Duisburg. Der EU-Politiker Elmar Brok war in Duisburg, um seine Wahrnehmung der Situation der Europäischen Union und des Brexits zu schildern.
In seinen fast 40 Jahren als Abgeordneter des Europaparlaments hat Elmar Brok vieles erlebt: Ein Chaos wie den Brexit aber mit Sicherheit noch nicht. Der scheidende EU-Politiker war am Donnerstagabend auf Einladung der CDU-Bezirksverbände Süd und Mitte ins Café-Museum im Kantpark gekommen, um seine Sicht der Dinge auf die Situation der Europäischen Union zu schildern.
Mit rund einer Stunde Verspätung – in der Gegend um Antwerpen geriet er in einen Stau – steht Elmar Brok vor dem Rednerpult. Als einer der drei Brexit-Beauftragten der Europäischen Volksparteien (EVP) kann er vieles über das politische Chaos auf der Insel berichten. „Ich kann Ihnen aber gerade nicht sagen, ob es etwas Neues gibt. Ich habe die letzten zehn Minuten die Nachrichten nicht verfolgt“, scherzt er zur Begrüßung. „Abends überlegen wir zu Hause: Schauen wir Rosamunde Pilcher oder Unterhaus?“
Dass das britische Parlament sich nicht auf ein Modell einigen kann, mit dem es die EU verlassen will, hat seine Ursache laut Brok im politischen System: „Das ist veraltet. Es gibt dort keine Ausschüsse, in denen man sich mit anderen abstimmen kann. So bringt jeder Abgeordnete ohne Rücksprache Anträge ins Parlament ein“, erklärt er.
Teilnahme an der Europawahl
Neuer Brexit-Termin ist der kommende Freitag, 12. April: „Dieses Datum ist kein Zufall: Das ist der letztmögliche Termin, an dem Großbritannien angeben muss, ob es an der Europa-Wahl teilnimmt. Denn wenn es das nicht tut und weiterhin Mitglied der EU ist, braucht nur ein einziger britischer Bürger zu klagen und die gesamte Wahl wäre ungültig“, sagt Brok. Jeder EU-Bürger hat das Recht zu wählen.
Das Land habe weiter Verbindlichkeiten über 39 Milliarden Euro, die nach dem Austritt zu zahlen seien. „Das sind beispielsweise Projekte, die gemeinsam geplant und begonnen wurden. Die müssen weiter gezahlt werden.“ Einen großen Vorwurf macht Brok dem Parlament auch, weil es die Situation der EU-Bürger in seinem Land und die der Briten in der EU nicht geklärt hat. „Die Menschen leben in totaler Unsicherheit.“
Die Regeln der EU machten durchaus Sinn, so Brok. „Sie verhindern zum Beispiel, dass Banken uns durch rücksichtslose Zockerei in die nächste Finanzkrise stürzen. Durch die europäischen Standards erhalten alle Mitgliedsstaaten ökonomische Vorteile. Das sind nicht immer deutsche Standards, aber man muss eben Kompromisse eingehen“, mahnt er und fügt hinzu: „Trump, Xi und Putin: Die würden die EU gerne auflösen, um den einzelnen Ländern ihre Handelsbedingungen zu diktieren. In Zeiten der Globalisierung sind einzelne Staaten zu schwach“, sagt Brok. „Selbst Norwegen und die Schweiz passen ihre Standards an und zahlen ihre Mitgliedsbeiträge in der Zollunion, um ihre ökonomischen Interessen zu wahren“.
Abstimmung Urheberrechtsreform
Auf die Urheberrechtsreform und die damit verbundenen Uploadfilter – Brok hatte bei der Abstimmung vorige Woche für Artikel 13 gestimmt – geht der 72-jährige nur am Rande ein. „Wir müssen anfangen, positiv über die EU zu reden. Denn ohne sie gäbe es keine 70 Jahre Frieden in Europa, gäbe es keine Deutsche Einheit“, schließt Brok.