Düsseldorf/Duisburg. Rainer Schaller sagt als Zeuge im Loveparade-Prozess aus und bittet die Nebenkläger um Entschuldigung. Welche Rolle spielte der McFit-Chef bei den Planungen?
Als Adolf Sauerland vor drei Wochen auf diesem Stuhl saß, hatte er für die Opfer und Angehörigen der Loveparade keine Worte der Entschuldigung oder der Anteilnahme übrig. Ganz anders Loveparade-Veranstalter Rainer Schaller, der nun als zweiter prominenter Zeuge im Loveparade-Prozess aussagt. Vor seiner Vernehmung fragte Schaller den Vorsitzenden Richter, ob er sich an die Nebenkläger wenden dürfe: „Darf man dazu aufstehen und sich umdrehen? Ich bin sehr aufgeregt und will diese Worte loswerden.“
Schaller: „Ich möchte mich bei Ihnen aufrichtig entschuldigen. „Hätte es die Loveparade nicht gegeben, wäre Ihnen unsägliches Leid erspart geblieben. Alles Leid, das Sie seit der Loveparade empfunden haben, ist auf meiner Veranstaltung passiert.“ Und der 49-Jährige versprach erneut, moralisch Verantwortung für das Geschehen vom 24. Juli 2010 zu übernehmen: „Es war keine Naturkatastrophe, Menschen haben Fehler gemacht. Ich will alles tun, um Aufklärung zu leisten“, sagte er vor dem heutigen Prozesstag.“
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Was die Verantwortung für die konkreten Loveparade-Planungen angeht, da wäscht Schaller jedoch seine Hände in Unschuld. Der Mc Fit- und Lopavent-Chef sei in die meisten Ansprachen Entscheidungen während der Planungsphase nicht mit eingebunden gewesen, erklärt er vor Gericht. Er sei nur „der Mäzen und das Gesicht der Loveparade“ gewesen. Er habe Bürgermeister getroffen, auf Pressekonferenzen gesprochen und Interviews gegeben.
Schaller wird nicht müde, immer wieder zu erwähnen, dass die eigentliche Planung in den Händen des Angeklagten Kersten S. gelegen hätte, der Head of Organisation und Künstlerischer Leiter der Duisburger Loveparade gewesen sei. Eine Tatsache, die die Verteidiger von Kersten S. nicht so sehen. Sie zitieren aus den Ermittlungsakten, wonach alles über Schallers Schreibtisch gelaufen sei.
Gegen Rainer Schaller kann nicht mehr ermittelt werden
Auch viele Angehörige und auch Verletzte sind der Ansicht, dass Schaller die maßgebliche Verantwortung für den Tod von 21 Menschen und die Verletzungen von mehreren Hundert Besuchern trage, weil Auflagen durch den Veranstalter nicht eingehalten wurden. Auch hat Schaller bereits mehrfach die Rolle der Polizei am Unglückstag kritisiert.
So hätten Schaller und seine vier angeklagten Mitarbeiter nach der Loveparade wochenlang die Videos vom Unglückstag gesichtet, um heraus zu finden, wie es zu dem Unglück mit 21 Toten und fast 600 Verletzten kommen konnte. "Alle Fragen, die auch in der Öffentlichkeit waren, wurden auch bei uns diskutiert", erklärte der 49-Jährige. Ob diese Gruppe auch festgestellt habe, dass intern bei Lopavent "Mist gebaut wurde", die zum Unglück geführt hätten, will Richter Plein wissen. Dazu Schaller: "Nein!"
Im Prozess wird Rainer Schaller, der weiterhin die Fitness-Kette McFit leitet, nur als Zeuge vernommen. Angeklagt werden kann der 49-Jährige wegen der Ereignisse bei der Loveparade nicht mehr. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft hatte Schaller hingegen keinen Einfluss auf die fehlerhafte Planung oder rechtswidrige Genehmigung genommen. Gegen ihn und auch den Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland hatte es nach dem Unglück nie Ermittlungen gegeben, mittlerweile sind die Vorwürfe verjährt.
Verteidiger will drei Nebenkläger vom Prozess ausschließen
Zum Ende des 31. Verhandlungstages stellte Verteidiger Michael Kaps, er vertritt einen Beschuldigten aus dem Duisburger Bauamt, die Zulassung von drei Nebenklägern noch einmal zu überprüfen. Konkret geht es darum, ob die beiden Nebenkläger wirklich durch die Ereignisse der Loveparade eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) erlitten haben und ob sie überhaupt klageberechtigt sind.
Im Fall einer Frau aus Oberhausen bezweifelt die Verteidigung dies, da sie keinerlei Erinnerung an die genauen Ereignisse bei der Loveparade habe. Komplett fehlende Erinnerungen könnten auch kein Trauma auslösen, so die Argumentation des Anwalts. Er unterstellt der Frau auch, falsch ausgesagt zu haben. Zudem sei sie, zusammen mit einem weiteren Nebenkläger aus Sprockhövel, auch zu einer Großveranstaltung am Nürburgring gereist, obwohl beide aufgrund der Diagnose PTBS eigentlich keine großen Menschenansammlungen mehr ertragen könnten. Bei der dritten Nebenklägerin handelt es sich um die minderjährige Tochter des Sprockhövelers.
Der Prozess wird am Mittwoch (23. Mai 2018) um 10 Uhr fortgesetzt.