Duisburg-Bergheim. Die Bauarbeiten an der Seestraße in Bergheim stocken wieder. Handwerker klagen über unbezahlte Rechnungen. Das sagt der Bauträger Terrabau.
Unfertige Häuser, verzweifelte Hausbesitzer, offene Rechnungen: Der Ärger mit dem Bauträger „Terrabau“ reißt nicht ab. Dabei hatten Anna und Björn Schröder (Namen geändert) erst aufgeatmet, Ende 2020: Endlich konnten sie einziehen. Damals wartete das Ehepaar bereits seit anderthalb Jahren auf die garantierte Fertigstellung einer von sechs Doppelhaushälften, die seit dem Frühjahr 2018 unter Regie der Duisburger Unternehmensgruppe an der Seestraße in Bergheim entstehen.
Abgeschlossen sind die Arbeiten immer noch nicht. Auch jetzt nicht, nachdem die beiden über neun Monate dort leben.
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Im September 2020 hatte diese Zeitung schon einmal über den schleppenden Bau von nur sechs Häusern berichtet. Inzwischen zieht er sich dreieinhalb Jahre hin. Vor Ort schildern die künftigen Hausbesitzer die alten Probleme: Versprechen des Bauträgers würden nicht eingehalten, Handwerker stellten Arbeiten ein, zuletzt zwei Gartenbaubetriebe in Folge. Und immer wieder komme es zu zermürbenden Auseinandersetzungen.
Ein Bauprotokoll der Hauserwerber in Bergheim listet Ungereimtheiten auf
Im Laufe der Zeit haben sie ein Bauprotokoll verfasst, in dem Ungereimtheiten aufgelistet wurden. So musste schon anfänglich ein neuer Finanzierungspartner gefunden werden, weil der alte abgesprungen war. Am Bau beteiligte Gesellschaften änderten ihre Namen; im Fall des Generalunternehmers, der terrabau construction GmbH (zuvor: terrabau GmbH), verschwand dieser völlig von der Bildfläche und endete später unter dem Namen TBC GmbH in einem Briefkasten in Gelsenkirchen in der Insolvenz.
Mittlerweile können Schröders in ihrem Haus zumindest wohnen. Aber die Einfahrt ist immer noch nicht fertig gepflastert. Die Gerüste blieben stehen, da Teile der Fassadenverkleidung fehlen. Der Carport kann nicht genutzt werden, der Balkon hat kein Geländer. Das Regenrohr ist unvollständig: Wasser versickert im Gemäuer.
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Dazu kommen unzureichend ausgeführte Arbeiten wie halbfertig eingesetzte Fenstergitter. An der Terrassentür wurde das Schloss nachträglich wieder ausgebaut; auch diese Firma gab an, kein Geld mehr erhalten zu haben. Und die neue Fassade zeigt bereits schadhafte Stellen. Schröders sind die ständigen Kämpfe leid. Aktuell berichten sie über 8000 irrtümlich zu viel bezahlte Euro, auf deren Rückerstattung sie vergeblich warteten.
Ein Unternehmer aus Moers machte seinem Ärger Luft
Ein Tiefbauunternehmer aus Moers machte seinem Ärger schon vor anderthalb Jahren Luft. Als Reaktion auf unbezahlte Rechnungen durch den Bauträger, die er mit 30.000 Euro bezifferte, kippte er den Erstaushub auf das Grundstück zurück. Mittlerweile wurden dieser Zeitung von verschiedenen Handwerkern Forderungen in Höhe von insgesamt 80.000 Euro geschildert. „Die lassen sich von den Eignern bezahlen, bezahlen aber die Handwerker nicht. Dahinter steckt Methode“, fasst ein Betroffener zusammen.
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In Ratingen beim Unternehmen Ulrich Köhne ist man die Auseinandersetzungen über eine offene Rechnung von 17.000 Euro für den Bau einer Treppe leid. Seit Monaten warte man auf das Geld. Nach einem Schriftverkehr mit Mahnbescheid und anschließender Ablehnung seitens Terrabau ist der Chef auf 180. Zahlungen seien einfach nicht weitergegeben worden, schimpft er. Er will einen Anwalt einschalten, klagen und sucht hierfür aktuell weitere betroffene Betriebe.
Bauherrn haben in Duisburg-Bergheim „alles doppelt und dreifach bezahlt“
Man habe alles doppelt und dreifach beglichen, etliche Leistungen übernommen, ärgern sich auch Schröders. 450.000 Euro sollte das neue Haus ursprünglich kosten und mit Bauzeitgarantie bis spätestens April 2019 fertig sein. Jetzt steckten über 700.000 Euro darin, der Ausgang sei ungewiss. Dafür drohten Schulden bis zur Rente. Schröders fragen sich seit geraumer Weile, wo ihr Geld denn wohl eigentlich geblieben ist.
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Auf unsere Anfrage bei Terrabau meldet sich Christian Vasquez Born, eigenen Angaben zufolge über eine Holding Mehrheitseigner der beteiligten Bauträgergesellschaften. Er gibt sich gelassen: Corona habe die Beschaffung von Fassadenteilen erschwert, auch die Sommerferien hätten die Arbeiten erneut verzögert. Außerdem der Artikel in dieser Zeitung über die Baustelle an der Seestraße. Für die Zustände dort weist er jede Verantwortung weit von sich. Er habe vielmehr „die Geschäfte Anderer mit Herzblut geradegezogen.“
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Diese Aussage verwundert: Sind doch er und seine Frau, Ann-Kathrin Vasquez Born, seit 2018 mit dem Bauprojekt in Bergheim betraut: Seinerzeit als Geschäftsführer der Planungsgesellschaft, der damaligen terrabau Projektmanagement GmbH.
