Duisburg. Vor drei Monaten hat Lothar Möbius 70 Hennen für seinen Geflügelhof in Rumeln-Kaldenhausen angeschafft. Für diese bietet er nun Patenschaften an.

Was kann so ein Huhn doch für Glück haben. Immer vorausgesetzt, ein Mensch darf sich anmaßen, beurteilen zu können, was solches Federvieh wirklich glücklich macht, haben es die 70 Hennen auf dem Geflügelhof Möbius in Rumeln-Kaldenhausen schön, aber so richtig schön. Platz satt zum Laufen, zum Picken, zum Löcher buddeln und im Sand baden, eine schnieke Holzhütte zum Fressen und Eier legen, jede Menge gefiederte Gesellschaft, um die hühnertypische Neugierde zu befriedigen und sogar – eigene Paten.

Bezahlt wird im Voraus

In mehreren Schubladen mit Gitterrost werden die Eier in der Holzhütte aufgefangen.
In mehreren Schubladen mit Gitterrost werden die Eier in der Holzhütte aufgefangen. © FUNKE Foto Services | Foto: Volker Herold


Die waren nun nicht etwa bei der Taufe der Hühner dabei oder konnten sich eine Henne rauspicken, die sie persönlich betüddeln. Stattdessen haben sie mit dem Chef des Hofes, Lohar Möbius, vereinbart, für eine bestimmte Zeit eine festgelegte Zahl von Eiern zu kaufen. „Man kann 18 oder 30 Eier pro Monat für drei, sechs oder zwölf Monate kaufen“, erklärt der 62-Jährige die Konditionen. Bezahlt wird im Voraus, die Abholung individuell geregelt. Je nachdem, ob jemand lieber wöchentlich seine Eier mitnehmen möchte, alle zwei Wochen oder einmal im Monat. Lagerfähig sind die Hühnerprodukte 28 Tage lang. „Danach müssen sie durcherhitzt werden“, sagt Möbius und gibt den Tipp, dass Eier am besten bei 15 Grad gelagert werden.

40 bis 45 Paten für die Hühner gibt es bereits. Aber Möbius hat nichts dagegen, wenn es noch mehr werden. „Über 100 kann das schon gehen, wenn die Leute jetzt nicht auf die Idee kommen, mehr Eier im Monat essen zu wollen“, meint er und grinst.

Mehr Lebenszeit in Freiheit

Auf die Idee, solche Patenschaften für Hühner anzubieten, ist Lothar Möbius vor einigen Monaten gekommen. Zu einem nicht ganz so passenden Zeitpunkt, was aber niemand ahnen konnte. „Ich hab’ meinem Gänseonkel gesagt, pass auf – bring mir mal 100 Hühner mit.“ Doch der konnte ihm nur 70 liefern. „Weil in Corona-Zeiten Leute plötzlich Hühner kaufen, die keine Ahnung haben, wie man die Tiere überhaupt hält“, sagt Möbius mit verständnislosem Kopfschütteln.

Einträchtig teilen sich die Hühner mit Gänsen und Puten die weitläufige Wiese des Geflügelhofs.
Einträchtig teilen sich die Hühner mit Gänsen und Puten die weitläufige Wiese des Geflügelhofs. © FUNKE Foto Services | foto: Volker Herold


Er selbst legt großen Wert auf eine artgerechte Haltung, auch bei dem anderen Federvieh, das sich auf der etwa 10.000 Quadratmeter großen Wiese tummelt, die sich hinter dem Haupthaus, dem Hofladen und den Ställen erstreckt. 197 Gänse, 29 Big 6-Puten, 100 Bronze-Puten und seit drei Monaten die 70 Hennen laufen da munter durcheinander. Es gibt gute, nicht genmanipulierte Mais- und Mischgetreidekost sowie mehr Lebenszeit in Freiheit für die Tiere. „Normalerweise hat ein Huhn ein Jahr, in dem es ganz viel Eier legt, dann kommt es in die Suppe“, erklärt Möbius. Seine hingegen will er möglichst zwei Jahre behalten und dann die ältesten 20 durch 20 junge Hennen ersetzen.

Betreutes Wohnen für Geflügel

Von falscher Natur-Romantik wird Lothar Möbius nicht geplagt, schließlich führt er auch einen der letzten Schlachtbetriebe in Duisburg. Aber er legt Wert darauf, dass so tiergerecht wie möglich geschlachtet wird und dass sein Federvieh zuvor eine gutes Leben hatte. „Wir haben hier betreutes Wohnen für Geflügel, und weil das nicht immer bei uns wohnen kann, darf es Weihnachten in die Röhre gucken.“

Wer solche Worte nicht aushält, ist bei Lothar Möbius an der falschen Adresse, auch als Hühner-Pate. Die lädt er ein Mal im Monat ein, damit sie sich selbst von der Haltung ein Bild machen können. Der „Herr der Hühner“ beantwortet dann auch geduldig alle Fragen, die den Paten unter den Nägeln brennen. Zwei Mal gab es bislang diese Zusammenkünfte und die Paten nutzten die Gelegenheit weidlich. „Alles Mögliche haben die gefragt“, erzählt Möbius. Zur Haltungsform, zu Futtermitteln, zur Landwirtschaft im Allgemeinen. „Nur von der Schlachterei wollten sie nichts hören.“

Puten laufen Werbung

Damit kann Möbius gut leben. Den Betrieb, den seine Eltern 1972 begonnen haben und den er in zweiter Generation führt, hat er nach seinen Vorstellungen und Ansprüchen umgestaltet. „Ich möchte auf ehrliche Weise arbeiten und leben“, betont er. „Das ist natürlich ‘ne kleine Liga hier. Aber lieber weniger machen und gut machen, als zu viel und nicht mehr schön!“

Die Bronze-Puten  brauchen viel Futter und wachsen langsamer als die Big 6-Puten, die Möbius ebenfalls hält. Die schwarzgefiederten Vögel seien aber eine gute Werbung für ihn, meint Möbius.
Die Bronze-Puten brauchen viel Futter und wachsen langsamer als die Big 6-Puten, die Möbius ebenfalls hält. Die schwarzgefiederten Vögel seien aber eine gute Werbung für ihn, meint Möbius. © FUNKE Foto Services | Foto: Volker Herold


Die Freiheit nimmt er sich, und die Zeit gibt er sich – und den Tieren. So wachsen etwa die schwarzgefiederten Bronze-Puten langsamer als die Big 6-Puten. „Die bronzenen brauchen auch viel Futter, aber die sind supergesund, und was die nicht an Ertrag bringen, das laufen sie an Werbung für mich auf der Wiese“, meint Möbius lachend. Auch seine Hühner legen nicht mit 18, 19 Monaten ihre ersten Eier, sondern erst mit 22 Monaten.

Klassik-Klänge zum Eierlegen

Das ficht Möbius nicht an. Aber dass seine Hennen in der zur gemütlichen Legehütte umgebauten Gartenlaube die obere Nestreihe eher meiden, das will er ändern. Der Wacken-Fan will demnächst die obere Reihe sanft mit klassischer Musik beschallen. „Es gibt Bauern, die machen das mit Erfolg in ihrem Kuhstall“, meint Möbius. Und warum kein Heavy Metal für Hühner? Lachend wehrt Möbius ab: „Um Gotteswillen, dann hätte ich wohl sofort Ärger mit Tierschützern.“

So wird man Hühner-Pate

Wer Hühnerpate werden möchte, kann sie bei Lothar Möbius melden unter 02151/400 243 oder unter info@gefluegelhof.de