Duisburg-Rheinhausen. Die Leiterin geht nach 18 Jahren in Bergheim in den Ruhestand. Sie blickt auf ein spannendes Arbeitsleben zurück – mit Einsatz im Golfkrieg.

„Ich bin eigentlich gar nicht mehr da. Nur noch sporadisch, um Zwischenzeugnisse für Mitarbeiter zu schreiben“, sagt Elisabeth Liß und gibt zu, dass es schön sei, nicht mehr morgens um 6 Uhr aufzustehen zu müssen, sondern ein bisschen länger schlafen zu können. 18 Jahre lang war die noch 63-Jährige Leiterin des Bodelschwingh-Altenheimes in Bergheim. Nach 45 Berufsjahren ging die Rheinhauserin zum 1. Januar dieses Jahres in den verdienten Ruhestand und blickt auf ein wechselvolles und spannendes Arbeitsleben zurück.

Geboren in Rumeln-Kaldenhausen, aufgewachsen in Friemersheim, weil der Vater dort bei der Zeche arbeitete, startete Elisabeth Liß mit 17 Jahren am damaligen Evangelischen Krankenhaus Duisburg-Nord in Fahrn die Ausbildung zur Krankenpflegerin. Danach arbeitete sie eine Zeit lang in der Gynäkologie und in der Infektionsabteilung (Tuberkuloseabteilung), wechselte später als Krankenpflegerin zum Altenheim an der Aachener Straße in Hamborn.

Früher konnten viele ins Altenheim

„Heute gibt es in den Altenheimen sehr viele pflegebedürftige Menschen. Das war damals anders. Die Menschen gingen ins Altenheim, um Zuhause nicht einsam zu sein. Viele von ihnen halfen bei der Arbeit an der Pforte, in der Wäscherei oder in der Küche mit“, erinnert sich Elisabeth Liß an diese Zeit. Im Gegensatz zu heute hätten sich die Menschen den Aufenthalt im Altenheim leisten können: „Hamborn war ein Zechenstandort. Die Renten waren gut.“

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Elisabeth Liß wechselte schließlich als Krankenpflegerin ins Bertha-Krankenhaus in Rheinhausen, das seinerzeit noch die Abteilungen Innere Medizin, Chirurgie und Psychiatrie hatte, arbeitete auf der Intensivstation, ein für sie zunächst völlig unbekanntes Gebiet. „Es war eine spannende Zeit. Ich habe viel von Azubis und Kollegen gelernt. Es war eine schöne Teamarbeit“, erinnert sie sich. Zwischendurch verpflichtete sich Elisabeth Liß zu einem besonderen Einsatz.

Elisabeth Liß war im Einsatz im Golfkrieg

Im ersten Golfkrieg suchte das DRK medizinisches Fachpersonal. Die engagierte Frau meldete sich und versorgte in Kurdistan vier Wochen lang Verletzte. „Viele Kurden waren damals in die Berge geflüchtet und blieben dort hängen, weil die Türkei sie nicht ins Land ließ. Es war Winter. Viele Menschen sind erfroren“, schildert Elisabeth Liß, die als Grund für diesen Einsatz nennt: „Es war eine Portion Neugier, mal zu erleben, wie eine solcher Hilfseinsatz ist und wie Menschen dabei zusammen arbeiten. Ich habe selten so unterschiedliche Gruppen wie Bundeswehr, THW, Hilfsgruppen, türkisches Militär erlebt. Die Zusammenarbeit war sehr gut.“

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Der Krieg sei sehr nah gewesen, es wurde ständig geschossen, was rundherum zu hören war. Mit dem Blick von heute auf den damaligen Einsatz bereut Elisabeth Liß, dass sie vorher nicht darüber nachgedacht habe, was ihr Engagement für ihre beiden seinerzeit schon größeren Kinder bedeutete: „Sie waren einerseits stolz und hatten andererseits große Angst.“

