Beeck. . Stadtteilbibliothek ist bis auf weiteres geschlossen - schon seit Wochen. Bezirksvertreter Keser betont die Integrationsfunktion der Bücherei.
Wer am Lange Kamp die Stadtteilbibliothek besuchen will, steht vor verschlossenen Türen. Seit Wochen ist die Bücherei wegen Personalmangels geschlossen. Ob sie wieder geöffnet wird, ist nach Informationen dieser Zeitung fraglich.
Über den Ortstermin am Donnerstagmittag hatte die Redaktion kurzfristig Vertreter der lokalen Politik informiert, erschienen ist allein der Grüne Bezirksvertreter Melih Keser. „Für mich, aus einer kinderreichen Familie mit Migrationshintergrund, war die Bibliothek immer ein Rückzugsraum.“ Das Lesen, sagt Keser, „hat mir neue Welten eröffnet.“
Wichtig für Mädchen mit ausländischen Wurzeln
Diese Stadtteilbibliothek sei ein wichtiger Integrationsmotor: „Gerade auch viele Mädchen können hier Medien nutzen, zu denen sie daheim keinen Zugang haben.
Deswegen sei es für Beeck tatsächlich eine Katastrophe, wenn die Schließung nicht kurz oder mittelfristig aufgehoben würde: „Wenn es Personalmangel gibt“, sagt Keser, „muss die Verwaltung entweder Abhilfe schaffen, oder es muss nach kreativen Lösungen gesucht werden. Es gibt sicher lesebegeisterte Freiwillige, die hier einspringen würden.“
Seit dem zwölften Lebensjahr Stammkundin
Es dauert nicht lange, bis an diesem Donnerstag die ersten Kunden unfreiwillig auf dem Absatz kehrt machen müssen. Rentnerin Brigitte Schulz schüttelt mit dem Kopf: „Seit meinem zwölften Lebensjahr bin ich Mitglied in der Beecker Stadtbibliothek. Und jetzt das!“ Sie selbst habe in der Nachkriegszeit in der Beecker Bibliothek ihre Liebe zur Literatur entdeckt, später sei sie mit Kindern und dann mit Enkeln Stammkundin am Lange Kamp gewesen: „Bildung, Lebensqualität, Kultur – das ist die Bibliothek für mich. Es ist schon eine Schande, wie rapide es hier in Beeck bergab geht.“
Jetzt werde sie gezwungener Maßen nach Hamborn fahren: „Das ist eine Zumutung. Aber schwieriger noch wäre der Weg nach Meiderich, der hier empfohlen wird“, sagt sie und zeigt auf die Aushänge an den großen Fensterflächen.
Besuch gehörte zum festen Wochenprogramm
Eine Familienhelferin mit zwei kleinen Mädchen ist über die Schließung entsetzt: „Der Bibliotheksbesuch gehörte für uns fest zum Wochenprogramm“, sagt die junge Frau.
Zum Ende des Gesprächs zeigt Melih Keser auf ein Haus an der Hauptstraße. Dieses Haus gehöre der türkisch-ultranationalistischen Organisation Milli Görüs. Gerade verlassen vier Jugendliche das Eckhaus: „Wissen sie, was da auf türkisch steht? Bibliothek und Jugendclub.“ Es gibt also doch noch Bibliotheken für die Beecker Jugend. Solche mit „alternativen Fakten“.