Duisburg-Ruhrort. . Yaren Oytun und Ercan Bayer sind ein junges Paar und neuerdings Geschäftspartner in Ruhrort. Sie betreiben das Blaue Büdchen am Verteilerkreis.
Als ein Stammkunde vorbeikommt, lächelt Yaren Oytun zuckersüß. So süß wie die Bonbons, die sie verkauft. Die 19-Jährige arbeitet mit ihrem gleichaltrigen Lebenspartner Ercan Bayer im Blauen Büdchen in Ruhrort. Er hat sie kürzlich wiedereröffnet, eine der ältesten Trinkhallen im Ruhrgebiet. Seitdem bedienen beide täglich die Kunden, die zu ihnen an die Amtsgerichtsstraße kommen.
„Unsere Freunde sind alle stolz auf uns“, sagt Yaren, und Ercan ergänzt: „Wir mussten aber mit einigen Vorurteilen kämpfen.“ Denn die Bekannten glaubten zunächst, an einer Trinkhalle im Hafenstadtteil würden bestimmt nur Obdachlose und Alkoholiker einkaufen.
„Das ist natürlich Quatsch“, weiß Yaren, „bei uns kaufen alle, vom Kind bis zum Senior, und unsere Stammkunden sind alle sehr nett.“ Einige haben den Jungunternehmern bereits gute Tipps fürs Sortiment gegeben, und auch die Geschäftsleute aus dem Viertel kaufen regelmäßig am Blauen Büdchen ein. „Die Ruhrorter freuen sich, dass wir da sind“, sagt Ercan. Dadurch fühlt sich das Paar in Ruhrort willkommen und wohl. Den Stadtteil müssen die Hombergerin und der Hamborner zwar erst noch richtig kennenlernen, doch „mit den ersten Wochen sind wir sehr zufrieden“.
Kaffee ist der allmorgendliche Verkaufsschlager
Mit dem Kioskleben haben sie bereits vorher schon Erfahrung gesammelt, bevor sie sich selbständig gemacht haben. Familie Bayer betreibt eine Trinkhalle in Röttgersbach, dort hat das Pärchen bereits zusammen gearbeitet.
„Jetzt bin ich mein eigener Chef“, sagt Ercan. Das gefällt ihm, trotzdem arbeite er oft auf Anweisungen seiner Freundin. Schließlich habe sie viele tolle, kreative Ideen. So hat sie sofort Spielzeug ins Sortiment aufgenommen, etwa Seifenblasenspender oder Fidget Spinner. Der Verkaufsschlager sei aber Yarens leckerer Kaffee, sagt Ercan stolz. „Viele beginnen ihren Tag bei uns mit frischem Kaffee und einem Brötchen, einer Frikadelle oder einer Bockwurst.“ Und mit freundlichen Worten der Betreiber.
Thaiboxen bietet sportlichen Ausgleich zur Arbeit
Um sechs Uhr öffnet die Bude und schließt nicht vor 21 Uhr. Wenn viel los ist, dauert die Spätschicht auch mal anderthalb Stunden länger. Anstrengend sei die Arbeit und der Verkaufsraum nicht bequem. So klein ist der Kiosk, dass man nur stehen oder auf Stühlen sitzen kann. Einen Fernsehanschluss gibt es nicht. Yaren gewinnt dem allerdings auch etwas Gutes ab: „Wir unterhalten uns viel.“
Für Ercan ist seine Arbeit zudem Anreiz, Sport zu treiben. Neuerdings lernt er Thaiboxen. Nicht, weil er Prügeleien an der Bude erwartet. „Ich stehe und sitze nur, jeden Tag. Deshalb möchte ich trainieren und meinen ganzen Körper einsetzen.“ Gefährlich findet auch die zierliche Yaren das Viertel nicht. Um dort zu arbeiten, müsse sie keinen Kampfsport können.
Die beiden Jungunternehmer sind hochmotiviert
Ihre Arbeit macht den Jungunternehmern Freude, und sie sind hochmotiviert. Denn irgendwann wollen sie sich ihre erste gemeinsame Wohnung mieten und einrichten. Außerdem spart Yaren, um eine private Kosmetikschule besuchen zu können. „Wir hätten natürlich gerne mehr Freizeit und würden mehr miteinander unternehmen, aber die Arbeit geht vor“, sagt Ercan entschieden.
Allerdings steht Urlaub an – leider getrennt. Der war schon geplant, lange bevor sie den Kiosk übernehmen wollten. Zähneknirschend schließen sie ihr Blaues Büdchen demnächst für vier Wochen. Dass sie durch die Auszeit Kunden an Supermärkte verlieren, fürchtet Ercan Bayer nicht: „Ein eiskaltes Bierchen gibt es nicht im Supermarkt, das gibt’s bei uns.“
>> INFORMATION: BOMBENHAGEL UND ORKAN ÜBERSTANDEN
Das Blaue Büdchen ist eine der ältesten Trinkhallen im Revier. Sie soll seit 1905 existieren, im Zweiten Weltkrieg einen Bombenhagel überstanden haben und stürzende Platanen, als der Orkan Kyrill 2007 wütete.
Am 1. Juni haben Ercan Bayer und Yaren Oytun die Trinkhalle eröffnet, sie hat inzwischen gut 80 Fans auf Facebook.