Neumühl. . In der Neumühler Herz-Jesu-Gemeinde werden für die Krippenfiguren der Kirche bis Heiligabend „Übernachtungsmöglichkeiten“ gesucht.

„Können Sie zwei Flüchtlinge für eine Nacht aufnehmen?“ Als Pastor Pater Tobias diese Frage bei der Neumühler Fleischerfamilie Sieveneck stellte, herrschte erstmal Stille. „Jetzt ist alles zu spät. Wie soll das gehen?“, fragten sich alle. Doch Seniorchefin Theresa Sieveneck (95) sagte ja – und hatte da in Gedanken schon festgelegt: „Die beiden sollen mein Schlafzimmer bekommen.“ Dort stehen ein Bett und eine Couch, „das müsste gehen“.

Als der Pater dann mit den Beiden tatsächlich auf der Matte stand, war das Staunen groß: Der Ordensmann hatte sie im Arm – Maria und Josef, die etwa 60 Zentimeter großen Krippenfiguren, die Heiligabend Einzug in die Herz-Jesu-Kirche halten sollen. Erleichterung machte sich breit. Und dann mussten alle herzhaft lachen. „Das ist mal wieder typisch Pater Tobias“, sagt Magdalene Kamps, Nichte und „gute Fee“ von Theresa Sieveneck. Die Überraschung war gelungen.

Rückkehr am 24. Dezember

So wie in der Weihnachtsgeschichte sollen Maria und Josef nun von Haus zu Haus gehen, Tag für Tag wird bis zum 24. Dezember eine neue Familie gesucht. Diese Aufgabe müssen diejenigen übernehmen, die den Figuren zuvor für eine Nacht eine Herberge bieten.

Pater Tobias hat diesen Brauch in seiner Heimatgemeinde Cappenberg kennengelernt und ihn von dort nach Neumühl mitgebracht.

Theresa Sieveneck (95) sitzt mit den beiden
Theresa Sieveneck (95) sitzt mit den beiden "Flüchtlingen" Maria und Josef auf ihrem Bett in ihrer Wohnung in Duisburg-Neumühl. © Lars Heidrich

Die erste Nacht von Donnerstag auf Freitag verbrachten die Kirchenkrippen-Figuren über dem Fleischerbetrieb. Die zweite auf den heutigen Samstag bei Magdalene Kamps.

Wo Maria und Josef auf ihrer Reise durch die Kirchengemeinde in den kommenden drei Wochen unterkommen, weiß Pater Tobias nicht. „Ich hoffe natürlich, dass sie am Heiligen Abend in der Krippe unserer Kirche stehen“, sagt er und lächelt zuversichtlich.

Mit leeren Händen sind Maria und Josef nicht gekommen. Sie haben ein „Pilgerbuch“ dabei, in dem ihre Wanderschaft in Bildern und Worten festgehalten wird.

„Jeder, der die Beiden aufnimmt, soll zwei Seiten gestalten“, erklärt Pater Tobias. Dabei sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Das Einzige, was der Pastor gerne sähe: Dass jeder ein Foto von sich und den beiden Figuren macht, und dieses ins Buch klebt.

So entsteht eine schöne Erinnerung an diese ungewöhnliche Aktion. Damit die ganze Gemeinde daran teilhaben kann, sollen alle Bilder am 6. Januar im Schmidthorster Dom auf einer großen Karte des Ortsteils präsentiert werden. Mit Beschreibung der Reihenfolge, in der sie aufgenommen wurden. So können alle Interessierten nachvollziehen, welchen Weg Maria und Josef durch die Gemeinde genommen haben, bis sie – hoffentlich – pünktlich zum Weihnachtsfest in der Kirchenkrippe ihren Platz finden.

Wer wird auserwählt?

Wer als nächster die Krippenfiguren erhält, entscheidet sich immer erst, wenn der momentane „Herbergsgeber“ sich auf die Suche macht. Denn er oder sie allein entscheidet, wer dafür auserwählt wird.