Generalbevollmächtigter auf der Baustelle in Bergheim seit Ende 2018
Konsequenterweise tritt Vasquez Born seit Ende 2018 gegenüber künftigen Hausbesitzern als „Generalbevollmächtigter“ auf. Außerdem handelt es sich bei den „Anderen“ um die bis 2019 als Generalunternehmer wirkende terrabau construction GmbH, deren Geschäftsführer Sascha Kappler war - gleichzeitig auch damaliger Vorstand der terrabau AG (mit demselben Geschäftssitz in Duisburg). Es dürfte sich also eher um eigene Geschäfte handeln, die der „Chef“ der Terrabau-Gruppe geradezieht.
Auf einen ausführlichen Fragenkatalog der Redaktion reagiert daraufhin Unternehmens-Justiziar Kai-Uwe Klockmann. Er räumt „diverse Unstimmigkeiten“ ein, verweist auf die gegenwärtige Situation im Baugewerbe; etwa auf stark gestiegene Rohstoffpreise.
Darüber hinaus bereite es im Moment große Schwierigkeiten, Handwerker zu finden, die kurzfristig zur Verfügung stünden. Offene Rechnungen der Handwerker bestreitet er, richtig sei, dass Streitigkeiten bestünden. An den Häusern werde aber nach wie vor gearbeitet. Und: Vier von sechs seien „bereits“ bezogen.
Bilanzen weisen mehrheitlich ein Minus auf
Des weiteren nennt er Probleme, über die in dieser Zeitung bereits berichtet worden ist (siehe unten stehender Text). Mit der endgültigen Fertigstellung der Häuser werde bis Ende Oktober 2021 gerechnet. Die Bauzeit, räumt Klockmann ein, erscheine natürlich lang.
Zu den meisten anderen Fragen wollte sich bei Terrabau niemand äußern. So hätten wir etwa gern gewusst, wie die aktuell in den Bau involvierten Gesellschaften die Häuser denn vollenden wollen, ohne anderen Geschäftspartnern weiter Beträge oder Leistungen schuldig zu bleiben. Weisen doch hinterlegte Bilanzen mehrheitlich ein Minus auf.
>>>> Terrabau: Das sagt der Justiziar zum Projekt Seestraße in Bergheim <<<<
Terrabau-Justiziar Kai-Uwe Klockmann bezieht auf Nachfrage Stellung zum Projekt Seestraße: „Der ursprüngliche Vertrag kam zwischen der Firma terrabau Projektgesellschaft Seestraße mbH und den Erwerbern zustande. Die Projektgesellschaft Seestraße mbH hat dann die Firma terrabau Projektmanagement GmbH beauftragt, die gesamte Planung für das Projekt zu erstellen. Mit der tatsächlichen Bautätigkeit und Realisierung des Projektes wurde dann die terrabau GmbH, später terrabau construction GmbH, beauftragt. Nach Beginn der Bauarbeiten ist es dem damaligen Geschäftsführer nicht gelungen, die zugesagte Bankfinanzierung zu fixieren.“ Dies habe zu „nicht unerheblichen“ Verzögerungen“ geführt, die wiederum Unstimmigkeiten mit Erwerbern und Handwerkern verursacht hätten.
Übernahme nach Insolvenz
Da Zahlungen nur nach Baufortschritt eingefordert werden könnten, habe es bei der ursprünglich als Generalunternehmer beauftragten Firma, der terrabau GmbH, Liquiditätsprobleme gegeben, die zur Insolvenz geführt hätten. Daraufhin habe sich die terrabau AG bereit erklärt, das Projekt fertigzustellen.
Grundlage dieser „Übernahmeerklärung“ sei die Bereitschaft der Familie Vasquez Born gewesen, mit der conterra holding GmbH in 19/20 die terrabau AG zu übernehmen und „erhebliche Beträge“ zu investieren. Andernfalls „wäre das Projekt Seestraße mit der Insolvenz der terrabau construction GmbH beendet gewesen.“
Erstaunlich ist, dass die conterra holding GmbH, mit der Vasquez Born und die Stammmannschaft möglicher Geschäftsführer, Vorstände und Prokuristen in der Gruppe nun offenbar weitermachen, erst Anfang 2020 ins Handelsregister eingetragen wurde. Sie kann also 2019 kaum aktiv tätig gewesen sein. Auch „erhebliche“ Investitionen dürfen bezweifelt werden: Das Kleinstunternehmen verfügt lediglich über ein Stammkapital von 25.000 Euro, wovon die Hälfte von Mitgesellschafter und Mitgeschäftsführer Christoph Jacob gezeichnet ist – zuvor Vorstand der terrabau AG.
Ließ sich Ende 2019 noch positiv in die Zukunft blicken?
Hier lohnt ein Blick allein auf die terrabau Grundbesitz GmbH, bis Oktober 2018 terrabau Projektgesellschaft Seestraße mbH und so Vertragspartner der Hauserwerber. Diese zeigte zum 31. Dezember 2019 (letzter hinterlegter Abschluss) einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von rund 717.200 Euro, und das bei Verbindlichkeiten von über 2,8 Millionen. Ergebnis: Rund 25 Prozent der Gesamtschulden wären zum genannten Stichtag unbezahlt geblieben.
Stellt sich die Frage, ob man bereits zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch positiv in die Zukunft blicken konnte. Vielleicht deswegen hat der damalige Geschäftsführer Sascha Kappler im März 2020 aufgehört.