Duisburg. . Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link verteidigt die Entscheidung, auf einem Sportplatz ein Zeltlager für Flüchtlinge aufgeschlagen zu haben. Es sei die „letzte Option“ gewesen. Man tue aber alles, um die Notunterknft nicht zu belegen. Zugleich fordert Link mehr Unterstützung von Bund und Land.

Herr Link, Duisburg ist durch das Zeltlager in die Negativschlagzeilen geraten. Hätten Sie als Verwaltungschef die Errichtung dieser Notunterkunft nicht um jeden Preis verhindern müssen?

Sören Link: Was bedeutet in diesem Zusammenhang „um jeden Preis“? Auf Kosten der Sicherheit der Asylbewerber? Mit Verstößen gegen Landesgesetze? Ich halte das für keine ernstzunehmende Option. Wir haben in den letzten Monaten intensiv versucht, zusätzliche Asylbewerberunterkünfte neu zu schaffen, vorhandene zu reaktivieren, zusätzlichen Wohnraum zu akquirieren. Aber als dann klar war, dass die Kapazitäten nicht ausreichen und neue nicht schnell genug zur Verfügung stehen, war die Zeltstadt die letzte Option, um verlässlich Unterbringungsmöglichkeiten zu gewährleisten. Das hat niemand bei der Stadt Duisburg gerne gemacht - auch ich nicht.

So sieht das Zeltlager für Flüchtlinge in Duisburg aus

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    Auch wenn das Zeltlager möglicherweise auch Weck- und Hilferuf sein sollte, ist der angerichtete Imageschaden nicht zu groß?

    Link: Angesichts der sich täglich zuspitzenden weltpolitischen Lage, angesichts von Krieg, Angst und Terror geht es nicht vorrangig um das Image der Stadt Duisburg. Wir haben eine unpopuläre Entscheidung getroffen, aus einer Verantwortung gegenüber den Menschen, die aus unsicheren Staaten fliehen müssen.

    So bleibt aber der Eindruck, dass die Stadt bei allen Problemen nicht vorausschauend genug gehandelt hat.

    Link: Wie sich die weltpolitische Lage entwickelt, ist für niemanden sicher vorherzusagen. In 2009 hatten wir noch 770 Asylbewerber in Duisburg, in 2014 - und das Jahr ist noch nicht zu Ende - sind es schon über 1600. Tendenz steigend. Gleichzeitig haben wir in Duisburg mittlerweile fast 11.000 Armutszuwanderer aus Bulgarien und Rumänien, die auf den Wohnungsmarkt drängen. Das macht die Sache nicht leichter.

    Würden Sie heute unter dem Eindruck der öffentlichen Reaktion die Entscheidung zum Zeltlager wieder so treffen?

    Link: Wir unternehmen alles, um nicht noch einmal in die Verlegenheit zu kommen, so entscheiden zu müssen.

    Sozialdezernent Spaniel beklagt schleppende Genehmigungsverfahren für Notunterkünfte und bürokratische Hürden. Muss die Verwaltung kooperativer sein? Warum dauern schon im vergangenen Jahr beschlossene Neubauten so lange?

    Link: Klar würden wir uns manchmal wünschen, die Hürden im ­Landesbaurecht wären nicht so hoch, wie sie nach dem Flughafenbrand in Düsseldorf nun mal sind. Aber da gelten für uns in Duisburg die gleichen Spielregeln wie für alle anderen Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Dazu kommt, dass bei der Unterbringung von Asylbewerbern besonders hohe Sicherheitsstandards gelten. Die Unterkunft gilt als „soziale Einrichtung“, was vor allem beim Brandschutz noch höhere Auflagen bedeutet. Da können die städtischen Behörden intern noch so gut zusammen arbeiten: Solche Unterkünfte errichtet man nicht auf die Schnelle.

    Beim Thema Zuwanderung haben Sie Druck auf Bund und Land gemacht. Muss das auch beim Thema Asyl sein? Sie fordern mehr Unterstützung.

    Link: Absolut. Es kann nicht richtig sein, dass Kommunen wie Duisburg, die an allen Ecken und Kanten sparen müssen, nur knapp 20 Prozent der Kosten erstattet bekommen. Hier sind Bund und Land in der Verantwortung, den Kommunen auch schnell zu helfen. Man muss sich auch fragen, ob es nicht Änderungen im Asylverfahren geben muss, zum Beispiel eine Beschleunigung der Verfahren bei klaren Fällen etwa aus sicheren Drittstaaten.

    Asylfrage wird noch im September Thema im Rat 

    Wo bringen Sie im Moment Asylbewerber unter?

    Link: Seit der Debatte um die Zeltstadt und verstärkt nach dem „Runden Tisch Asyl“, zu dem ich letzte Woche eingeladen habe, gibt es neue Angebote von Wohnungsgesellschaften, Kirchen oder anderen Institutionen, zusätzlichen Wohnraum kurzfristig zur Verfügung zu stellen. Es gibt übrigens auch eine überwältigende Welle der Hilfsbereitschaft bei den Duisburgern.

    Wie konkret sind die Pläne, in Duisburg ein Not- oder Erstaufnahmelager des Landes zu errichten. Der Zeitdruck ist enorm. Wird es das St. Barbara-Hospital in Neumühl?

    Link: Die derzeitige Lage zwingt uns dazu, über alle Möglichkeiten nachzudenken, die zu einer Entlastung bei der Unterbringungssituation in Duisburg führen könnten. Spruchreif ist jedoch noch nichts.

    Zum Zeitplan: Wird das den Rat schon jetzt im September beschäftigen?

    Link: Davon gehe ich aus.