Duisburg-Neumühl. . Wenn ältere Menschen nicht mehr in die Kirche kommen, kommt der Pastor zu ihnen. Angefangen haben die Hausgottesdienste im Partykeller.
Ausgetretene Wege kann jeder gehen – ungewöhnliche sucht sich Pater Tobias gerne aus: Neben seinen verschiedenen Sozialprojekten wie Lebenswert und cash-4-kids hat er auch in Sachen Gottesdienste eigene Ideen entwickelt. Vor acht Jahren startete er mit Hausgottesdiensten – und erreicht so „jeden Monat über 100 Leute“, die aus den verschiedensten Gründen nicht mehr in die Kirche kommen können.
Wie alles begonnen hat, erzählt Pater Tobias beim Kaffeeklatsch nach einer dieser Messen im Hause Sieveneck. „Wir haben uns hier zum ersten Mal getroffen“, sagt der Kirchenmann – und erntet zustimmendes Kopfnicken von rund einem Dutzend älterer Damen aus dem Stadtteil. „Aber das war in unserem Keller“, erinnert sich Theresa Sieveneck (95). Ganz korrekt: Im Partykeller. „Den haben wir kurzerhand zur Kirche umgebaut“, sagt Pater Tobias – und lacht. So wie jetzt das Wohnzimmer der Neumühlerin. Die Damen sitzen an der fein gedeckten Kaffeetafel, der Pastor von Herz Jesu steht in der Ecke am Bügelbrett, das er binnen Sekunden zu seinem Altar gemacht hat.
Teilnehmer singen gemeinsam schöne, alte Lieder
Eine Decke hat er übergeworfen, Kerzen und ein Kreuz dazugestellt. Fertig. Und schon stimmt Pater Tobias das erste Lied an, die Schar der Gläubigen singt sogleich mit. „Ich suche bewusst schöne, alte Lieder aus“, verrät der 53-Jährige, „die die Leute gerne mitsingen, teilweise auch auswendig“.
Theresa Sieveneck ist die älteste Teilnehmerin der Hausgottesdienste. Zu ihrer Messe kommen regelmäßig mehr als ein Dutzend Damen aus der Nachbarschaft. Fast alle sind betagt, schaffen den weiten Weg in die Kirche nicht mehr oder nur noch mit großen Mühen. Da kommt ihnen diese Art des Gottesdienstes gerade recht. Sie nehmen auf bequemen Stühlen Platz, es ist muckelig warm – und nach der Heiligen Kommunion geht der Nachmittag gleich in eine fröhliche Plauderrunde über.
Es geht bei den Gottesdienstes sehr familiär zu
Da kann man buchstäblich über Gott und die Welt reden – mit Beistand des Pastors. Der wird natürlich verwöhnt – es gibt leckeren Kuchen „aber bitte mit Sahne“ und frischen Kaffee.
Die Hausgottesdienste – rund 500 hat Pater Tobias inzwischen gehalten – finden natürlich mit dem Segen des Bistums statt. „Ich habe damals nachgefragt und Bischof Overbeck hat gesagt: ,Das ist eine schöne Sache.’ “ Für Pater Tobias ist diese Form des Gottesdienstes die interessanteste: „Das ist wie in der Urgemeinde. Damals hat man sich auch zum Beten zu Hause getroffen.“
Regelmäßige Messen an fünf privaten Standorten
An fünf Privatstandorten treffen sich die Hausgottesdienstteilnehmer regelmäßig. Für den Neumühler Pastor, der auch Einzelbesuche anbietet, sind diese Art von Messen eine gute Möglichkeit, ohne großen Zeitaufwand viele Menschen zu erreichen. Bis zu 20 Personen kommen mitunter in einer Wohnung oder einem Veranstaltungsraum zusammen. Würde er alle einzeln besuchen, bliebe ihm weniger Zeit für andere Aufgaben.
Rund 30 Minuten dauert sein Hausgottesdienst. Was alle Teilnehmer sehr schätzten: Dass es sehr familiär zugeht und der Pastor für jeden persönlich da ist.