Sitzung zugegeben. Aber niemand beantragte, ihm das Wort zu erteilen. So diskutierten die Bezirksvertreter kurz unter sich. „Das haben die Aleviten sich verdient. Es wurde ihnen jahrelang versprochen, aber nicht eingehalten“, erklärte Birgül Serman (Grüne). Hamborn könne einen so großen Saal gut gebrauchen.
Nichts sei versprochen worden
Dem widersprach auch Christopher Hagenacker (SPD) nicht. Ratsherr Manfred Slykers (SPD) erklärte aber, es sei nichts versprochen worden. Mehrere Planvarianten seien nicht umsetzbar gewesen. Die Planung werfe viele Probleme auf. Bezirksbürgermeister Marcus Jungbauer (CDU) nannte als Beispiel mögliche Verkehrsprobleme. Die Bezirksvertreter gaben dem Projekt allerdings nur mittlere Priorität, weit hinter dem Altmarkt-Center, dessen Investor schon vor vielen Jahren abgesprungen ist.