Duisburg-Laar. . Der 44-Jährige ist in Laar aufgewachsen und hat dort vor fünf Jahren den Kultursensiblen Pflegedienst gegründet. Sein Weg dorthin war steinig.
Vahap Canbay und sein Team haben jetzt das fünfjährige Bestehen von Kusep (Kultursensible Pflege GmbH) gefeiert. Bis der 44-Jährige jedoch diese Firma aufgebaut hatte, war es für ihn ein langer und steiniger Weg. In Laar ist der heutige Diplom-Pflegewirt großgeworden und mit Kusep bewusst in seine Heimat zurückgekehrt.
„Ich bin in der Pflege aufgeblüht“, sagt Canbay, dessen Vater mit seiner Familie Anfang der 70er vom türkischen Malatya nach Duisburg zog. Als junger Mann habe er zunächst Vorbehalte gegen den Beruf gehabt: „Für türkische Männer war damals der Umgang mit Kot, Urin, Blut und Erbrochenem verpönt, das war Frauenarbeit.“
Doch bereits ein erstes Praktikum zeigte ihm, dass er Pfleger werden wollte. „Wenn ich den Leuten geholfen habe, war ihre Dankbarkeit sehr groß – ob mit Worten oder den Augen.“ So sei er Pfleger geworden, während seine Freunde alle bei Thyssen anfingen.
Teilzeitstudium an der Hamburger Fernhochschule
Aber selbst in seinem Traumberuf langweilte er sich oft schnell und hat daher nicht nur in einem Altenheim, sondern später auch mit Demenzkranken gearbeitet und in einer psychiatrischen Akutaufname. „Dort habe ich Bekanntschaft mit Gott gemacht“, sagt er und lacht, denn er meint einen sehr gelassenen Tamilen, der sich als Gott ausgab. Als er jedoch nach fünfeinhalb Jahren sah, dass drei Kollegen psychisch krank wurden, war ihm klar, dass er den Job dort nicht dauerhaft machen wollte.
Also wechselte er den Arbeitgeber und studierte zudem in Teilzeit Pflegemanagement an der Hamburger Fernhochschule. Den Familienvater habe dabei besonders seine Frau Perihan unterstützt.
Deutschen Ordnung trifft auf türkischen Empathie
Dass er sich letztlich selbstständig machte, lösten zwei einschneidende Erlebnisse aus: So habe er bei einer internen Bewerbung zum Pflegedienstleiter in einer katholischen Klinik trotz fachlicher Eignung eine Absage bekommen. Die Begründung kränkte ihn so stark, dass er kündigte: „Ich wurde aussortiert, weil ich kein Katholik bin.“ Man habe ihm allerdings angeboten, zu konvertieren. Was er nicht tat.
Als er bei einem neuen Unternehmen in Solingen als Pflegedienstleiter eine Dunkelhäutige einstellen wollte, verhinderte sein Chef dies. Der Grund war die Hautfarbe der jungen Frau, obwohl sie die bestqualifizierte Bewerberin gewesen sei. Kunden würden sich mit ihr nicht wohlfühlen und ausbleiben, hieß es. Das wollte Vahap Canbay nicht mehr ertragen und gründete seinen eigenen Pflegedienst Kusep mit seiner Frau, einer Pflegerin, an seiner Seite. „Wir arbeiten mit der deutschen Ordnung, aber mit der türkischen Empathie“, sagt er. Bei ihm arbeiten Menschen verschiedener Nationalitäten und Kulturen zusammen.
Ein guter Charakter ist sehr wichtig
Das Besondere seines Angebot, das er auch im Firmennamen trägt, sei, dass er kultursensibel arbeite. So könnten Kunden auswählen, von wem sie gepflegt werden. „Eine Türkin lässt sich oft nicht von einem türkischen Mann waschen“, weiß Canbay, aber auch einige ältere deutsche Frauen genieren sich, wenn ihnen ein Mann nur die Kompressionsstrümpfe anzieht.
Fachliche Eignung schätzt er, und sein Betrieb bildet auch aus, aber einen guten Charakter schätzt er mehr: „Eine saubere Seele ist mir wichtig“, sagt der Vater zweier Kinder – und weiß auch um den Lohn für die Seele, den das dankbare Lächeln eines Pflegebedürftigen verspricht.
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Kusep hat 30 Mitarbeiter und noch Stellen ausgeschrieben. Infos: www.kusep.de
Die meisten Patienten des Pflegedienstes sind aus Laar.
Der Diplom-Pflegewirt Vahap Canbay ist außerdem Dozent an der Hamburger Fernhochschule und an der Akademie für Pflegeberufe und Management in Duisburg.