Eigene Gesundheit führte zur Umschulung

Der weitere berufliche Weg führte die Rheinhauserin ein Jahr in die Neurochirurgie am Kalkweg in Wedau, später baute sie am Bertha-Krankenhaus die neurologische Frühreha mit auf. Ein Bandscheibenvorfall mit Lähmungen in den Beinen zwang sie zu Veränderungen. Sie absolvierte eine zweijährige Umschulung zur Pflegedienstleiterin, hospitierte in verschiedenen Einrichtungen: „Ich habe damals Situationen im Umgang mit Menschen erlebt, die mir später im Bodelschwingh-Haus geholfen haben.“

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Das Altenheim in Bergheim leitete Elisabeth Liß 18 Jahre, erlebte mit, wie das alte Haus abgerissen wurde, die Bewohner in Wohncontainer an der Geschwister-Scholl-Straße umzogen. Im neuen Haus entstand eine Abteilung für zu pflegende (aber nicht beamtete) Wachkoma-Patienten. Heute leben 61 Menschen im Bodelschwingh-Haus, werden von 70 Mitarbeitern (Voll- und Teilzeit) sowie Praktikanten und Schülern umsorgt.

Viele Fachkräfte arbeiten im Bodelschwingh-Altenheim

Stolz ist Elisabeth Liß, dass bis auf den Fensterputzer und Gärtner keine Fremdfirmen im Haus tätig sind. Es wird alles selbst gemacht: Küche, Hausreinigung, Verwaltung, Haustechnik, Wäscherei, Betreuungs- und Sozialdienst. „Ich bin ein echtes Glückskind. Ich hatte starke Mitarbeiter. Das Haus ist zu 70 Prozent mit Fachkräften besetzt, der Durchschnitt liegt bei 50 Prozent“, sagt Elisabeth Liß, die allerdings bedauert, dass es vor dem Hintergrund des Pflegekräftemangels kaum noch sogenannte Initiativbewerbungen gebe.

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Bekannt ist die scheidende Heimleiterin vielen Duisburgern auch als Politikerin. Sie ist Mitglied des SPD-Ortsvereins Bergheim, war von 2003 bis 2013 Ratsfrau. Das Mandat gab sie zu ihrem Bedauern aus beruflichen Gründen auf: „Man kann nicht beides gleich gut machen.“ Künftig will sie aber wieder verstärkt politisch aktiv werden, sie gehört aufgrund ihres Alters zur AG 60plus und will sich in den bevorstehenden Kommunalwahlkampf einbringen. Darüber hinaus möchte sie viel mit ihren drei Enkelkindern unternehmen und auf Reisen den Osten der Republik und Städte besuchen. Im Bodelschwingh-Haus wird sie allerdings nicht so schnell wieder zu sehen sein. Elisabeth Liß: „Nach dem Neujahrsempfang am Samstag werde ich mich ganz zurückziehen, damit meine Nachfolgerin Heike Ahlers Fuß fassen kann.“

>>> Die Nachfolgerin von Elisabeth Liß

  • Heike Albers trat offiziell zum 1. Januar dieses Jahres die Nachfolge von Elisabeth Liß als Heimleiterin des Bodelschwingh-Hauses an der Straße Hohe Flur in Bergheim an. Die 51-Jährige ist bereits seit Anfang November im Altenheim tätig, um sich einzuarbeiten.
  • Vor mehr als 30 Jahren absolvierte Heike Albers eine Ausbildung als Pflegefachkraft, sammelte viele Erfahrungen in der Schweiz, zog aus persönlichen Gründen in die Niederlande und lebt heute in Venlo. Recht schnell entschied sie sich, in einer leitenden Position arbeiten zu wollen und absolvierte entsprechende Weiterbildungen.
  • Zuletzt war Heike Albers zehn Jahre am Friederike-Fliedner-Haus in Kamp-Lintfort als Wohnbereichs- und Pflegedienstleiterin tätig. Sowohl das Kamp-Lintforter als auch das Rheinhauser Haus stehen unter der Geschäftsführung von Ralph Simon.