Duisburg-Hamborn. . Die Hamborner Bezirkspolitik fordert neue Schulen statt Ausweich-Klassenräume in Containern. Fast alle Grundschulen haben zu viele Kinder.

Die Zahl der Erstklässler an den Grundschulen im Stadtbezirk wird zum neuen Schuljahr noch stärker steigen als bisher erwartet. Das teilte Ralph Kalveram, Leiter des Amtes für schulische Bildung, jetzt der Bezirksvertretung mit.

Für den enormen Zuwachs an Kindern Platz zu schaffen, „das ist ein Stück weit Krisenintervention“, erklärte er. Die Bezirksvertreter beauftragten die Stadtverwaltung nach seinem Vortrag damit, den Bau einer ganz neuen Grundschule in Marxloh zu prüfen.

Erheblich mehr Kinder

Vor einem Jahr waren an den 13 Grundschulen im Bezirk Hamborn 675 künftige Erstklässler angemeldet. Zur Zeit liegt diese Zahl bei 863, ein Plus von 28 Prozent. „Nach dem Einwohner-Melderegister müssten es sogar 970 Kinder sein“, erklärte Kalveram, noch einmal über 100 mehr. Allerdings müssten die Eltern dieser Kinder erst einmal dazu bewogen werden, ihre Sprösslinge auch tatsächlich anzumelden, räumte er ein.

Auch so steige der Raumbedarf vor allem in Marxloh dramatisch an. Kalveram: „Es gibt Schulen, wo es 50 Kinder mehr gibt.“ Betroffen sind vor allem die Schule am Röttgersbach an der Bilsestraße (120 Anmeldungen gegenüber 82 nach dem Stand vor einem Jahr), die Schule Kunterbunt an der Kantstraße in Obermarxloh (57 statt 27), die Regenbogenschule an der Ottostraße in Marxloh (81 statt 59), die Schule am Bergmannsplatz, Rolandstraße (43 statt 30), die Schule an der Salzmannstraße (88 statt 66), beide in Neumühl, und die Schule an der Sandstraße in Marxloh (91 statt 60). Würden tatsächlich alle Sechsjährigen, die im Melderegister stehen, auch angemeldet, könnten die Zahlen zum Beispiel an der Salzmannstraße auf 127 und an der Sandstraße auf 145 hochschnellen.

Container als Unterrichtszimmer für drei Jahre

Der einstige Parkplatz, der oft als wilde Kippe diente:  Egonstraße/Ecke Kaiser-Wilhelm-Straße.
Der einstige Parkplatz, der oft als wilde Kippe diente: Egonstraße/Ecke Kaiser-Wilhelm-Straße. © Udo Milbret

Dort sowie an der Gemeinschaftsgrundschule Gartenstraße in Neumühl und an der Regenbogenschule sollen „mobile Einheiten“, Container also, die Raumnot vorläufig beheben. An Sand- und Ottostraße sind jeweils vier vorgesehen, an der Gartenstraße drei und an der Salzmannstraße zwei. „Sie werden für drei Jahre angemietet und sind so, dass man einen vernünftigen Unterricht machen kann“, erklärte der Amtsleiter. „Das ersetzt aber keine dauerhaften Maßnahmen.“ Es müsse also an die Schulen angebaut werden oder alte, leer stehende Schulen müssten reaktiviert werden.

Und da stelle sich gleich das nächste Problem: die Einhaltung des sogenannten Achtungsabstandes nach der Störfallverordnung zu Firmen, bei denen im Unglücksfall gefährliche Stoffe freigesetzt werden können. Und davon sind schon bei den Containern die Schulen Salzmann-, Otto- und Sandstraße betroffen. Kalveram: „Wir haben eine Menge Störfallgebiete in Hamborn.“ Der prominenteste Fall ist Grillo.

Problem bleibt zehn Jahre bestehen

„Die nächsten zehn Jahre bleibt das Problem“, vermutete Herbert Fürmann (Linke). „In Marxloh hat man vor Jahren Schulen aufgegeben. Jetzt brennt es.“ Container aber würden die Schulhöfe zustellen, Anbauten dort zu Dauer-Baustellen führen. Außerdem seien zu große Grundschulen ungünstig. Ähnlich hatten sich auch Vertreter von Schulen und Eltern im Schulausschuss des Rates geäußert und einen Neubau angeregt. Fürmann erhob das jetzt zum Antrag und hatte auch schon Vorschläge für geeignete Grundstücke: an der Ecke Egon­straße/Kaiser-Wilhelm-Straße oder gegenüber der Merkez-Moschee an der Warbruckstraße.

„Das wäre auch ein Signal für die Stadtentwicklung, nämlich: ,Wir tun was in den abgehängten Stadtteilen’“, erklärte Fürmann. Schließlich würden Anbauten ja auch Geld kosten. Dem wollten sich die anderen Bezirksvertreter nicht verschließen. Ratsherr Frank Heidenreich (CDU) gab nur zu bedenken, in Sachen Achtungsabstände dürfe keine Zwei-Klassen-Gesellschaft bei den Schulen entstehen. Die Vorschrift gilt nur bei Neu- und Anbauten, nicht für bestehende Schulen.

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Ralph Kalveram erwiderte, Vorrang müsse die Reaktivierung alter Schulen haben, weil Neubauten noch viel längere Zeit benötigten. Allerdings räumte er ein, dass es bei Altgebäuden einen Sanierungsstau gebe. Den Vorschlag von Ratsfrau Britta Söntgerath (Piraten), die Kinder in den Förderklassen für deutsche Sprache auszulagern, lehnte er ab. „Wir haben ja bereits Busdienste, haben damit aber enorme Probleme. Denn wir brauchen da immer Busbegleiter. Davon möchte ich wegkommen.“

Marxloh soll für Lehrer attraktiver werden

SPD-Sprecher Volker Thierfeld hat ein anderes Problem zur Sprache gebracht: den Lehrermangel. Mit der Raumnot lasse sich das mangelnde Interesse von Lehrern, dort Dienst zu tun, ja nicht automatisch beheben. Ob die Verwaltung Ideen habe, wie Hamborn für Lehrer attraktiver werden könnte, wollte er wissen.

Ralph Kalveram antwortete, man habe begonnen, mit Universitäten zu kooperieren, damit Lehramtsstudenten dort verstärkt Praktika machten, um dabei vielleicht Gefallen an Duisburg zu finden. Ansonsten könne man als Stadt nur an Rahmenbedingungen wie der Sprachförderung für Zuwandererkinder oder den Bürostunden für Sekretärinnen etwas ändern.

Nicht bejahen konnte Kalveram die Frage von CDU-Sprecherin Silke Wormuth, ob es schon konkrete Baupläne, auch für vor Jahren geschlossene Schulen, gebe. „Da gibt es noch keine Details“, sagt er. Auf Antrag der CDU gab die Bezirksvertretung ihm nämlich auch mit auf den Weg, soweit wie möglich auf die Aufstellung von Containern zu verzichten und stattdessen bereits geschlossene Schulen wieder zu öffnen.